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ATV und Parabolspiegel

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ATV in Farbe, mit bewegten Bildern, das ist die faszinierendste Betriebsart des Amateurfunks. Man hört seinen Gesprächspartner nicht nur, man sieht ihn auch. Schaltbilder und Photos können gezeigt, Videofilme überspielt werden. Keine andere Betriebsart bietet Vergleichbares.

In den letzten Jahren befaßte sich Georg Weidmann, DJ2QF, zusammen mit einer Gruppe von OMs des OV T02 (Günzburg) intensiv mit den Problemen des ATV. Ziel war ATV in Farbe, das dem kommerziellen Fernsehen an Bildqualität nicht nachstand. Zunächst entsprach der Erfolg nicht den Erwartungen. Bei dieser Betriebsart gibt es einige Besonderheiten, an denen niemand vorbeikommt.

Da ist zunächst einmal die Bandbreite. Sie beträgt bei AM für Bild und Ton wie beim kommerziellen Fernsehen 7 bis 8 MHz, mit einem Tonträger-Abstand von 5,5 bis 6,5 MHz. Solche Bandbreiten sind auf Kurzwelle und auf dem 2-m-Band gar nicht vorhanden. Erst die Bänder mit höherer Frequenz, also ab 70 cm, kommen für ATV in AM in Frage.

Ideal wird ATV erst ab 23 cm, ein Band, das bereits 60 MHz breit ist und damit für ATV in FM genutzt werden kann.

Eine weitere Schwierigkeit liegt in der zwangsläufig niedrigen Sendeleistung. Im Gigahertzbereich, insbesondere im 13cm-Band, ist es sehr schwer, zu höheren Sendeleistungen zu kommen. Das erzwingt die Anwendung von FM, die mit weit geringeren Senderausgangsleistungen auskommt als AM, aber auch der besseren Bildqualität wegen erwünscht ist. Allerdings sind bei ATV in FM Bandbreiten von 18 bis 25 MHz erforderlich. Der Tonträger-Abstand liegt dabei in der Regel bei 5,5 oder 6,5 MHz.

Als Pionier speziell auf diesem Gebiet, nämlich ATV in FM, ist Josef Grimm (DJ6PI) längst in die Geschichte des Ama teurfunks eingegangen. Er war es auch, der beweisen konnte, daß FM mit einem Zehntel der Leistung ein gleich gutes Bild bringt wie AM. Heute arbeiten alle Satellitensender, die Fernsehen ausstrahlen, in FM.

Beim ATV muß eine dichtgedrängte Menge von Informationen mit hoher Qualitat übertragen werden. Was an Sendeleistung fehlt, muß durch leistungsfähigere Antennen ausgeglichen werden. Hierfür kommen vor allem zwei Antennentypen in Frage: Gruppenantennen und Parabol-spiegelantennen.

Gruppenantennen

Bisher waren hier Gruppenantennen üblich, etwa zwei gestockte Yagis oder für größere Entfernungen eine Vierer-Gruppe (scherzhaft in Erinnerung an die Kriegszeit als "Vierlingsflak" bezeichnet). Für ATV werden im Relaisverkehr zwei solcher Gruppenantennen benötigt, also insgesamt bis zu acht Antennen; denn üblicherweise wird im 13-cm-Band gesendet und im 23-cm-Band empfangen (oder umgekehrt). Alles das muß mittels eines Rotors bewegt werden können, es sei denn, der OM arbeitet immer nur über das gleiche Relais.

Solche Gruppenantennen sind nicht nur sehr teuer, ihr Aufbau ist auch äußerst schwierig, da überall phasenrichtig eingespeist werden muß, von der mechanischen Größe solcher Antennengruppen ganz zu schweigen. Auch die Windlast ist gewaltig.

Diese Gruppenantennen - gleichgültig ob es sich um Yagis oder Loops handelt - haben einen weiteren Nachteil: Sie sind schmalbandig und können gerade noch ATV in FM übertragen. Das bedeutet auch: Sie sind dann auf ein bestimmtes Relais fixiert. Beim Empfang eines anderen ATV-Relais oder ATV-Senders fallen sie gewaltig ab. Man könnte eine solche Antennengruppe auch "breitbandig" bauen, aber dann würde die Leistung stark nachlassen.

Versuche mit Gruppenantennen aus zwei Beams brachten bei DJ2QF nicht den gewünschten Erfolg.

Paraboispiegelantennen

Daher entwickelte Georg Weidmann in Burgau eine Parabolspiegelantenne, die für ATV in bisher nicht bekannter Weise gestaltet war. Ausgangspunkt war die Überlegung, daß es mit einem Parabolspiegel im Relaisbetrieb möglich sein müsse, auf 13 cm zu senden und auf 23 cm zu empfangen (oder umgekehrt) und das gleichzeitig. Dieses Problem wurde mit einer Topfantenne im Brennpunkt des Spiegels gelöst. Die bekannten "Bierdosenstrahler" erwiesen sich als ungeeignet. Schließlich entdeckte OM Martin Seidler, DG1MBJ, in einem Supermarkt eine Kakaodose der Firma Günzburger Nahrungsmittelfabrik Gebr. Strehle GmbH (Marke "blanto"), die die Idealmaße für 13 cm und 23 cm aufwies. Damit war es möglich, sowohl einen 13-cm- als auch einen 23-cm-Strahler in Resonanz zu bringen, mit einem Stehlwellenverhältnis unter 1 : 1,2 - durchaus ein Traumergebnis. Die Ausmaße der Dose sind aus Abb. 1 ersichtlich.

Fig 1
Bild 1

Der Parabolspiegel in Verbindung mit der Topfantenne ermöglicht es, im Relaisverkehr auf dem 13-cm-Band zu senden und gleichzeitig die eigene Sendung im 23-cm-Band zu empfangen.

Ein Problem war auch die Herstellung des Parabolspiegels. Der Orkan Wiebke hatte Anfang März 1990 im Raum Günzburg Rotoren von Parabolspiegeln zertrümmert. Das sollte sich nicht wiederholen. Es kam daher nur ein Gitterspiegel in Frage, der dem Wind nur einen geringen Widerstand bietet. Hierbei sollten Radialstäbe das Gitter tragen. Von einem Vierkantrohr (15 mm x 15 mm) aus Aluminium, wie man es in jedem Baumarkt kaufen kann, wurden 12 Radialstäbe abgeschnitten. Zuerst wurde ein Musterstab gefertigt, der mit einem Gummihammer zwischen zwei Holzklötzen auf die entsprechende Biegung gehämmert wurde. Hierbei wurde er zum Vergleich immer wieder an einen vorhandenen industriell gefertigten Parabolspiegel für Fernsehempfang angelegt und so die Krümmung verglichen. Sobald der erste Radialstab hergestellt war, diente er als Muster für die weiteren Stäbe, die dann auf die gleiche Art hergestellt wurden. Man hätte genauso auch ein Holzmodell fertigen und dieses als Muster verwenden können. Die Berechnung wäre mit einem Computer nicht schwierig gewesen. Die Radialstäbe wurden strahlenartig auf eine Schelle aufgeschraubt. Auf den Radials wurde das Drahtnetz in Segmenten durch Aufschrauben befestigt. Hierfür genügten einfache Blechschrauben, die sich ihr Gewinde ja bekanntlich selbst schneiden. Bei dem Drahtnetz waren die Drähte an den Kreuzungsstellen verlötet. Der Abstand zwischen den einzelnen Drähten betrug 10 mm. Nach einem Lehrbuch hätte dieser Abstand geringer sein müssen, in der Praxis traf dies jedoch nicht zu. Solche Drahtnetze sind in Baumärkten oder Eisenhandlungen erhältlich.

OM Herbert Dorner, DG3MDE, aus der Jugendgruppe des OV Günzburg schaffte es, einen solchen Spiegel an einem Nachmittag herzustellen. Hierüber drehte DJ2QF einen Videofilm und erklärte so über ATV vielen interessierten OMs den Herstellungsvorgang.

Ein solcher Parabolspiegel mit einem Durchmesser von 1,30 m erbringt bei einer Wellenlänge von 13 cm gegenüber einem Dipol einen Gewinn von 30 dB, also etwa die tausendfache Leistung, weit mehr als eine Gruppenantenne mit vier Yagis bringen könnte. Aber auch bei 23 cm ist der Gewinn noch sehr beachtlich.

Der Parabolspiegel in der Praxis

Erste ATV-Versuche mit dem Parabolspiegel fanden zwischen DJ2QF in Burgau und Rolf Schairer, DL6SL, in Ulm über eine Entfernung von 32 km Luftlinie statt. Sie brachten ausgezeichnete Ergebnisse. Diese Entfernung konnte auf 23 cm mit einem Energieaufwand von 200 mW überbrückt werden.

Im 13-cm-Bereich wurden die Versuche in Zusammenarbeit mit OM Hannes Werner, DC9MD, via DBODN (Tegelbergrelais) durchgeführt. Hier wurde die Strecke Burgau-Tegelberg (etwa 100 km Luftlinie) mit nur 500 mW rauschfrei und in Farbe überbrückt.

Grundsätzlich muß beim ATV-Betrieb im Gigahertz-Bereich direkte optische Sichtweite vorhanden sein. Wenn ein Baum dazwischen steht, geht meist nichts mehr. Das engt für Direktverbindungen den Kreis der Teilnehmer sehr ein. So geht es auf Dauer nicht ohne Relaisunterstützung.

Ein ATV-Relais war im Einzugsbereich von Burgau bereits vorhanden, nämlich das Relais auf dem Tegelberg bei Füssen im Allgäu, einem 1725 m hohen Alpengipfel, 100 km Luftlinie von Burgau entfernt. Dieses Relais reicht 150 km weit in das Alpenvorland hinein. Bei Überreichweiten sind schon ATV-Verbindungen bis in den Raum Erlangen zustande gekommen (230 km weit). ATV-Sendungen vom Tegelberg wurden schon in Holland empfangen!

Am 20.12.1990 feierte übrigens dieses schöne Relais das höchstgelegene ATV-Relais in Deutschland, seinen 10. Geburtstag. Dazu wollen wir nochmals herzlichst gratulieren. Ein ganz besonderer Dank gilt hierbei dem Relais-Verantwortlichen OM Josef Grimm, DJ6PI, und Klaus Filser, DL9MDR. Uneigennützig steckten sie Geld und Arbeitskraft, aber auch beachtliches Wissen und Können in die Sache.

Unerreichbar vom Raum Günzburg-Burgau aus war das Göppinger ATV-Relais 70 km westlich von Burgau in der Schwäbischen Alb auf einem 20 m hohen Fernsehumsetzer 760 m über dem Meer installiert.

In Zusammenarbeit mit der Göppinger Relais-Gruppe und dem Relais- Verantwortlichen Siegfried Blickle, DC1SO, bauten die OMs der Jugendgruppe von T02 zwei Parabolspiegel versuchsweise auf den Göppinger Relaisturm. Damit können im Raum Günzburg sehr gute ATV-Bilder aus dem Einzugsbereich des Göppinger Relais empfangen werden. Bei Überreich-weiten wurde schon München (165 km Luftlinie) erreicht. Voraussichtlich im Sommer wird auch ein Sendebetrieb von Günzburg zum Göppinger Relais möglich sein. Vorversuche sind recht erfolgversprechend verlaufen.

Aber auch in Ulm unter Federführung von Rolf Schairer, DL6SL, laufen interessante ATV-Versuche. So konnte DL6SL von Herbert Dorner, DG3MDE, und Gabriel Schlosser, DG7MGD, in Jettingen bei Burgau (über 36 km Luftlinie) mittels Parabolspiegel in guter Qualität empfangen werden. Auch in Augsburg laufen derzeit erfolgreiche Versuche in ATV-FM.

Es zeigte sich, daß sowohl bei Direktverbindungen als auch im Relaisbetrieb 1 W Sendeleistung voll ausreicht. Mit 500 mW kann über den Tegelberg ein Fernsehbild in hervorragender Qualität abgestrahlt werden, bei etwas angehobenen Bedingungen genügen dafür aber auch 200 mW.

Der Parabolspiegel sorgt auch für einen störungsfreien Empfang; denn er blendet alles aus, was nicht aus seiner Zielrichtung kommt, ein ganz wichtiger Vorteil bei den riesigen Bandbreiten für ATV. Umgekehrt kann ein ATV-Sender andere Amateurfunkstationen nur dann stören, wenn sie sich in der extrem schmalen Strahlungskeule seines Parabolspiegels befinden.

Gerätschaften

Die Zeiten sind vorbei, in denen ATV-Geräte nur im Eigenbau hergestellt werden konnten und daher nur für wenige Spezialisten erreichbar waren.

Die Geräte zum Senden und Empfangen von ATV sind weder teuer noch schwierig zu beschaffen. Für die Sendung genügt ein üblicher Camcorder in Verbindung mit einem Sender. Ein solches Sendegerät ist als Bausatz schon für etwa 150 DM erhältlich.

Zum Empfang dient ein gewöhnliches Fernsehgerät in Verbindung mit einem Konverter oder ein Satelliten-Fernsehempfänger mit Vorverstärker.

DJ20F, Georg Weidmann, DL9MDK, Dr. Ludwig Röll.