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Messungen nichtlinearer Verzerrungen

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Der nutzbare Dynamikbereich eines Übertragungsvier-pols - z. B. eines Verstärkers oder Mischers - wird zu kleinen Pegeln hin durch das Auftauchen von Störsignalen begrenzt, die durch endliche Linearität des Übertragungsvier-pols hervorgerufen werden. Diese Störsignale sind Intermodulationspunkte (IM) und Klirrprodukte (Oberwellen), die bei Aussteuerung des Vierpols oberhalb seines spezifizierten bzw. maximal zulässigen Eingangspegels entstehen können. Sie können die Übertragungsqualität der Nutzsignale erheblich beeinflussen und müssen daher für viele Applikationen meßtechnisch erfaßt werden.

Die durch nichtlineare Verzerrung (Kompression) entstehenden Oberwellen eines HF-Verstärkers (z. B. FM-Sender in C-Betrieb) können meist durch Tiefpaßfilterung auf ein Mindestmaß abgedämpft werden, so daß sie nicht mehr störend in Erscheinung treten. Intermodulationsstörungen (IM) hingegen treten in direkter Nachbarschaft der Nutzsignale auf und können durch Filterung nicht mehr beseitigt werden.

Insbesondere die Übertragung amplitudenmodulierter Signale, wie z. B. Fernsehträger, AM und SSB, können durch Inter-modulation erheblich gestört werden, wobei die Störungen sowohl im Sender als auch im Empfänger (z. B. Antennenverstärker) entstehen können. Für alle Messungen von nichtlinearen Verzerrungen eignet sich im besonderen Maß der Spektrumanalysator, wie nachfolgend gezeigt werden soll.

Zur Entstehung von Intermodulation

Allgemein gilt: Wird auf den Eingang eines Übertragungsvierpols mit einer nichtlinearen Übertragungsfunktion mehr als ein Signal gegeben (Mehrtonaussteuerung), dann treten am Ausgang durch Summen- und Differenzbildung der Nutzsignale zusätzliche Intermodulationsprodukte verschiedener Ordnungszahlen auf. Von diesen Störkomponenten interessieren in der Praxis hauptsächlich die Intermodulationsprodukte dritter und fünfter (ungerader) Ordnung, weil diese in den engeren Bereich um die Nutzsignale fallen.

Für zwei Signalfrequenzen f1 und f2 entstehen nach Abb. 1 IM-Störprodukte dritter Ordnung (IM3) bei: 2 f1 - f2, 2 f2 - f1 und fünfter Ordnung (IM5) bei: 3 f1 - 2 f2, 3 f2 - 2 f1.

Abb 1
Abb. 1: Definition der Intermodulation.

Eine gekrümmte Mischer- oder Verstärkerkennlinie (Abb. 2) hat die allgemeine Form:

i = K1(U - UK) + K2(U - UK)2 + K3(U - UK)3 + .....

Abb 2
Abb. 2: Dioden- bzw. Transisterkennlinie.

Das Ergebnis einer mathematischen Auflösung (Additionstheoreme) der oben genannten Potenzreihe - die zur Vereinfachung nach dem dritten Glied abgebrochen wurde - zeigt, daß Intermodulation und Kreuzmodulation (Modulationsübernahme) nur an einer gekrümmten Kennlinie mit kubischem Anteil entstehen können(1). An dein quadratischen und linearen Teil der Kennlinie entstehen zu den Grundwellen nur Mischprodukte (Summen- und Differenzfrequenz) sowie die Oberwellen (Klirrfaktor) der Eingangssignale (Abb. 3).

Abb 3
Abb. 3: Entstehung von Intermodulation, Mischprodukten und Oberwellen bei Ansteuerung einer gekrümmten Obertragungakennlinle mit einem Zwei-Ton-Signal (f f2).

Intercept-Point

Der "Intercept-Point" (IP) ist ein Maß für die Großsignalfestigkeit eines linearen Verstärkers, Mischers oder auch Spektrumanalysators. IM-Verzerrungen sind amplitudenabhängig und wachsen mit steigenden Signalpegeln. Die Zunahme ist hierbei proportional zur Ordnungszahl der IM. IM dritter Ordnung sind eine Kombination der Grundwelle (erste Harmonische) des einen Signals mit der ersten Oberwelle (zweite Harmonische) des anderen Signals. Die Summe der Harmonischen ergibt die Ordnungszahl.

Bei Änderung des Eingangspegels steigt der Pegel (dBm) der IM-Produkte dritter Ordnung theoretisch dreimal so schnell an wie der Pegel (dBm) der Eingangssignale. Der Intercept-Point (IP) ist der Wert, bei dem die Eingangssignale und das Intermodulationsprodukt den gleichen Pegel erreichen (Abb. 4).

Abb 4
Abb. 4: Intercept-Point (IP2, IP3). Theoretische Zunahme der IM-Verzerrungen bei Signalpegelerhöhung.

Dieser Wert ist ein rein theoretischer Wert, da bei solcher Übersteuerung des Vierpols zuvor Sättigungseffekte (Kompression) im zu testenden Gerät auftreten. Abb. 4 zeigt in graphischer Darstellung die theoretische Zunahme der IM-Verzerrungen bei Signalpegelerhöhung an einem typischen Spektrumanalysator. Bei -30 dBm Signalpegel (f1, f2) ist der Abstand für IM3 > 70 dBc und IM 2 > 60 dBc. 1 dB Kompression des 1. Mischers stellt sich bei etwa -18 dBm ein. Bei Verlängerung der Übertragungskennlinie ergeben sich die theoretischen Schnittpunkte (Intercept-Point) für IP3 bei +5 dBm und IP2 bei +30 dBm.

Der Intercept-Point für beliebige Eingangssignale kann nach dieser Graphik wie folgt bestimmt werden:

IP = ΔIM / (N - 1) + Pe (1)

IP = Intercept-Point (dBm)
ΔIM = Intermodulationsabstand in dB
N = Ordnungszahl
Pe = Pegel der Eingangssignale (dBm).

Meßbeispiel: HF-Verstärker

Es sollten die IM-Verzerrungen (Großsignalfestigkeit) des breitbandigen, "linearen" HF-Antennenverstärkers aus Abb. 5 gemessen werden und daraus der IP3 sowie der maximal zur Verfügung stehende verzerrungsfreie Dynamikbereich des Verstärkers berechnet werden.

Abb 5
Abb. 5: Breitbandiger Empfangsvorverstärker für das KW-Band.

Zum Test werden Signale (f1 = 8,855 MHz, f2 = 8,945 MHz) gleichen Pegels (-5 dBm = 126 mV) verwendet. Bei Zusammenführung der Signale (Power Splitter) ist unbedingt darauf zu achten, daß sich die Signalquellen nicht gegenseitig modulieren, d. h. die Generatoren selbst IM-Produkte erzeugen! Dies läßt sich nur durch entsprechend hohe Dämpfung der Signalausgänge zueinander verhindern. Das Schaltbild eines geeigneten ZweiTon-Generators mit IM3 > 100 dB und einer Entkopplung der Signalquellen von > 40 dB mit Hilfe einer Wheatstone-Brükke zeigt Abb. 8.

Vor der eigentlichen Messung muß die IM-Festigkeit des gesamten Meßsystems geprüft werden. Dazu wird zunächst der Zwei-Ton-Generator direkt mit dem Spektrumanalysator verbunden (Abb. 6a). Als ein optimales Resultat zeigt Abb. 6b neben den eigentlichen Signalen (f1, f2) einen intermodulationsfreien Meßbereich des Meßsystems von > 84 dB. Bei Bedarf kann durch Verkleinerung der Auflösungsbandbreite des Spektrumanalysators der dynamische Meßbereich auf bis zu 100 dB erweitert werden (abhängig von der Qualität des Analysators!).

Abb 6
Abb. 6: Meßaufbau zur Bestimmung der verzerrungsfreien Dynamik des MeBsystems (a) und Ergebnis der Spektrumanalyse (b).

Anschließend wird der zu testende HF-Verstärker zwischen Zwei-Ton-Generator und Spektrumanalysator geschaltet. Abb. 7a zeigt den Meßaufbau und Abb. 7b die Ergebnisse der Spektrumanalyse.

Abb 7
Abb. 7: MeBaufbau zur Bestimmung der IM3-Verzerrungen und der Leistungsverstärkung bzw. Dämpfung eines Vierpols (a) und MeBergebnis der Spektrumanalyse (b).

Abb 8
Abb. 8: Schaltbild eines Doppelton-Generators für Intermodulationsmessungen.

Folgende Meßergebnisse können aus dem Schirmbild abgeleitet werden:

  1. Die vom HF-Verstärker produzierten IM3-Störprodukte haben zu den Nutzsignalen einen Abstand von ΔIM3 = 60dB
  2. Die Verstärkung beträgt 9 dB, Gp=9dB

Aus Gleichung (1) berechnet sich der IP3 zu IP3 = ΔIM/2 + Pe = 60 dB / 2 + (-5 dBm) = +25 dBm. (Ergebnis bezogen auf den Eingang!)

Mit Hilfe des IP3-Wertes und der Rauschzahl läßt sich dann eine Aussage über den nutzbaren Dynamikbereich des Verstärkers machen.

Laut Definition ist die obere Grenze der Aussteuerung dann erreicht, wenn die Pegel der IM-Störprodukte gleich dem Empfindlichkeits-Rauschpegel des Verstärkers sind (S + N/N = 3 dB)(2).

Durch Umformung von Gleichung (1) läßt sich die maximale Eingangsstörleistung (Pemax) für verzerrungsfreien Betrieb ermitteln:

Pemax = 1/3 (2 × IP3 + Pest) (2)

Pest = auf den Eingang bezogene Ausgangsstörleistung (Past)

Pest = Past - Gp

Für Pest wird die Empfindlichkeitsschwelle (S) des Verstärkers eingesetzt. Aus dem Datenblatt entnimmt man hierzu die Rauschzahl des verwendeten FETs zu: F = 2 = 3dB und erhält eine Empfindlichkeitsschwelle von S = -174 dBm/Hz + 3 dB = -171 dBm/ Hz

-174 dBm/Hz = natürliche Rauschschwelle an 50 Ω in 1-Hz-Bandbreite und -290°K

Damit berechnet sich die Eingangsleistung von zwei Signalen, deren IM3-Produkte die Empfindlichkeitsschwelle erreichen, nach (2) zu Pemax = 1/3 (50 - 171) dBm = -40 dBm.

Intermodulationsfreier Dynamikbereich: ΔIM = Pemax - S = (-40 + 171) dBm = 131 dB.

Dieser Dynamikumfang bezieht sich auf eine theoretische Rauschbandbreite von 1 Hz. In der Praxis werden Empfangsbandbreiten mit > 1 Hz verwendet.

Wird z. B. ein SSB-Empfänger mit einer ZF-Bandbreite (Rauschbandbreite) von 2,4 kHz eingesetzt, vergrößert sich das Grundrauschen um den Betrag 10 log 2400 = 34 dB.

Die maximale Eingangsleistung wird zu Pemax = 1/3 (50 - 137) dBm = -29 dBm, und der IM-freie Dynamikbereich reduziert sich auf IM = (-29 + 137) dB = 108 dB.

Literatur

  1. W. Schnorrenberg: Spektrumanalyse, Theorie und Praxis. Vogel-Fachbuch, Würzburg (ISBN 3-8023-0290-7).
  2. W. Schnorrenberg: Rauschmessungen mit dem Spektrumanalysator. In: Mikrowellen- & HF-Magazin 2/90, Sprechsaal-Verlag, Coburg.

DC4KU, Werner Schnorrenberg.