Rob's web

Funkempfangsstörungen durch Mittel- und Hochspannungsfreileitungen

Home - Techniek - Electronica - Radiotechniek - Radio amateur bladen - CQ-DL - Funkempfangsstörungen durch Mittel- und Hochspannungsfreileitungen


An Isolatorketten, die eine Freileitung eines Mittelspannungsnetzes tragen, bilden sich an den Gelenkstellen durch Korrosion Isolierschichten. Bei Schwingungsanregung der Leiterseile entstehen hier kapazitive Funkenentladubgen hoher Frequenz, die zu Störungen des Funkempfangs führen.

Bisher war nur eine teileweise und nicht dauerhafte Verhütung dieser Funkenentladungen möglich.

Eine neu konzipierte Entstörgarnitur löst dieses Problem. An allen Gelenkstellen können dauerschwingungsfeste Kontakte eingefügt werden, die die Beweglichkeit der Isolatorenkette nicht einschränken. Die nachteiligen elektrischen Eigenschaften der Hängeisolatoren an den Tragpunkten der Mittelspannungs-Freileitungen werden so ausgeschlossen. Funkstörungen an bestehenden Versorgungsleitungen können damit auch durch nachträglichen Einbau der Entstörgarnitur beseitigt werden.

Stellt ein Funkamateur Funkempfangsstörungen in der Nähe einer Mittel- oder Hochspannungsfreileitung nach den im nachfolgenden Artikel beschriebenen Symptomen über einen längeren Beobachtungszeitraum fest, sollte er sich vertrauensvoll an den Funkstörungsmeßdienst des zuständigen Fernmeldeamtes der Deutschen Bundespost wenden. Der Funkstörungsmeßdienst wird die Störungsstelle lokalisieren und in Absprache mit dem EVU die Beseitigung der Störquelle veranlassen. Dem Funkamateur entstehen hierfür keine Kosten.

Manchmal lassen sich auch defekte Stellen der Hochspannungsleitung ganz einfach feststellen: Man inspiziert die Leitung in einer dunklen Nacht. Bei fehlerhaften Isolatoren kann man manchmal die Glimmentladung sehen und hören, ein Anruf beim Elektrizitätswerk mit Angabe der Mastnummer genügt dann.

Als Mittelspannungsnetze sind solche von 10 kV bis 60 kV und als Hochspannungsnetze solche von 110 kV bis 380 kV zu klassifizieren.

Bei den Hochfrequenz-Funkstörproblemen ist zu unterscheiden zwischen den systembedingten Störungen durch Koronaentladungen und hohen Spannungen und solchen durch Funkenentladungen, die auch schon bei niedrigen Betriebsspannungen auftreten.

In dieser Abhandlung werden die bekannten Koronaentladungen an Leiterseilen und Armaturen nicht behandelt, die einsetzen, wenn die Glimmeinsatzfeldstärke an der Oberfläche der spannungsführenden Bauteile erreicht wird. Diese Entladungsform ist vor allem bei höheren Betriebsspannungen von Bedeutung (110 kV bis 380 kV) und kann weitgehend durch konstruktive Ausbildung der Armaturen und Anlagenteile vermieden werden.

Eine andere Form der elektrischen Gasentladung im Freileitungsbereich ist die Funkenentladung, d. h. ein impulsartiger Ladungsausgleich zwischen unterschiedlichen Potentialen.

Diese Entladungsform entsteht vorwiegend an den Gelenkstellen der mechanisch schwach belasteten Hängeisolatoren von Freileitungen. Durch Korrosion der tauchverzinkten Bauteile, begünstigt durch Bronzesplinte und lang anstehende Feuchtigkeit im Pfannenraum der Klöppelpfanne, entstehen hier isolierende Schichten. Die benachbarten Gelenkstellen einer lsolatorenkette sind durch ein Dielektrikum getrennt und können unterschiedliche Potentiale annehmen. Übersteigt der Potentialunterschied die Durchschlagsspannung der ungewollten Isolierung, so entstehen Funkenentladung.

Der gleiche Vorgang vollzieht sich bei der Schwingungsanregung der Isolatorketten durch Seilschwingungen. Hier werden ebenfalls kapazitive Entladungen an den Gelenkstellen der Isolatorketten wirksam.

Schließlich können ähnliche Vorgänge mit Funkenentladungen zwischen den Naß- und Trockenzonen auf verschmutzten Isolatoroberflächen auftreten. Trockenzonen können von Glimm- und Funkenentladung überbrückt werden.

Diese in der Auswirkung ähnlichen impulsartigen Funkenentladungen mit steilen Flanken erzeugen ein breitbandiges Störspektrum bis in den MHz-Bereich und beeinflussen den Funkempfang, zumal die Leiterseile und Armaturenteile eine gute abstrahlende "Sendeantenne" darstellen.

Abb. 1 zeigt ein Beispiel für die Störfeldstärke von Korona- und Funkenentladung, abhängig von der Frequenz.

Fig 1
Abb.1: Störfeldstärke einer Hochspannungs-Freileitung, abhängig von der Frequenz (1 - Korona, 2 - Funkenentladung).

Aufgrund der geringen Seilgewichte und der hohen statischen Seilzugspannungen ist dieses Problem bei Mittelspannungs-Freileitungen ausgeprägt, wenn die Leitungsbau-form frei bewegliche Metallteile an der Spannungsseite aufweist.

Auch bei höheren Spannungsebenen bestehen grundsätzlich die gleichen Probleme bei der Verwendung von Kappenisolatoren. Die früher eingesetzten Verfahren zur Beseitigung der Funkenentladungen an den Gelenkstellen der mechanisch nur schwach belasteten Isolatorenketten waren nicht ausreichend und entstörten die Gelenkstellen nur für eine kurze Betriebszeit, die leitenden Überbrückungen waren nicht dauerschwingungsfest.

Ebenso kann eine leitende Überbrückung frei beweglicher Metallteile das Problem der Funkenentladung nicht lösen. Mit modernen Elastomeren (das sind kautschukelastische Stoffe, z. B. Kautschuk, Kunstkautschuk, einige Kunststoffe) wurden Entstörlösungen entwickelt, die alle Gelenkstellen eines Hängeisolators leitend und dauerelastisch überbrücken und den mechanischen Beanspruchungen im Betrieb einer Freileitung standhalten.

Elektrisches Ersatzschaltbild der schwach belasteten Hängeisolatoren hinsichtlich Funkentstörung

In Abb. 2 ist ein 20-kV-Hängeisolator einer Mittelspannungsfreileitung dargestellt. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Kettengliedern sowie an den Kettenenden werden mit Klöppeln ausgeführt, die in Pfannen eingreifen (siehe Abb. 3). Diese Gelenkstellen sind vorwiegend aus Stahlguß und tauchverzinkt. Sie überziehen sich durch Verbindung mit dem Sauerstoff der Luft und unter der Einwirkung von Regenwasser mit einer isolierenden Oberflächenhaut aus Zinkhydroxyden und Zinkcarbonaten, die im Wasser fast unlöslich sind. Im trockenen Zustand bildet sich an allen Gelenkstellen ein Dielektrikum mit einer Festigkeit von einigen 100 V. Dann gilt das elektrische Ersatzschaltbild des Kappenisolators nach Abb. 4 und die entsprechende Spannungsverteilung entlang der Hängekette.

Fig 2
Abb. 2: Gesamtanordnung eines 20-kV-Hängeisolators mit Klöppel-Pfanne-Verbindung.

Fig 3
Abb. 3: Gelenk eines 20-kV-Hängeisolators (1 - Klöppel, 2 - Pfanne).

Fig 4
Abb. 4: Elektrisches Ersatzschaltbild eines 20-kV-Kappenisolators - Spannungsverteilung entlang der Kapazitätskette (C1 -10 C2; Ct: Teilkapazität eines Gelenks, C2: Eigenkapazität einer Isolatorkappe).

Solange die Gelenkpunkte durch Nebel oder Regen feucht und damit leitend überbrückt sind, treten Funkstörungen kaum auf. Ebenso kann man beobachten, daß bei trokkenem Wetter und schwingungsanregendem Wind die Störpegel Höchstwerte annehmen. Diese Erkenntnisse lassen folgendes Vorstellungsmodell zu:

Durch die Speisung der Entladestromkreise aus dem Hochspannungskreis der Leitung wiederholt sich dieser Vorgang in jeder Halbschwingung der treibenden Spannung mehrmals. Die Wiederholungsfolge ist abhängig von den Lade- und Entladekonstanten der elektrischen Kreise und der Spannungsfestigkeit der Isolierstrecken. Bei Windanregung und trockenem Wetter führt daher dieser Vorgang meist zu Dauerstörungen.

Abb. 5 zeigt den grundsätzlichen Entladungsvorgang art einer Teilkapazität. Die Funkenentladungen in den Teilkapazitäten einer Hängekette sind über die ganze Halbwellendauer der Spannung verteilt.

Fig 5

Abb. 5: Funkenentladung einer Teilkapazität: a) Ersatzschaltbild (C1: Teilkapazität eines Gelenks, C2: Eigenkapazität einer Isolatorkappe, U (t): Wechselspannung, U1: Teilspannung an dem Gelenk, F: Funkenstrecke), b) Spannungsverlauf im Ersatzschaltbild bei der Funkenentladung (Uz: Durchbruchsspannung für das Dielektrikum in C1 In einem Gelenk).

Die elektrische Energie derTeilkapazitäten wird einerseits direkt abgestrahlt, erreicht aber auch andererseits durch Ausbreitung längs der Hochspannungsleitung weiter entfernte Empfangsanlagen.

Beispielhaft wird ein Meßergebnis für einen nicht entstditen Teilabschnitt einer 20kV-Leitung als repräsentatives Maß für solche Störeinflüsse nachfolgend wiedergegeben:

20-kV-Freileitung mit Glaskappenisolator. Gemessene Feldstärke des Störsignals in 10 m Entfernung von der Störquelle 58 dB (IN/ m) im Bereich 12 bis 200 MHz. Der zulässige Grenzwert für den Funkstörgrad N nach VDE 0875 - "Bestimmung für die Funk-Entstörung von elektrischen Betriebsmitteln und Anlagen" - beträgt 40 dB (NV/m)!

Entstörgarnituren alter und neuer Bauart

Fig 6
Abb. 6: Entstörlitze alter Bauart an einem Glaskappenisolator.

Bisher wurden Gelenkstellen der Hängeketten mit Stahl- und Kupferlitzen galvanisch überbrückt; d. h., diese Teilkapazitäten einer Isolatorenkette wurden kurzgeschlossen. Abb. 6 zeigt die Ausführung an einem 20-kVGlaskappenisolator. Diese und alle bisher eingesetzten Ausführungen waren mit folgenden Mängeln behaftet:

Grundgedanken für die Neukonzeption einer Entstörungsgarnitur waren:

Abb. 7 zeigt die Entstörgarnitur für einen 20-kV-Hängeisolator. Kernstück des Entstörsatzes ist ein Entstörelement (Abb. 7a) - nachfolgend Tablette (Teil 9) genannt -, bestehend aus einem elektrisch leitenden Elastomer. Das Elastomer ist auf eine dünne Stahlplatte (Teil 8) vulkanisiert. Diese Tablette wird von einer Schenkelfeder (Teil 6), als Splint ausgebildet, gegen den Klöppelkopf gedrückt und stellt dort einen großflächigen Kontakt her.

Fig 7
Abb. 7: Entstörgarnitur neuer Bauart: a) Gelenkstelle eines Isolatorgliedes (1- Klöppel, 2 - Pfanne, 3 - Strang, 4 Schnur, 5 - Schraubenfeder, 6 - Schenkelfeder, 7 - Blockierschutz, 8 - Stahlplatte der Tablette, 9 - Tablette), b) Schenkelfeder (1 - Raste, 2 - Blockierschutz), c) Hängeisolator (1 - lsolatorkappe, 2- Klöppel-Pfanne-Verbindung, 3 - leitfähige Schnur, 4 - Seiltragklemme).

Diese Kontaktanordnung ist nicht den Kräften ausgesetzt, die der Klöppel zu übertragen hat, wie dies der Fall wäre, wenn das Kontaktelement zwischen Klöppelschulter und der Auflagefläche der Pfanne angeordnet wäre. Somit wird die Beweglichkeit der Gelenke nicht eingeschränkt, und die elastische Verspannkraft der Anordnung muß nur so hoch gewählt werden, daß ein Kontakt ausreichender Qualität zwischen den beweglichen Teilen hergestellt wird.

Die Schenkelfeder (Abb. 7a, Teil 6) übernimmt zwei Funktionen in der Gelenkstelle. Die beiden Schenkel, als Plattfeder ausgebildet, sorgen für eine ausreichende Kontaktkraft in dem Gelenk. Beide Schenkel sind an einem Rand mit Rasten versehen, die in der Öffnung der Pfanne (Abb. 7b) eingreifen und den Splint gegen Verschieben sichern; so wird ein Formschluß des Klöppel-PfanneGelenks erreicht. Zwischen die Schenkel der Feder ist ein Federelement (Abb. 7b, Teil 2) als Blockierschutz für die Schenkelfedern eingelegt. Eine Überbeanspruchung der Federelemente, die die Kontaktkraft aufbringen, ist somit ausgeschlossen.

An die Tablette (Abb. 7a, Teil 9) ist ein Strang (Teil 3) angeformt. An diesem Strang kann über eine Schraubenfeder als Knickschutz eine Schnur (Abb. 7a, Teil 4) aus leitfähigem Elastomer angefügt werden. Über diese Verbindung wird ein Potentialausgleich zur Traverse des Mastes und der Seiltrage-klemme hergestellt.

Somit können bei allen Tragisolatoren einer Freileitung entsprechend Abb. 7c die Metallteile der Gelenkverbindung elektrisch leitend miteinander verbunden werden. Dies ist auch bei Doppelisolatorketten mit metallischen Abstandshaltern möglich. Damit ist eine vollständige Entstörung der Tragpunkte erreichbar.

An Abspannisolatoren verursachen die Seilzugkräfte der Leiterseile in den Gelenken der Kettenglieder ausreichend große Kontaktkräfte, so daß hier kapazitive Entladungen weniger häufig auftreten.

Abb. 8 zeigt eine montierte Entstörgarnitur an einem 20-kV-Tragmast.

Fig 8
Abb. 8: Tragpunkt einer 20-kV-Freileitung mit einer Entstörgarnitur neuer Bauart.

Ein Mast für die Störfeldstärke der Funkenentladung bzw. für die abgestrahlte elektrmagnetische Energie ist die Teilentladungsintensität (TE) einer Isolatorkette. Die Wirksamkeit der Entstörgarnitur kann mit einer TEMeßeinrichtung nachgewiesen werden.

Eine Doppelhängekette - wie in Abb. 8-ergab ohne Entstörgarnitur eine maximale TE-Intensität von 35 bis 43 pC (Picocoulomb) bei einer Spannung von 11,6 kV effektiv (Strangspannung im 20-kV-Drehstromnetz). Entstört man diese Doppelhängekette in beschriebener Art und Weise, werden die Maximalwerte auf 3 bis 5 pC reduziert. Dieser Wert entspricht fast der TE-Intensität, ausgehend von den inneren Entladungen im Kittverband der armierten Isolatoren (die metallischen Isolatorpfannen sind mit Schwefelkitt am Isolierkörper befestigt).

Messungen der Störfeldstärke an entstörten Tragmasten von 20-kV-Leitungen mit der neuen Entstörtechnik ergaben keine meßtechnisch nachweisbaren Pegelwerte. Dieses Ergebnis war mit Entstörgarnituren der herkömmlichen Bauart in keinem Fall erreichbar.

DK3GK, Peter Panzer.