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Antennen-Notizbuch; Verwendung von verlustarmem 75-Ω-CATV-Kabel in 50-Ω-Systemen

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Sowohl professionelle wie auch Amateurfunk-Antennensysteme werden weltweit mit einer Anschlußimpedanz von 50 Ω ausgelegt. Während die Funkamateure in den USA den Vorteil haben, daß dort diese Impedanz auch für Großgemeinschafts-Antennen und Kabelfernsehen (CATV) benutzt wird, so daß verlustarmes 50-Ω-Kabel billig erhältlich ist, gilt dies für Europa nicht. Hier wurde für die Verkabelung von Wohnblöcken oder ganzen Siedlungen eine Impedanz von 75 Ω standardisiert. Wegen der großen dafür benötigten Mengen wird 75-Ω-Kabel in Europa billiger angeboten als gleichwertiges 50-Ω-Kabel. Wie man das hochwertige und preiswerte 75-Ω-Kabel in 50-Ω-Systemen verwenden kann, soll in diesem Beitrag gezeigt werden.

Warum überhaupt 75 Ω?

Man fragt sich, warum gerade 75 Ω als Standard-Impedanz gewählt wurde. Bei gleichen Außenabmessungen und gleichem Dielektrikum ist der Innenleiter von 75-Ω-Kabel dünner als der von 50-Ω-Kabel. Man möchte annehmen, daß dadurch die Dämpfung bei 75Ω-Kabel höher ist, als die von gleichartigem 50-Ω-Kabel. Das ist jedoch nicht der Fall!

Wie Bild 1 zeigt, haben die Zusatzverluste F* einer koaxialen Leitung ein Minimum bei einem Durchmesserverhältnis von etwa 3,6(1). Mit Formel 1 kann man daraus den zugehörigen Wellenwiderstand Z errechnen:

Eq 1

Bild 1
Bild 1: Zusatz-Verlustfaktor F* einer koaxialen Leitung als Funktion des Verhältnisses D/d.

Mit D/d = 3,6 ergibt sich Z = 77 Ω. Vermutlich ist dieses Minimum bestimmter Zusatzverluste der Grund für die Wahl von 75 Ω als Standard-Impedanz in europäischen CATV-Systemen.

Einige ausgewählte 75-Ω-Kabel

In Bild 2 sind die Dämpfungswerte in Abhängigkeit von der Frequenz für drei CATV-Kabel (75 Ω) verschiedenen Durchmessers den beiden am häufigsten verwendeten 50-Ω-Kabeln gegenübergestellt. Vergleicht man nun die Dämpfung des bekannten IG-213/U-Kabels mit der eines gleichdicken (10,5 mm) CATVKabels, so fällt der Vorteil des 75-Ω-Kabels unmittelbar auf: beispielsweise bei 1250 MHz hat das CATV-Kabel nur 14,3 dB Dämpfung pro 100 m Länge, RG-213/U dagegen rund 26 dB - ein Unterschied, der nicht ignoriert werden kann!

Bild 2
Bild 2: Dämpfungswerte in Abhängigkeit von der Betriebsfrequenz für verschiedene Koaxialkabel.

Allerdings kommt in diesem Fall der Dämpfungsvorteil des CATV-Kabels nicht allein von dem dämpfungsgünstigen Wellenwiderstand her; den größeren Anteil dürfte der Aufbau dieses besonderen Kabels mit viel Luftanteil im Dielektrikum und einer Kupferfolie (zusätzlich zum Geflecht) als Außenleiter haben.

75-Ω-Kabel in 50-Ω-Systemen

Viele Funkamateure speisen ihre 50-Ω-Antennen, ohne irgendwelche Transformationen vorzunehmen, mit 60-Ω- oder 75-Ω-Kabel, in der Annahme, daß die Zusatzdämpfung durch das dabei entstehende Stehwellenverhältnis (SWV) von 1,2 beziehungsweise 1,5 vernachlässigbar sei. Das ist auch in erster Näherung richtig; es wird nun jedoch die Länge des Koaxialkabels kritisch, weil jede Fehlanpassung zu hohen Werten transformiert werden kann, wenn die elektrische Länge des Kabels in die Nähe von λ/4 (oder ungeradzahligen Vielfachen davon) kommt. Bei ungeradzahligen Vielfachen von λ/4 wird der Wellenwiderstand nach Formel 2 transformiert:

Eq 2

Beispielsweise Zout = 752/50 = 112,5

Darin sind:

Zout = Impedanz am Ende des Kabels
ZKabel = Wellenwiderstand des verwendeten Kabels
ZAnt = Anschluß-Impedanz der benutzten Antenne.

Dieses Beispiel zeigt, daß das SWV bei Verwendung einer 75-Ω-Leitung an einer 50-Ω-Antenne im ungünstigsten Fall nicht 1,5 ist - wie man annimmt - sondern 112,5/50 = 2,25 = ein Wert, der zum Vernachlässigen zu hoch ist!

Man sollte also Kabellängen verwenden, die ein Vielfaches von λ/2 (x Verkürzungsfaktor) betragen. Dann wird die Antennen-Anschlußimpedanz von 50 Ω stets wieder auf 50 Ω transformiert, unabhängig vom Wellenwiderstand des Kabels.

Diese Methode hat aber auch Nachteile:

So ist es nicht möglich, ein Reflektometer in das 75-Ω-Kabel zu schalten, ohne eine beträchtliche Fehlanpassung zu erzeugen - es sei denn, man kürzt das Kabel um die elektrische Länge des Reflektometers. Darüber hinaus ist es schwierig, eine elektrische Länge von λ/2-Vielfachen genau genug einzuhalten, vor allem wenn Kabel mit Schaum-Dielektrikum verwendet wird, da deren Verkürzungsfaktor beträchtlich über der Länge schwankt, weil die Dichte nicht konstant ist.

Anpassung mit λ/4-Transformatoren

Nach Meinung des Verfassers ist es am besten, an der Stoßstelle zwischen 50 Ω und 75 Ω Anpaßtransformatoren einzusetzen. Dazu benutzt man λ/4-Transformatoren, deren Wellenwiderstand nach Formel 3 errechnet wird:

eq 3

In unserem Fall ergibt sich:

ZT(λ/4) = 50 × 75 = 61,24 Ω

Wir benötigen also ein elektrisch λ/4 langes Leitungsstück mit einem Wellenwiderstand von rund 61 Ω.

Dies läßt sich am einfachsten mit einem Stück 60-Ω-Koaxialkabel realisieren, wobei man den Verkürzungsfaktor berücksichtigen muß, und auf hochwertiges Kabel achten sollte (nicht Fernsehkabel verwenden, dessen Wellenwiderstand irgendwo zwischen 60 und 75 liegen kann). An einem Ende dieses Kabelstücks sieht man einen 75-Ω-N-Stecker, am anderen Ende einen 50-Ω-N-Stecker (oder eine entsprechende N-Buchse) vor. Da passendes Kabel nicht überall erhältlich ist, wird im Folgenden ein koaxialer Anpaßtransformator 50 Ω/75 Ω aus Rohrmaterial beschrieben, den man sich selbst bauen kann.

Ein λ/4-Transformator mit Z = 61 Ω

Der Wellenwiderstand einer koaxialen Leitung mit Luft als Dielektrikum errechnet sich nach Formel 1. Mit Z = 61 Ω ergibt sich umgekehrt ein erforderliches D/d = 2,77 (Bild 3).

Bild 3
Bild 3:
D = Innendurchmesser des Außenleiters
d = Außendurchmesser des Innenleiters.

Nun sucht man sich aus den standardmäßig angebotenen Messingrohren eines aus, das zu den vorgesehenen Steckern (N-Connector) paßt. Dann muß man ein Rohr finden, dessen Außendurchmesser um den Faktor 2,77 kleiner ist als der Innendurchmesser des ersten Rohres.

Der Verfasser fand folgende Messingrohre:

Außenleiter: 11 mm Durchmesser, Wanddicke 0,5 mm, somit Innendurchmesser D = 10 mm.
Innenleiter: 3,5 mm Außendurchmesser, Wanddicke 0,75 mm, also Innendurchmesser 2 mm, was gut auf den Mittelstift der N-Buchsen paßt.

Das Durchmesserverhältnis D/d ergibt sich mit diesen Rohren zu 10/3,5 = 2,86, woraus Z = 63 Ω resultiert, ein Wert der nah genug am benötigten Wert liegt.

Als Stecker verwendete der Verfasser je einmal UG-21B/U(50Ω) und UG-94A/U(75Ω). Die Länge des Außenrohres muß um das Stück, welches vom Stecker gebildet wird, kürzer sein als λ/4. Der Innenleiter dagegen ist λ/4 lang. Die folgende Tabelle 1 gibt die erforderlichen Längen beider Rohre für die genannten Stecker und für die Bänder bei 2 m, 70 cm und 23 cm Wellenlänge an. Die Angaben bei 435 MHz beziehungsweise bei 1250 MHz sind für ATV vorgesehen, doch zeigt sich, daß die Bandbreite groß genug ist, um mit nur einer Dimensionierung das ganze Amateurband zu überstreichen.

Tabelle 1
Mittenfrequenz (MHz)Innenleiter-LängeAußenleiter-Länge (Stecker berücks.)
145489 mm482 mm
432165 mm158 mm
435163 mm156 mm
125057 mm50 mm
129655 mm48 mm

Nachdem die drei genannten Amateurbänder harmonisch zueinander liegen, kann man einen für 145 MHz dimensionierten λ/4-Transformator auch für 435 MHz, und eventuell sogar noch für 1296 MHz benutzen. Da die Bandbreite jedoch mit der Zahl der eingesetzten λ/4-Abschnitte abnimmt und jeder Längenfehler mit 3 beziehungsweise 9 multipliziert wird, sollte man besser nur einen λ/4-Abschnitt benutzen.

Die Herstellung

Zuerst sägt man das Innenleiter-Rohr auf die angegebene Länge ab. Dann lötet man in jedes Ende dieses Rohres ein Stück versilberten Draht von 2 mm Durchmesser und schneidet diesen Draht so kurz, daß er in den Innenstift der N-Stecker oder -Buchsen paßt. Diese Innenstifte lötet man nun fest.

Anschließend sägt man den Außenleiter nach Maß ab und schiebt die Innenleiteranordnung hinein. Die Steckerkörper werden über das Rohr geschoben und die Innenstifte durch die PTFE- (Teflon) Teile im Inneren der Stecker gesteckt. Wenn die Außenleiterlänge stimmt, ist es nun möglich, die N-Stekcker mit Hilfe der Überwurfmuttern zu montieren. Sie werden festgezogen und anschließend mit dem Außenleiter-Rohr verlötet.

Messwerte

Die Bilder 4 und 5 zeigen die Reflektionsdämpfung (linke Ordinate) beziehungsweise das SWV (rechte Ordinate) eines für 435 MHz aufgebauten λ/4-Transformators, der nach Tabelle 1 dimensioniert wurde. Man kann erkennen, daß die Bandbreite so groß ist, daß über das ganze 70-cm-Band das SWV nicht größer als 1,05 wird. Es ist also nicht erforderlich, zwei unterschiedliche Versionen für den Sprechfunk- und den ATV-Bereich zu bauen.

Bild 4 und 5
Bild 4 und 5: Reflektionsdämpfung und VSWR des 75/50-Ω-Transformators für das 70-cm-Band.

Zusammenfassung

Man kann davon ausgehen, daß man zwei derartige Transformatoren benötigt: einen zwischen 50-Ω-Antenne und 75-Ω-Kabel, und einen zweiten zwischen 75-Ω-Kabel und 50-Ω-Station. Es wäre allerdings denkbar, die Senderendstufen- und die Empfängereingangsstufen-Anpassung auf 75 Ω zu ändern und so einen Transformator zu sparen. Allerdings müssen dann auch interne Kabel und Relais auf 75 Ω Wellenwiderstand geändert werden (beispielsweise mit RG-59/U Kabel).

In Anbetracht der geringeren Dämpfung von 75-Ω-CATV-Kabel in Vergleich zu beispielsweise RG-213/U (schon bei gleichem Durchmesser!) kann es vor allem bei höheren Frequenzen und/oder größeren Kabellängen durchaus lohnend sein, zwei solche λ/4-Transformatoren zu verwenden, um die Effizienz von Station und Antenne durch Einsatz von dämpfungsarmem CATV-Kabel zu verbessern.

Literatur

  1. Meinke/Gundlach: Taschenbuch der Hochfrequenztechnik, 3. Auflage, Seite 255

DJ0BO / G3JVQ, Terry Bittan.