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AMTOR schneller, sicherer und komfortabler

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Seit dem Einzug der Home- und Personalcomputer in die Shacks gehören die digitalen Betriebsarten AMTOR und Packet-Radio zum Repertoire jedes engaglerten Funkamateurs. Doch während Packet-Radio bereits mehrfach verbessert wurde und die Software für diese Betriebsart mit jeder neuen Version besser und komfortabler wird, hat sich AMTOR seit der Einführung nicht weiterentwickelt, und die zehn Jahre alte Software von Peter Martinez, G3PLX, ist heute nach wie vor der Stand der Technik - ein geradezu unglaublicher Zustand angesichts der rasanten Entwicklung in der Computertechnik. Wo bleibt da der experimentelle Charakter" des Amateurfunks?

Ich möchte hier einige Möglichkeiten zeigen, wie sich Informationsfluß ("Traffic Flow"), übertragungssicherheit und Komfort von AMTOR steigern lassen, alles unter Wahrung voller Kompatibilität zu bestehenden Systemen.

Höherer Informationsfluf

Bei ARQ (AMTOR Mode A) wird der Text in Gruppen zu je drei Zeichen übertragen, wobei jedes Zeichen aus sieben Bits besteht. Von den 128 Kombinationen, die mit sieben Bits möglich wären, verwendet AMTOR jedoch nur jene 35, die sich aus vier Einsen und drei Nullen zusammensetzen. Empfängt die Software ein Zeichen mit einem anderen Eins-/Null-Verhältnis, so erkennt sie dies als übertragungsfehler und fordert eine Wiederholung an. Erst wenn eine Gruppe mit drei korrekten Zeichen ankommt, wird diese akzeptiert und die übertragung fortgesetzt.

Hier bietet sich der erste Ansatzpunkt: Merkt sich die Software jedes korrekt empfangene Zeichen, so braucht sie nur so oft eine Wiederholung anzufordern, bis jedes der drei Zeichen mindestens einmal korrekt empfangen wurde.

Zum Beispiel soll die Gruppe "ABC" übertragen werden. Der Empfänger bekommt jedoch nur "AB?", wobei das Fragezeichen für ein gestörtes Zeichen steht. Im zweiten Versuch sei dann das erste Zeichen gestört: "?BC". Bisherige ARQSoftware würde nun solange weitere Wiederholungen anfordern, bis eine komplett richtige Gruppe empfangen wird. Die neue Software dagegen hat bereits nach diesen beiden fehlerhaften Gruppen die richtige rekonstruiert und kann die übertragung fortsetzen.

Die erzielbare Beschleunigung ist aus der Tabelle zu ersehen: Die erste Spalte gibt als Maß für die Qualität des übertragungskanals den Prozentsatz der fehler frei übertragenen Gruppen an, welcher zugleich dem Traffic Flow bei Normal-AM-TOR entspricht. Wird z. B. nur jede vierte Gruppe fehlerfrei übertragen (= 25 %, so entspricht dies einem Traffic Flow von 25 %, die übertragung braucht dann viermal so lange wie bei ungestörtem Kanal. Die zweite Spalte stellt den Traffic Flow für die oben dargestellte Methode der Rekonstruktion dar. Man erkennt, daß bei 25 % fehlerfrei übertragenen Gruppen ein Traffic Flow von 43 % erreicht wird, was fast eine Verdopplung gegenüber Normal-AMTOR bedeutet!

Traffic Flow In %
NormalRekonstr.IR
100100100
808383
606868
506060
405353
304747
254342
204036
153625
103015
5236

Höhere übertragungssicherheit

Doch das ist noch nicht alles, was eine gute Software tun kann. Bei sehr schlechtem übertragungskanal (unter 20 %) kann es leicht vorkommen, daß in einem Zeichen gerade ein Null- und ein Eins-Bit verfälscht werden. Aus "1000111", dem Bitmuster für "A", könnte so "0010111" entstehen. Doch dieses Bitmuster erkennt die Software nicht als fehlerhaft, denn das Verhältnis von 4 zu 3 stimmt ja, sondern akzeptiert es als korrektes Zeichen, in diesem Falle ein "J". Dadurch nimmt die übertragungssicherheit ab, übertragungsfehler werden nicht mehr erkannt und erscheinen als Buchstabensalat auf dem Bildschirm.

Beim Normal-ARQ wirkt sich dieser Effekt nur begrenzt aus, da unterhalb etwa 20 % die übertragung fast zum Stillstand kommt und somit nur wenige Fehler geschrieben werden. Das RekonstruktionsARQ dagegen arbeitet auch unterhalb 20 % noch recht flott. Somit könnten bei QSB oder QRM viele Zeichen verlorengehen.

Um dies zu vermeiden, muß die Software bei Blockwiederholungen auch alle vermeintlich korrekt empfangenen Zeichen vergleichen. Wird in obigem Beispiel im ersten Versuch "AB?" und im zweiten ,JBC" empfangen, so erkennt eine "intelligente" Software, daß der Block nicht eindeutig rekonstruierbar ist, und fordert deshalb eine weitere Wiederholung an. Dadurch ergibt sich zwar eine Verlangsamung der übertragung, doch setzt die se erst unterhalb von etwa 20 To ein, so daß im Bereich von etwa 20 bis 60 % noch eine deutliche Beschleunigung fast bis zum Faktor zwei bestehen bleibt (siehe Spalte 3). Somit sind noch QSOs unter Bedingungen möglich, die mit NormalARQ keine brauchbaren Links mehr zulassen.

Das obige Beispiel belegt auch, daß diese "intelligente Rekonstruktion" (IR) nicht nur die Unsicherheit der einfachen Rekonstruktion beseitigt, sondern auch die übertragungssicherheit gegenüber dem Normal-ARQ steigert. Normal-AMTOR hätte nämlich die anscheinend korrekte Gruppe "JBC" akzeptiert und damit den übertragungsfehler, nämlich das falsche "J", nicht erkannt! Es ergibt sich also eine Erhöhung der übertragungssicherheit gegenüber Normal-ARQ.

Und das wichtigste bei beiden Verbesserungen: Sie sind voll kompatibel zum Normal-ARQ und wirken bereits, wenn nur eine Station in einem Link damit arbeitet. Freilich wird dann nur eine Verkehrsrichtung beschleunigt, nämlich der Empfang der IR-Station. Verfügen beide Stationen über IR, verdoppelt sich die Wirkung noch.

Mehr Komfort

Jede bessere Packet-Radio-Software bietet einen Monitor, der Steuerpackets und ihre Bedeutung anhand der dekodierten Steuerbits darstellt. Der experimentierfreudige OM kann daraus die Arbeitsweise des System erlernen und anhand der gewonnenen Erkenntnisse eventuell Verbesserungen am System, den Parametern oder der Betriebstechnik vornehmen.

Bei den meisten AMTOR-Systemen dagegen hat der interessierte OM überhaupt keine Möglichkeit, hinter die Kulissen zu blicken. Die ganze Beschäftigung mit dem System erschöpft sich in der Ein- und Ausgabe von Text.

Natürlich gibt es in AMTOR keine Steuerpackets, dafür aber einige andere interessante Aspekte, die eine komfortable Software dem Anwender zugänglich machen kann:

Messung der Signal-Laufzeit

Stellen Sie sich vor, Sie rufen eine andere Station an, und noch bevor Sie deren Locator erfahren, ja sogar bevor die ersten Zeichen übertragen werden, wissen Sie bereits ungefähr, wie weit die Station von Ihnen entfernt ist. Bei ARQ geht das, denn ARQ ermöglicht die Messung der Signal-Laufzeit!

Bekanntlich wird eine ARQ-Verbindung durch einen Selektivanruf (Selcall) gestartet. Die rufende Station (Master) sendet dabei alle 450 Millisekunden einen Selcall-Block und lauscht danach auf die Antwort der gerufenen Station. Die Zeit, die zwischen der Aussendung eines Selcall-Blocks und dem Empfang der Antwort vergeht, entspricht der Signal-Laufzeit - hin und zurück - und der Sendeverzögerung der gerufenen Station (Slave, üblicherweise 20 ms). Da die Master-Station diese Zeit sowieso messen muß, kann sie sie auch dem Anwender anzeigen, um diesem zu ermöglichen, ungefähr die Entfernung zur Gegenstation abzuschätzen. Man merkt dann sofort, wenn auf den Anruf an eine australische Station ein "falscher Fuffziger" in Europa antwortet!

Messung der Baudrate

AMTOR wird mit 100 Baud (Bits pro Sekunde) betrieben, was wegen der Synchronität ("Gleichlauf" der beiden Stationen) mit höchster Genauigkeit eingehalten werden muß. G3PLX teilte mir mit, daß bei professionellen Systemen (SITOR) eine maximale Abweichung von nur +/- 30 ppm (parts per million = Millionstel) zugelassen ist und man diese Forderung auch für AMTOR anwenden muß, will man optimale Störfestigkeit erreichen. Denn bei größerer Abweichung kann schon ein kurzer Fading-Einbruch oder QRM die Synchronität stören und damit den Link abreißen.

Doch welcher Funkamateur hat schon die Möglichkeit, mit solcher Genauigkeit zu messen? Aber es gibt eine für den Funkamateur praktikable Lösung: Jede AMTOR-Software muß "nachphasen", d. h., sie muß anhand der Flanken des Empfangssignals ständig versuchen, den Gleichlauf aufrechtzuerhalten. Zeigt man nun die Arbeit dieser Nachphasung in geeigneter Weise an, so erhält man damit eine Möglichkeit, die Baudrate relativ zur Gegenstation auf einige ppm genau zu bestimmen.

Zwar stellt diese Anzeige keine absolute Messung dar, doch sie ermöglicht es, die eigene Station auf einen empirisch an mehreren Gegenstationen gemessenen Mittelwert einzustellen. Freilich muß dazu die Software auch die Möglichkeit bieten, die eigene Baudrate im ppm-Bereich zu variieren, und das softwaremäßig und nicht durch Verdrehen von Trimmern. Die Messung der Baudrate ist dann nicht nur Komfort für den interessierten OM, sondern dient auch zur Erhöhung der Störfestigkeit!

Hardware

Alle bisher angesprochenen Punkte beziehen sich auf die Software. Daß ihre Realisierung ohne weiteres auch auf einem "kleinen" Computer wie dem Commodore 64 möglich ist, habe ich mit meinem Programm "Quick Brown Fox" bewiesen, welches neben dem revolutionären AMTOR-Teil den bewährten Texteditor meiner DTP-Programme "Printfox" und "Pagefox" besitzt. Dieser ist befehlskompatibel zu Vizawrite und besitzt damit alle Möglichkeiten leistungsfähiger Textverarbeitung wie Wordwrap, Blockbefehle, Suchen und Ersetzen usw.

Doch mit der Software allein ist es nicht getan. Auch die Hardware, sprich Konverter, ist meistens noch verbesserungsfähig. Der weit verbreitete Filterkonverter nach DJ6HP liefert zwar recht brauchbare Ergebnisse, doch da er für 45-/50-Baud RTTY konzipiert wurde, ist er für 100 Baud-AMTOR noch nicht optimal. Dies gilt sowohl für die Filterbandbreite als auch für die hohe Signalverzögerung, die schon so manchen Link nach VK verhindert hat.

Noch ungünstiger sieht es bei den "digitalen Kompaktanlagen" wie dem bekannten PK-232 aus: Dieses besitzt zwar einen echten Filterkonverter, doch dieser verfügt nur über zwei Bandbreiten für 1200 Baud und 300 Baud für Packet-Radio. AMTOR wird in der viel zu breiten 300-Baud-Stellung betrieben und ist da mit genauso störanfällig wie PR. Die Möglichkeit der höheren Selektivität von AMTOR gegenüber PR, bedingt durch die niedrigere Baudrate, wird beim PK-232 überhaupt nicht genutzt.

Erst wenn optimale Hardware und Software benutzt werden, erschließt sich die volle Faszination von AMTOR. Dann nämlich ist es möglich, ein von übertragungsfehlern freies Fernschreib-QSO zu führen, wenn sich die Nadel des S-Meters schon nicht mehr rührt und das Empfangssignal kaum mehr aus dem Rauschen herauszuhören ist! Jene OMs, die sich mit Packet-Radio auf Kurzwelle herumquälen - bei Leistungen und Feldstärken, die schon locker ein SSB-QSO erlauben -, scheinen AMTOR noch nicht zu kennen.

Literatur

  1. J. P. Martinez, G3PLX: AMTOR, an improved radioteleprinter system, using a microprocessor. In: Radio Communication 8/79.
  2. Ludwin Monz, DFBPD: Funkfernschreibverfahren. In: cg-DL 1/86.

DL5MFD, Dipl. Ing. Hans Haberl.