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Extrem breitbandige Verstärker mit GaAs-FETs und HEMTs

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Die gleichförmige Verstärkung möglichst weiter Frequenzbereiche ist eine alte Wunschvorstellung jedes Experimentators im Hochfrequenzgebiet. Moderne Gerätekonzepte erfordern geradezu eine konstante Verstärkung über einen weiten Frequenzbereich. Im Gefolge dieser Entwicklung hat sich eine einheitliche Schnittstellenimpedanz von 50 Ohm durchgesetzt, die sogar zwischen den einzelnen Funktionskomponenten einer Schaltung anzutreffen ist.

Die in der Vergangenheit bevorzugten ausschließlich selektiven Verstärker hatten zwar auch ihre Vorzüge (Intermodulationsverhalten von Empfängern), konnten aber mit Röhren oder später Germanium-Transistoren breitbandig kaum mehr als nur den Kurzwellenbereich durchmessen.

Derzeit werden von zahlreichen Firmen Breitbandverstärker mit 50 bis 75 Ohm Schnittstellenimpedanz angeboten (z. B. Valvo OM 361 Avantek MSA-Serie, Mini-Circuits MAR-Serie). Diese zum Teil transistorähnlichen Fertigbausteine enthalten Silizium-Halbleiter oder einbondierte Transistorchips in Dickfilm- oder Dünnfilmtechnik.

Der emsigen Verstärkungstätigkeit solcher Bausteine verdanken wir nicht weniger als die Aufhellung unseres kulturellen Horizonts, z. B. durch Seifenopern wie Dallas, da diese preisgünstigen und technisch guten Verstärkerelemente für die Breitbandkommunikation bei Kabelfernsehen und in Antennenanlagen bis etwa 1000 MHz konzipiert worden sind.

Einzelnen Verstärkern wird zwar eine wesentlich höhere Frequenzgrenze nachgesagt, jedoch verlieren sie bis dahin sehr stark an Verstärkung, verfügen nur noch über sehr kleine Ausgangspegel, verschlechtern drastisch ihr Rauschmaß, und die Eingangsimpedanz entfernt sich weit von (reell) 50 Ohm.

Meistens sind oberhalb von 1000 MHz alle Nachteile zugleich in Kauf zu nehmen. Die wesentlich breitbandigeren kommerziellen Produkte auf GaAs-FET-Basis scheiden wegen ihrer "Apothekerpreise" für unsere Zwecke zumeist aus.

In diesem Beitrag soll aufgezeigt werden, daß auch ohne Stereomikroskop, Manipulator und Bondierungsmaschine, also nur mit Lötkolben und Pinzette als Werkzeugausstattung, die Systemgrenze breitbandig auf alle Amateurfunkbänder von 3,5 MHz bis 10,3 GHz gleichzeitig ausgedehnt werden kann. Zur Verifizierung dieses schönen Heimwerkererfolges wäre ein Netzwerkanalysator oder auch ein Generator dieses Frequenzbereiches hilfreich, ist aber zur Inbetriebnahme nicht unbedingt notwendig.

GaAs-FETs oder HEMTs lassen aufgrund ihrer wesentlich höheren Grenzfrequenzen im Vergleich mit bipolaren Transistoren größere Bandbreiten bei aperiodischen, also nichtselektiven Verstärkern, erwarten. Die Anpassung an das 50-Ohm-System kann durch Gegenkopplung erzwungen werden. Mit verschiedenen GaAs-FETs und HEMTs wurde folgende Grundschaltung (Abb. 1) erprobt.

Abb 1
Abb. 1: Prinzipschaltung einer GaAs- oder HEMTVerstärkerstufe.

Alle Widerstände, Kondensatoren und die Drossel sind Chip-Bauelemente. Die beiden Abblockkondensatoren an den Versorgungsleitungen sind in den Musteraufbauten Scheibenkondensatoren, die flach in die Platine eingelassen werden. Die Trennkondensatoren (1 nF) sollten von guter Qualität sein. (In einem Test wurden an Billigkondensatoren der Konsumelektronik bei 5 GHz bis zu 2 dB Dämpfung gemessen.)

Die Größe des Gegenkopplungswiderstandes RG hängt von der Steilheit des FET ab und wird so dimensioniert, daß die Eingangsimpedanz der Schaltung bei niedrigen Frequenzen 50 Ohm beträgt (180 bis 220 Ohm bei MGF 1302, ca. 220 Ohm bei MGF 1303 und 270 bis 330 Ohm bei MGF 1601 oder 1801). Es stellen sich damit Verstärkungswerte von 6 dB bis 12 dB je Stufe ein.

Aufgrund ihrer guten Anpassung und geringen Verstärkungswelligkeit können die Stufen fast beliebig kaskadiert werden. Die Rückflußdämpfung liegt nach entsprechender Optimierung bei über 20 dB bis 2 GHz (!), was einem SWR von unter 1,2 : 1 entspricht (Abb. 2, 3).

Abb 2
Abb. 2: Smith-Chart mit Eingangsimpedanz (S11) und Vorwärtssteilheit (S21) eines GaAs-FET MGF 1303.

Abb 3
Abb. 3: Mechanischer Aufbau in SMD-Technik mit RCL-Gegenkopplung.

Ohne die kleinen Induktivitäten L im Eingang und in der Gegenkopplung liegen die 1-dB-Grenzfrequenzen bei etwa 2,5 GHz (MGF 1601), 3 GHz (MGF 1302) bzw. 5 GHz (MGF 1303). Oberhalb dieser Frequenzen fallen die Verstärkerwerte zunächst ab, um sich dann irgendwo zwischen 5 und 10 GHz nochmals resonanzartig auf weit über 10 dB zu erhöhen. Ohne reelle Last am Ausgang würde die Schaltung auf dieser Frequenz dann in Selbsterregung geraten. Aufgrund der Phasendrehungen im FET und der Laufzeit bei der Rückführung wird aus der Gegenkopplung dann selektiv eine verlustbehaftete Mitkopplung.

Mit Hilfe der zusätzlichen Induktivitäten (wenige Millimeter lange Drahtstücke) läßt sich nicht nur diese Schwingneigung unterdrücken, sondern auch die obere Grenzfrequenz wesentlich anheben und die Welligkeit im Durchlaßbereich minimieren. Diese Kompensationen wirken den FET-internen Phasendrehungen entgegen. Eine induktionsfreie, also rein resistive Gegenkopplung würde damit ab einigen GHz zu einer Mitkopplung geraten und die zuvor beschriebene selektive überhöhung bewirken (Abb. 4, 5).

Abb 4
Abb. 4: Probeaufbau eines Breltbandverstärkers von 3 MHz bis 4 GHz auf Teflon-Platine mit Kleinleistungs GaAs-FET. Zur Einsparung der negativen Gatespannung sind die Source-Anschlüsse über einen 15-Ohm Widerstand hochgelegt.

Abb 5
Abb. 5: Detailaufnahme mit MGF 1601 (BC). Die beiden Pfeile weisen auf die Induktivitäten L.

Zusätzlich verändert sich die komplexe Eingangsimpedanz S11 der FETs oder HEMTs vom bei niedrigen Frequenzen kapazitiv hochohmigen über einen reellen Wert von wenigen Ohm im Kompensationsfall (je nach Typ zwischen 5 und 13 GHz) bis hin zu einem induktiv belasteten Fall oberhalb dieser Frequenz (siehe Abb. 2).

Innerhalb gewisser Frequenzgrenzen lassen sich diese bauteilbedingten Impedanzveränderungen ausgleichen. Solche Kompensationsmaßnahmen bringen jedoch nicht nur um den Nektar der gleichmäßigen Verstärkung, sondern gehen auch zu Lasten von Verstärkung und Ausgangsleistung. Die Rauschzahl ist bei Gegenkopplung ebenfalls höher als bei Rauschanpassung, weist über die Frequenz jedoch nur sehr geringe Schwankungen auf.

Der in den Meßwerten dokumentierte zweistufige Verstärker (2 x MGF 1303) ist auf einer 40 x 24 mm großen Teflon-Platine (Keene mit 0,79 mm Dicke) untergebracht. Die vier Abblockkondensatoren befinden sich in je 5,5 mm weiten Bohrungen und wurden masseseitig mit einem dünnen Messingblech verlötet. Auf der Bestückungsseite ist lediglich eine 50Ohm-Streifenleitung vorgesehen.

Die SMD-Bauteile befinden sich zwischen den Unterbrech...yen dieser Streifenleitung oder zwischen Leiterbahn und den Abblockkondensatoren. Eine für Experimentierschaltungen dieser Art zweckmäßige Schutzschaltung wurde den UKW-Berichten, Heft 2/85, entlehnt. Bei Verwendung eines Emitterwiderstandes läßt sich die negative Vorspannung einsparen. Trotz der kapazitiven überbrückung dieses Widerstandes wird die untere Grenzfrequenz angehoben.

Die Wahl eines Gehäuses unterliegt kaum technischen Zwängen. Die in den Musteraufbauten abgebildeten gefrästen Messinggehäuse sind daher als Ausdruck privater Freude des Autors an der feinen Mechanik zu deuten. Sie sollten niemanden von einfachen Nachbauten der eigentlichen Schaltung abhalten. Die vielfach bewährten Weißblechdosen würden auch Edelverstärkern" auf HEMT-Basis eine funktionale Behausung bieten (Abb. 6, 7 und 8).

Abb 6
Abb. 6: Zweistufiger HEMT-Verstärker im Gehäuse (Deckel entfernt).

Abb 7
Abb. 7: Obertregungsdlagramms von Verstärkern mit verschiedenen GaA.-Halbleitern.

Abb 8
Abb. 8: Verstärkung (Gain) und Rauschen (NF) eines weiteren Kleinleistungsverstärkers mit MGF 1601. Die für tiefe Frequenzen unvollständige Abblockung der Source-Anschlüsse sorgt unterhalb 100 MHz für einen starken Anstieg der Rauschzahl.

Kleinsignalverstärker auf GaAs-FET-Basis (MGF 1302, 1303, CFY 19 usw.) werden zweckmäßig an einem 5-V-Regler betrieben. Der Vorwiderstand im Drain (50 bis 200 Ohm) verhindert, daß beim Ausfall der negativen Gatevorspannung mit einem heimlichen Dahinscheiden des Halbleiters gerechnet werden muß. HEMTs sind dagegen etwas weniger duldsam. Hier sollte die maximale Drain-Source-Spannung auf 3 Volt begrenzt werden.

Bezüglich Verstärkung und Ausgangsleistung erweist sich der MGF 1601 als wahres Wunderkind. Obwohl solche Breitbandschaltungen zwangsangepaßt sind, also nicht wie in einem Senderverstärker alle reaktiven Komponenten durch optimale Anpassung aufgefangen werden können, ließ sich eine 1-dB-Kompressionsleistung von 20 dBm (100 mW) bei 145 MHz entlocken. Bei 3 GHz waren es immerhin noch etwa 40 mW (+16 dBm). Die jeweiligen Sättigungsleistungen sind nochmals höher, jedoch steigt dabei der Harmonischenanteil drastisch an.

Der immer noch nach dem gleichen elektrischen und aufbautechnischen Konzept entstandene zweistufige HEMT-Verstärker (MGF 4301) (Abb 6 und 7) durchbricht die zumindest emotionale Schallmauer des 3-cm-Bandes. Damit steht ein Verstärker zur Verfügung, der ohne jegliche Umschaltung oder Nachgleich von 3 MHz bis etwa 10,5 GHz reicht. Das Diagramm zeigt zwar dicht oberhalb des 3cm-Bandes das Ende der Verstärkertätigkeit an, bei 10,368 GHz wurden jedoch noch 10 dB gemessen.

Bei der hochgradig fragilen Struktur eines HEMT (0,25 mm Gateweite) läßt sich natürlich keine Leistung "bis zum Funkenuberschlag" erzielen. Mit +5 dBm (ca. 3 mW) bei 10,3 GHz reicht die Dynamik für die meisten Kleinsignalanwendungen jedoch aus.

Für allgemeine Experimentierzwecke empfiehlt sich eine Kombination von MGF 1302 und MGF 1601. Die Nutzfrequenz reicht von Kurzwelle bis über das 13-cm-Band hinaus. Die Schaltung stellt einen Ausgangspegel von 40 bis 100 mW zur Verfügung. Die Verstärkung beträgt gleichmäßig 16 dB, was einer vierzigfachen Leistungsverstärkung entspricht. Die Rauschzahl konnte an einem automatischen Rauschmeßplatz mit konstant 4 dB vermessen werden.

Der Verfasser wünscht eine ruhige Hand zum Nachbau.

DJ4GC, Carsten Vieland.