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Rund um das Oszillator-Phasenrauschen 1

Oszillatorsignale weisen bekanntlich unvermeidbare Frequenzinstabilitäten auf. .Man differenziert phänomenologisch zwischen Langzeit- und Kurzzeitschwankungen. Vor allem letztere, auch als Phasenrauschen bezeichnet, bergen erhebliche Störrisiken, von denen insbesondere das reziproke Mischen gefürchtet ist. Um dieses Rauschen, seine Effekte, Gegenmaßnahmen und das Design rauscharmer Oszillatoren geht es in diesem Beitrag.

1. Ausgangspunkte

Die Ursachen des Phasenrauschens - auch Phasenzittern, phase-jitter, Phasenunruhe und Phasenunschärfe genannt - liegen in den Oszillatorschaltungen. Das Eigenrauschen assoziierter Schaltungsstufen kann zusätzlich wirksam sein, so daß Gesamtbetrachtungen notwendig sind. Schwankungen der Umgebungsbedingungen müssen gesondert erfaßt werden.

Kurzzeit-Instabilitäten der Frequenz werden als statistische Schwankungen innerhalb Zeitspannen von 10-3 bis 103 s beschrieben. Für das Phasenrauschen im hier abzuhandelnden Sinn ist 1 s typisch. Handelsübliche Quarzoszillatoren guter Qualität weisen Jitter von 1 bis 10×10-10/s auf, freischwingende L/C-Oszillatoren sind weitaus günstiger; das realisierbare Minimum liegt um 5×10-12/1 s bei quarzgesteuerten Frequenzmüttern, wie es Bild 1-1 allgemeininformativ aufzeigt.

Bild 1-1
Bild 1-1: Typische Kurzzeil-Frequenzslabililäl hochqualitativer Quarzoszillatoren

Das rauschbehaftete Oszillatorsignal wird beschrieben durch:

eq 1 Gl. 1-1

Es hat eine Amplitude ÛC, die um einen Rauschanteil ÛN(t) schwankt, sowie eine Gesamtphase mit der Mittenfrequenz ωc, die von ΦN(t) verrauscht wird. Da hier eine zeitliche Phasenänderung dΦN/dt mit einer Frequenz korreliert ist gemäß

eq 2Gl 1-2

resultiert ein in seiner Phase moduliertes, d.h. mit zwei Rauschseitenbändern behaftetes Oszillatorsignal. Es wird bei der Darstellung auf einem Spektrum-Analysator also nicht als diskrete Linie, sondern als eine in etwa glockenförmige Figur erscheinen, wie es Bild 1-2 aufzeigt.

Bild 1-2
Bild 1-2: Oszialltorsignale sind ausnahmslos mit Phasenrauschen behaftet. Deshalb erscheinen sie auf einem Spektrum-Analysator nicht als diskrete Linie (links), sondern als glockenförmige Figur (rechts)

Da die Rauschseitenbänder symmetrisch zur fC auftreten, können sich Bezüge und Angaben auf eine der beiden Komponenten beschränken. Das geschieht typisch gemäß Bild 1-3 mit dem Einseitenband-Rauschabstand £SSB(f) in dBC/1 Hz für ein gewähltes Frequenz-Offset Δf bezüglich fC. Die spektrale Rauschleistungsdichte NN(f) in dBm/1 Hz ergibt sich aus der leistung des Oszialltorsignals PC in dBm plus £SSB, letzterer immer mit Minus-Vorzeichen.

Bild 1-3
Bild 1-3: Typischer Verlauf des SSB-Phasenrauschabstands (£SSB) über der Frequenz

Phasenrauschen kann auf vielfältige Weise störend in Erscheinung treten. Zwei Risiken sind besonders relevant:

1 Elektronische Umweltverschmutzung

Rauschbehaftete Sendersignale machen in räumlicher und spektraler Näher ihres Ursprungs den Empfang schwacher Signale unmöglich. Sie werden von dieser technisch generierten Rauschglocke überdeckt und dadurch der Lesbarkeit entzogen.

2 Reziprokes Mischen

Alle an einen Mischer gelangenden Nachrichtensignale werden jeweils mit den Rauschseiten-bändern des Mischer-Überlagerungssignals moduliert. Beim Empfang, insbesondere im Zusammenwirken mit hohen Summenpegeln (geringe HF-Selektion), resultiert ein starker, die Grenzempfindlichkeit mindernder Rauschflur.

Jeder dieser Effekte kann im Extremfall bis zum Zustopfen der Empfänger führen. Ausgeprägt kritische Situationen ergeben sich beim Zusammentreffen beider Störungsarten. Risiken herrschen insbesondere dort, wo mehrere Funksysteme in räumlicher Nähe zueinander unabhängig voneinander oder/und im Frequenz-Duplex betrieben werden müssen, also vor allem an Bord größerer Schiffe und Flugzeuge, aber auch in städtischen Ballungsgebieten. Das zwingt zu teils ungemein kostspieligen Schutzmaßnahmen, deren Effizienz verschiedentlich unzulänglich bleiben muß.

2. Reziprokes Mischen

Dieser Störeffekt bereitet im allgemeinen die meisten Sorgen. Vor nachrichtentechnischem Hintergrund sind hauptsächlich VHF-, UHF- und SHF-Empfänger mit sehr hoher Empfindlichkeit betroffen, wie sie insbesondere für Scatter-, Satelliten- und EME-Verbindungen benötigt werden. Noch kritischer aber zeigt sich die Situation häufig im unteren Teilspektrum bis zu etwa 20 MHz, das vor allem in den örtlichen Nachtstunden von zahllosen und teils Megawatt-starken Sendern über alle Maßen in Anspruch genommen wird.

In der Empfangspraxis stehen durchweg mehrere Störsignale fu gleichzeitig an, bei relativ breitbandigen HF-Selektionen oft einige tausend. Sie werden einzeln genommen nur zu einem geringen Teil Desensibilisationen durch reziprokes Mischen hervorrufen. Gefahr droht jedoch vom breitbandig kumulativen fuSeitenbandrauschen, dessen Energie, wie schon weiter vorn angedeutet, sogar zum Zustopfen (übersteuern) der Empfänger führen kann. Einen funktionellen Eindruck verschafft Bild 2-1.

Bild 2-1
Bild 2-1: Funktionelle Hintergründe des reziproken Mischens durch Phasen' rauschen mit der kumulativ resultierenden Rauschflur-Anhebung im Empfänger

Das herrschende £SSB(f) des überlagerungssignals bestimmt die höchstzulässige Leistung eines Störsignals fD

Eq 2-1 Gl 2-1

höhere Pu - singular oder kumulativ - führen zu reziprokem Mischen. Bezüglich des £SSB ist als Offset Of der Abstand zwischen der fu und der Nutzkanal-Mittenfrequenz heranzuziehen.

Für einen gegebenen Nachrichtenentzug mit spezifiziertem Dynamikbereich 3. Ordnung DR3 (dem sogenannten intermodulationsfreien) und spezifizierter Rauschbandbreite BN errechnet sich der notwendige Mindest-Rauschabstand des überlagerungssignals

Eq 2-2 Gl 2-2

geringere £SSB schränken den DR3 in Richtung Rauschflur ein.

Reziprokes Mischen beaufschlagt das vom £ssu unabhängig anstehende Empfänger-Rauschmaß FR mit dem Zusatzrauschmaß

Eq 2-3 Gl 2-3

bei Pu größer Pumax. Es egibt sich das effektive Empfänger Rauschmaß

Eq 2-4 Gl 2-4

Anhand Bild 5 kann FRM grafisch ermittelt werden; im 0-dB-Parameter kommt Gleichung 3 zum Ausdruck.

Bild 2-2
Bild 2-2: Diagramm zur Ermittlung des Zusatzrauschmaßes FRM durch reziprokes Mischen

Der £SSB von Empfänger-Abstimmsteuersendern wird allgemein auf 10 kHz oder 20 kHz Offset bezogen. In diesen Abständen ist der spezifisch höchstmögliche Phasenrauschabstand zumeist nahezu erreicht. Bei PLL-Synthesizern sollten Angaben für maximal nur etwa 3 kHz Zurückhaltung auslösen, da die typische Dimensionierung der PLL-Regelschleifen hier verblüffend günstige £SSB Werte erlaubt, was für größere Of bessere als die tatsächlich vorhandenen Rauschabstände suggerieren kann. Quarzoszillatoren offerieren die günstigsten Ergebnisse. In Bild 6 sind einige Beispiele angeführt. Im Betrieb ist von ständig wechselndem Signalaufkommen auszugehen. Mithin sind Definitionen einschlägiger Empfänger-Eigenschaften vor praktischem Hintergrund angeschlossen. Man behilft sich mit einem aktiven Signal, das sämtliche Störleistungen in sich vereint. Es wird meßtechnisch mit sehr hohem £SSB realisiert und dem zu untersuchenden Empfänger in ≥30 kHz Abstand vom abgestimmten Netzkanal beaufschlagt. Man pegelt seine Leistung PDM so ein, daß es für ein im Nutzkanal anstehendes erheblich schwächeres Signal gerade noch keine Desensielisation hervorruft. Dieses ebenfalls Meßtechnisch realisierte Nutzsignal mißt allgemein -83,5 dBm = 15 µV/50 Ohm ≡ 30 µVEMK. Es sollte von einer um 80 dB höheren PDM, d.h. -3,5 dBm ≡ 0,15 V/50 Ohm ≡ 0,3V EMK, unbeeinflußt bleiben.

Es ist fast schon skurril, daß vor allem Empfänger hoher Dynamik, also gemeinhin hoher Qualität, den Folgen reziproken Mischens ausgesetzt sind; oder, anders ausgedrückt und durch Gl. 4 prägnant definiert, besonders rauscharmer überlagerungssignale bedürfen. Das folgert letztlich aus der hohen Grenzempfindlichkeit. Völlige Sicherheit läßt sich gerade in Fällen hoher Dynamik, d.h. auch hoher Interceptpunkte, kaum realisieren; dem stehen die praktikablen Phasenrauschabstände der Uberlagerungssignale entgegen. Allemal nützlich sind relativ schmalbandige HF-Selektionen, mit deren Hilfe die einschlägigen Störeffekte zumeist bis auf einen vernachlässigbar geringen Rest unterbunden werden können. Daneben - bedingt auch alternativ - kann man den Empfängern Ohmsche HF-Dämpfungsglieder (10 bis 20 dB) vorschalten, die bei hinreichender Nutzsignalstärke zu aktivieren sind und den HF-Summenpegel herabsetzen. Vor diesem Hintergrund spielen auch die Antennenverhältnisse, nämlich das spektrale Leistungsaufkommen, eine bedeutende Rolle.

Bild 2-3
Bild 2-3: Typisches Phasenrauschen verschiedener Signalquellen

Eric T. Red

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