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Diskussionsbeitrag: Kohärente Übertragungstechniken

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Es hat mich sehr gefreut, daß die Gemeinde der Funkamateure in der Rubrik "Fokussiert"(1) auf die höchst zeitgemäße, kohärente Übertragungstechnik hingewiesen wurde. Verfahren mit phasen- und frequenzstarrer Verbindung zwischen Sender und Empfänger unter der Anwendung von Optimalfiltern werden schon seit langem mit Vorteil zur Nachrichtenübertragung in der Raumfahrt, dem Satellitenfunk oder in militärischen Fernmeldeverbindungen eingesetzt. Ebenso wie OM Lentz wundere ich mich, daß wir Funkamateure lange am Einsatz dieser neuzeitlichen Übertragungsmöglichkeit vorbeigegangen sind.

Vielleicht kann ich die Experimentierfreudigkeit der UKW-Berichte-Leser durch ein paar zusätzliche Bemerkungen über die Möglichkeiten kohärenter Übertragungssysteme noch erhöhen ? Da es auch bei diesem System eine Fülle von verschiedenen Verfahren gibt, sollten wir Funkamateure, die dabei in unserem Bereich technisches Neuland betreten, deren Unterschiede kennen, bewerten und die vorteilhaftesten Verfahren für unsere Funkübertragung auswählen können.

Die in Verbindung mit kohärenten Übertragungsverfahren genannten Werte einer Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses von 10 bis 20 dB sind auf den ersten Blick ein wenig irreführend. Diese tatsächlich erreichten Werte setzen sich aus zwei unterschiedlichen Komponenten zusammen, wobei die Wahl der Kohärenz nicht unbedingt die Hauptrolle spielen muß. Im wesentlichen wird eine bedeutende Erhöhung des SignalRausch-Abstandes gegenüber den heutigen Verfahren durch die richtige Wahl der kleinsten, für diesen Übertragungskanal möglichen, Bandbreite bewirkt. Die für eine sichere Übertragung notwendige Bandbreite beträgt für die Morse-Telegrafie wenige Hertz, um für das beliebte Fernschreiben um eine Zehnerpotenz zuzunehmen. Leider ist es wegen des mit herkömmlichen Mitteln erzielten geringen Frequenzgleichlaufes und der grundsätzlichen Schwierigkeit, entsprechend schmalbandige, klingelfreie Filter zu bauen, ohne die feste frequenz- und phasenmäßige Verknüpfung zwischen Sender und Empfänger nicht möglich, diese Vorteile einer geringen Bandbreite auszunutzen. Kohärente Verfahren mit Hilfe von durch Rechner gesteuerten, schmalbandigen Optimalfiltern helfen uns jedoch, nur die für die Signalübertragung notwendige Bandbreite zu verwerten.

Die Verwendung kohärenter Übertragungsverfahren allein erhöht den Signal-RauschAbstand nur um wenige (in der Größenordnung von 3 bis 6) Dezibel. Doch auch dabei gibt es merkliche Unterschiede, so daß eine geschickte Wahl des günstigsten kohärenten Verfahrens nötig ist. Wir unterscheiden hierfür

Für den Fall eines digitalen, binären Signales (z.B. Fernschreiben) bedeutet dies:

In der orthogonalen Modulation werden "Mark" und "Space" mit zwei getrennten Frequenzen übertragen. "Mark" und "Space" dürfen niemals zur gleichen Zeit gemeinsam auftreten. Dies ist das Prinzip der Orthogonalität, die in diesem Fall durch das übliche Fernschreib-Alphabet gewährleistet wird.

Antipodische Signale des Fernschreibens zeichnen sich dadurch aus, daß "Mark" und "Space" von der gleichen Frequenz übertragen werden, deren Phase für "Mark" und "Space" je um 180° verschieden ist. Da sich deshalb die zeitabhängigen Signale von "Mark" und "Space" nur um ihr Vorzeichen unterscheiden [sin x = - sin (x + 180°)] und somit entgegengesetzt sind, werden sie als antipodisch bezeichnet.

Weiterhin gibt es die Möglichkeit, nicht jeweils "Mark" und "Space", sondern nur den Unterschied, das heißt den Wechsel zwischen diesen beiden Zuständen, zu übertragen. Diese differentielle Übertragungsweise überträgt, wenn "Mark" das Zeichen für Wechsel und "Space" für keinen Wechsel ist, unter der Voraussetzung, daß das letzte Zeichen "Space" war, die Zeichenfolge "Mark Mark Space Mark" als "Mark Space Space Mark". Mit diesem Kunstgriff läßt sich auch die Übertragungssicherheit erhöhen.

In der Tabelle habe ich unter der Voraussetzung, daß schon alle Maßnahmen zur SignalRausch-Abstandverbesserung durch die Bandbreitenbeschränkung ergriffen wurden, die Vorteile der verschiedenen kohärenten Verfahren [gemäß (2)] zusammengestellt.

 Gewinn des Signal-Rausch-VerhältnissesWahrscheinlicher Fehler pro 1000 Zeichen
Nicht-kohärent Orthogonal0 dB0 dB100
Kohärent Orthogonal2 dB3 dB30
Differentiell kohärent Antipodisch4 dB3 dB10
Kohärent Antipodisch5 dB6 dB3
Fehler pro 1000 Zeichen10100 

Wir können darin klar erkennen, daß eine kohärente, antipodische Übertragungsweise den größten Gewinn gegenüber der herkömmlichen Übertragungsart besitzt.

Wir sehen auch, daß bei einem mangelhaften Signalweg (hohe Fehlerrate) die Vorteile der kohärenten Verfahren größer als bei einer guten Funkstrecke sind. Da wir im Amateurfunk gewöhnlich mit schlechten Übertragungsstrecken rechnen müssen und auch an den unteren Grenzen der Nutzbarkeit noch eine gewisse Lesbarkeit haben wollen, ist durch diesen Effekt der Vorteil der Kohärenz offensichtlich.

Es ist somit augenfällig, daß die kohärente, antipodische Übertragungsweise die Methode unserer Wahl sein sollte, wenn wir auf den Funkübertragungswegen des Amateurfunks die Übertragungssicherheit nachhaltig verbessern wollen. Diese Erkenntnis läuft für den binären Nachrichtenaustausch (Fernschreiben) auf die Einführung der Modulationsart P1 heraus, wobei der Empfänger die Phase und die Frequenz des Senders genau kennen muß, damit seine rechnergestützten Filter die ausgesandten Signale aussieben und rekonstruieren können.

Literatur

  1. Lentz, R., DL3WR: Fokussiert, UKW-Berichte 21 (1981) Heft 2, S.65
  2. Viterbi: Principles of Coherent Communication, McGraw-Hill, New York, 1966

DK9KR, Ulf-Dietmar Ernst.