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Kohärente Telegrafie-Übertragung 1

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Das Konzept

Dieser zweiteilige Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung der ARRL aus der QST (Mai und Juni 1981) ins Deutsche übertragen von Robert Lentz, DL3WR.

Würden Sie glauben, daß Sie Ihre Sendeleistung um den Faktor 10 verringern und die Signal-Verständlichkeit um den gleichen Faktor erhöhen könnten - und zwar gleichzeitig ? Es ist möglich!

Je mehr wir über etwas, das wir suchen, wissen, desto leichter ist es zu finden. Wendet man dieses Prinzip auf Morse-TelegrafieÜbertragung an, so kommt man zu Kohärenter Telegrafie, oder kurz: CCW. Funkverbindungen mit dieser Technik haben gezeigt, daß die Übertragungs-Effektivität um mehr als 20 dB gegenüber gewöhnlichen Telegrafie-Methoden gesteigert werden kann. Das Prinzip kann auch auf Funkfernschreiben (RTTY) angewandt werden, doch diese Diskussion ist auf Morse-Telegrafie fokussiert.

Telegrafiesignale kann man als eine Folge von digitalen Einheiten ansehen, die alle eine (wenigstens ungefähr) gemeinsame Zeiteinheit haben - ich will diese Zeiteinheit "Raster" nennen. Jedes einzelne Raster enthält entweder "Mark" (Taste geschlossen) oder "Space" (Taste offen). Bild 1 illustriert dieses Konzept.

Bild 1
Bild 1: Die Elemente der CCW-Verbindung

Das Raster ist mit 100-ms-Abständen an der X-Achse aufgetragen. Der oberste Rechteckwellenzug zeigt das Schließen einer Handtaste durch den Funker und wirkt elektronisch als ENABLE-Signal. Durch Vergleich mit den präzisen Rasterlinien sieht man, daß die Punkte, Striche und Abstände ungenaue Längen aufweisen. In dem Wellenzug, den die CCW-Elektronik abgibt (2. von oben), beginnen dagegen "Mark" oder "Space" stets mit einem Raster und dauern ein oder mehrere volle Raster.

Beim Empfang ist dieses Signal mit QRM und QRN vermischt. Die Gleichspannungs-Differenz zwischen den beiden Schaltmischern der beiden Kanäle (3. Linie von oben) ist eine Funktion des - wenn auch schwachen - Nutzsignals. Ein Integrator summiert die empfangene Leistung (Spannung) über eine Raster-Periode (4. Linie). Dieser Wert wird abgetastet und bis zum Beginn des nächsten Rasters gespeichert (5. Linie). Die wiedergewonnene Hüllkurve tastet einen NF-Generator, damit der Mensch die Zeichen hören kann.

Gewöhnliche Telegrafie-Punkte, -Striche und -Abstände beginnen zu etwas willkürlichen Zeiten, abhängig davon, wann der Funker gerade die Taste drückt. Deshalb ist die Rasterzeit ziemlich veränderlich und man kann nicht vorhersagen, wann jedes Raster beginnt und endet. Bei CCW dagegen sind alle Punkte, Striche und Abstände exakte Vielfache der zugrundegelegten Zeiteinheit und treten innerhalb vorherbestimmbarer Rasterzeiten auf. Dies gilt auch für die Pausen während einer Sendung. Beim Empfang klingen die CCW-Zeichen wie beliebige andere CW-Signale, außer daß sie äußerst präzise gegeben werden - sozusagen mit einer perfekten "Hand". Diese Eigenschaft ermöglicht den Einsatz sehr schmalbandiger Filter.

Telegrafie-Filter

Allgemein sind Empfängerfilter mit Bandbreiten, die wesentlich breiter als das gewünschte Signal sind, weniger wirksam, weil sie den Empfang zusätzlichen Rauschens und unerwünschter Signale erlauben. Ein Telegrafiesignal mit einer Geschwindigkeit (besser: Zeichen-Übertragungsrate) von 12 Wörtern pro Minute belegt etwa 10 Hz im Frequenzspektrum. Die allgemein benutzten Filter sind dagegen 500 Hz oder sogar 2300 Hz breit. Durch ein 500-Hz-Filter hört man somit das 10 Hz breite Nutzsignal, sowie 490 Hz voller Rauschen und QRM ! Analog dazu sollte man einmal versuchen, bei Telefoniebetrieb statt 2,3 kHz Bandbreite ein Filter mit 100 kHz Bandbreite einzusetzen!

Telegrafiefilter in Analogtechnik mit hoher Güte sind bei Bandbreiten, wie sie ein Telegrafiesignal mit 12 W/Min. benötigt, nicht brauchbar, weil sie bei Bandbreiten unter etwa 500 Hz "klingeln". Bei hoher Güte finden unweigerlich Ein- und Ausschwingvorgänge statt, die ein Ausgangssignal produzieren, wenn das Eingangssignal schon beendet ist. Dadurch wird das menschliche Ohr irritiert. Außerdem sind die in Verbindung mit Filterbandbreiten in der Größenordnung von wenigen Hertz erforderliche Empfänger-Stabilität und -Treffsicherheit schwierig zu verwirklichen.

PLL-Filter mit Zeitkonstanten, die lang genug sind, um Bandbreiten von nur wenigen Hz zu erzeugen, brauchen unglücklicherweise -zig Sekunden zum Einrasten. Außerdem tendieren PLLs dazu, auf das stärkste Signal im Fangbereich einzurasten, weshalb sie empfindlich gegenüber QRM sind. PLL-Filter haben ihren wichtigen Platz, aber nicht bei den hier benötigten Bandbreiten.

Das Filter für unsere Zwecke stellt eine Bandbreite von nur ein paar Hz zur Verfügung, ohne Klingeln und ohne die Tendenz, auf Störungen einzurasten. Ein derartiges Filter erhöht den Signal-Rausch-Abstand ganz gewaltig. Ein 1-W-Signal, aufgenommen durch ein 10-Hz-Filter, ist mit einem 50-W-Signal vergleichbar, das durch ein 500-Hz-Filter gehört wird, oder mit einem 230-W-Signal durch ein 2300 Hz breites Filter.

Die CCW-Station

Es ist typisch, daß sich CCW-Stationen auf eine Arbeitsfrequenz (beispielsweise 14 049 000 ± 2 Hz) und eine Rasterlänge (üblicherweise 100 ms, die Geschwindigkeit von 12 W/Min.) einigen, und Synchronisation (wann jedes Raster beginnt und endet) als Teil des Abstimmvorgangs erreichen. Somit sind auf der Empfangsseite die Frequenz, die Rasterlänge und die Rasterphase bekannt und werden sämtlich für die Zeichen-Wiedergewinnung ausgenutzt.

Um die erforderliche Genauigkeit der Rasterlänge zu erreichen und um die vereinbarte Frequenz innerhalb der engen Filtertoleranz zu treffen, müssen alle frequenzbestimmenden Oszillatoren sowohl auf der Sende- als auch auf der Empfangsseite einer CCW-Verbindung hochstabil und -genau sein. Die Stabilität und Genauigkeit erreicht man mit sorgfältig gebauten Quarzoszillatoren, die mit einem Eichfrequenzsender wie WWV oder DCF 77 verglichen werden. Die Zeitdisziplin des Sendesignals wird von einem Referenzoszillator bestimmt, dessen Frequenz geteilt wird, bis man ein 10-Hz-Synchronsignal für die (elektronische) Taste erhält. Das CCW-Filter auf der Empfangsseite benutzt die vom Stations-Referenzoszillator abgeleiteten Zeitsignale; sie "sagen" dem Empfängerfilter, wann die Raster-Anfänge und -Enden zu erwarten sind.

Das Kohärenz-Integrations-Filter

Bild 2 zeigt das Blockschaltbild eines Filters, das den wirkungsvollen Empfang eines CCW-Signals ermöglicht. Die Hauptgruppen in jedem der beiden Filterkanäle sind: Eingangsmischer, Integrator, Abtast- und Halteschaltung, Ausgangsmischer. Dazu kommen die Zeit- und Steuerschaltungen. Warum zwei Kanäle benutzt werden, soll später untersucht werden; zunächst wollen wir das Signal durch einen Kanal verfolgen.

Bild 2
Bild 2: Blockschaltbild eines CCW-Filters

Der Mischer

Das erste Schaltungsteil jeden Filterkanals ist ein Schaltmischer, der das Nutzsignal (zusammen mit begleitendem QRN und QRM) mit einem Referenzsignal gleicher Frequenz mischt. Tatsächlich werden Halbleiterschalter verwendet, nur zur Vereinfachung sind in Bild 2 mechanische Schaltkontakte eingezeichnet. Das Referenzsignal entstammt einer stabilen Quelle, wie der Zeit- und Steuer-Schaltung, und es bestimmt die Mittenfrequenz des CCW-Filters. Hat das Eingangssignal genau die Nutzfrequenz, so wird es vom Mischer in eine Gleichspannung umgesetzt - je stärker das Signal, desto höher die Gleichspannung. Ein Signal neben der Nutzfrequenz dagegen kommt aus dem Mischer als niederfrequente Wechselspannung. Wir mischen also das Eingangssignal direkt auf Schwebungsnull herunter. Unerwünschte Signale unterscheiden sich von dem gewünschten dadurch, daß sie nicht exakt Schwebungsnull erreichen.

Der Integrator

Ein mit einem Operationsverstärker aufgebauter Integrator bildet den zweiten Teil jeden Filterkanals. Wir benutzen den Integrator, um das Nutzsignal (die bei Schwebungsnull entstehende Gleichspannung) von den unerwünschten Signalen (NF-Spannungen), die vom Mischer kommen, zu unterscheiden. Den Integrator kann man sich als mäßig großen Kondensator vorstellen. Ein synchrones Kurzschlußsignal aus der Zeit- und Steuerschaltung legt diesen Kondensator zu Beginn jeden Rasters kurz an Masse. Jedes Nutzsignal (Gleichspannung) lädt dann den Kondensator während eines Rasters auf. Die resultierende Spannung zum Ende des Rasters ist eine Funktion der Stärke des Nutzsignals während dieses Rasters.

QRM und QRN, die ja neben der Nutzfrequenz liegen, erscheinen dem Integrationskondensator als Wechselspannungen, die ihn während eines Teils des Rasters aufladen, aber während anderer Teile des gleichen Rasters entladen. Demzufolge haben Signale neben der Nutzfrequenz einen geringere Einfluß auf die Ausgangsspannung des Int grators als Signale mit genau der Nutzf equenz. Aus diesem Umstand leitet sich die Selektivität des CCW-Filters ab.

Als Beispiel wollen wir einen Störträger betrachten, der 10 Hz über oder unter der Nutzfrequenz auftritt. Hinter dem Schaltmischer erscheint dieses QRM als 10-Hz-Wechselspannung. Wenn das Filter auf die CCWStandard-Rasterlänge von 100 ms eingestellt ist, geht das 10-Hz-Störsignal während einer Integrationsperiode gerade durch einen vollständigen Zyklus. Damit ist die vom Störträger hervorgerufene Spannung am Integrator-Ausgang zum Ende des Rasters null. Das CCW-Filter weist also genau 10 Hz über und unter seiner Mittenfrequenz eine erste Nullstelle auf. Weitere Nullstellen erscheinen bei ungeraden Vielfachen von 10 Hz (Bild 4).

Abtasten-und-Halten, Integrator-Rücksetzen

Am Ende jedes Rasters wird die Ausgangsspannung des Integrators abgetastet und gespeichert. Diese als "Sample-and-Hold' bekannte Schaltung "merkt" sich den Spannungswert für das folgende Intervall. Sobald die Spannung übernommen ist, wird der Integrationskondensator kurzgeschlossen. Dies geschieht durch einen C-MOS-Analogschalter, der parallel zum Kondensator liegt. Somit kann der Integrator mit dem nächsten Raster wieder bei null Volt anfangen. Alle diese Vorgänge werden von der Zeitschaltung gesteuert. Es ist dieses Rücksetzen des Integrators nach jedem Raster, wodurch das CCW-Filter Klingeln (Störungen zwischen den Zeichen) vermeidet, das anderen Schmalbandfiltern gemeinsam ist. Dies ist nur dadurch möglich, daß das CCW-Filter "weiß", wann jedes Raster beginnt und endet. Hier wird die Zeitdisziplin des gesendeten Signals vorteilhaft zur Rückgewinnung der Zeichen beim Empfang ausgenutzt.

Ausgangsmischer

Der letzte Block jedes Filterkanals ähnelt sehr dem ersten: er funktioniert als Amplitudenmodulator, der die gespeicherte Spannung benutzt, um die Amplitude eines Mithörtons zu steuern. Der Zweck dieses Mischers ist es also, einen Ton zu erzeugen, den der menschliche Operator hören kann.

Warum zwei Kanäle?

Wenn das ankommende Signal in Phase ist mit der Referenz-Mittenfrequenz, dann ist die Mischer-Ausgangsspannung stets positiv. Der anschließende Integrator sieht eine positive Gleichspannung. Wenn das Signal nicht mit der Referenz in Phase ist, dann ist die Mischer-Ausgangsspannung stets negativ und der Integrator sieht eine negative Gleichspannung. Die positive oder negative Gleichspannung lädt den Integrationskondensator, die Abtast-und-Halte-Schaltung "merkt" sich die Ladung während des nächsten Rasters, und der Ausgangsmischer erzeugt einen Mithörton, dessen Amplitude proportional der Spannung am Speicherkondensator ist. Wenn jedoch das Eingangssignal um 90° gegenüber dem Referenzsignal phasenverschoben ist, wird der Mischer während eines gegebenen Eingangszyklus abwechselnd positive und negative Spannung abgeben. Der Integrator bildet daraus den Mittelwert null, womit dieser Kanal kein Ausgangssignal abgibt.

Die Situation ist jedoch für die beiden Kanäle unterschiedlich, weil der Eingangsmischer von Kanal A mit einer Referenzfrequenz betrieben wird, die zu derjenigen für Kanal B um 90° phasenverschoben ist. Wenn somit ein Signal für Kanal A 90° Phasenverschiebung hat, ist es für Kanal B gerade in Phase (beziehungsweise 180° phasenverschoben). Unabhängig von der Phasenbeziehung zwischen dem ankommenden und dem Referenzsignal ist das Produkt beider Kanäle stets das Nutzsignal.

Wenn man das Nutzsignal wie in Bild 3 als Vektor zeichnet, kann man sagen, daß Kanal B die X-Komponente, und Kanal A die Y-Komponente des Vektors verarbeitet. Nachdem die 2-Kanal-Ausgangsmischer ebenfalls mit um 90° phasenverschobenen Signalen angesteuert werden, addieren sich die Ausgangstöne vektoriell. Das Ergebnis ist ein kombinierter Ausgangston, dessen Amplitude diejenige des Nutzsignals wiedergibt, und zwar unabhängig von dessen Phasenlage. Darüberhinaus entspricht die Phasenlage des Ausgangstones derjenigen des Nutzsignals.

Bild 3
Bild 3: Das Nutzsignal als Vektor.

Die theoretische Wiedergabe-Kurve des Filters kann man entwickeln; wir wollen hier jedoch nicht in die mathematischen Details einsteigen - außer der Feststellung, daß es sich um einen Amplitudengang nach der Funktion sin x/x handelt. Bild 4 zeigt eine solche Kurve für eine Rasterlänge von 100 ms. Dabei treten 10 Hz über und unter der Mittenfrequenz Nullstellen auf, die minus 3-dB-Punkte der Kurve haben einen Abstand von 9 MHz, und die minus 6-dB-Punkte von 12 Hz.

Bild 4
Bild 4: Amplituden-Frequenzgang eines 10-Hz-CCW-Filters.

Bild 5 vergleicht dieses CCW-Filter mit einem gewöhnlichen 500-Hz-Telegrafiefilter und einem 2700-Hz-SSB-Filter. In diesem Maßstab ist es unpraktisch, die vielen periodisch wiederkehrenden Nullstellen und die dazwischen liegenden Dämpfungsminima des CCW-Filters darzustellen; stattdessen ist die Hüllkurve des Hauptdurchlaßbereiches eingezeichnet.

Bild 5
Bild 5: Vergleich von 3 Filtern.
Äußerste Kurve: Typisches 2700-Hz-SSB-Filter Mittlere Kurve: Typisches 500-Hz-Telegrafiefilter
Innere Kurve: Ein CCW-Filter für 10 Baud, Bandbreite = 10 Hz.

Was bringt diese Technik?

Eine Möglichkeit, CCW mit der gewöhnlichen Telegrafie-Übertragung zu vergleichen, besteht darin, die Rauschbandbreite der Filter zu betrachten. Darunter versteht man die Bandbreite eines Filters mit ideal rechteckförmiger Durchlaßkurve, das ebensoviel Rauschen durchläßt wie das betrachtete Filter. Bei CCW mit 100 ms Rasterlänge beträgt die Rauschbandbreite des Filters 10 Hz. Daraus ergibt sich eine Überlegenheit von etwa 17 dB über ein 500-Hz-Telegrafiefilter, und von rund 24 dB gegenüber einem 2,3-kHz-Filter. Solche Abschätzungen sind hinreichend genau, solange es sich um Rauschen handelt; in Gegenwart von QRM (diskreten Störsignalen) dagegen leistet CCW wahrscheinlich noch mehr.

Ich habe ein CCW-System mit 100-ms-Raster bei Bodenwellen-Verbindungen benutzt, die durch natürliches Rauschen gestört waren, und die Sendeleistung einem bestimmten Wert für die Verständlichkeit angepaßt. Dabei habe ich eine Verbesserung von ungefähr 16 dB gegenüber einem 470-Hz-Quarzfilter gemessen - was dem aus der Theorie zu erwartenden Wert nahe kommt.

Engt man die CCW-Bandbreite weiter ein, indem man längere Rasterzeiten benutzt, so erhält man eine weitere Verbesserung des Signal-Rausch-Abstands auf Kosten einer geringeren Informations-Übertragungsgeschwindigkeit. Eine Integrationszeit von 0,1 s ergibt etwa 24 dB Verbesserung gegenüber einem 2,3=kHz-Quarfilter; eine 1-s-Integrationsperiode (1,2 W./Min.) bringt 34 dB, und eine 10-s-Periode (0,12 W./Min.) schließlich etwa 44 dB. Diese Übertragungsgeschwindigkeiten sind niedrig, aber die Verbesserungsmöglichkeiten bei Funkverbindungen mit kleiner Leistung sind recht faszinierend.

Die Verbesserung, die man durch CCW mit langen Rasterzeiten erreichen kann, wird in der Praxis durch vom Ausbreitungsmedium verursachte Phasenmodulation begrenzt. Bei 14-MHz-Verbindungen zwischen Japan und Kalifornien produzieren Bewegungen in der F-Schicht typischerweise 2 b?s 3 H7. Phasen-(oder Frequenz-) Modulation. Dieser Wert kann bei geomagnetischer Unruhe auch noch größer werden. Wenn die Filterbandbreite so schmal wird, daß diese Modulation sie übersteigt, ist eine weitere Verbesserung des Signal-Rausch-Abstandes durch Bandbreiten-Verringerung nicht mehr möglich.

In der Untersuchung der Filter-Wirksamkeit sagt die Rauschbandbreite nicht alles aus; es gibt auch psychologische Aspekte. So ist das menschliche Ohr frequenzempfindlich, und das menschliche Gehirn kann sich auf bestimmte Telegrafie-Frequenzen fokussieren und Rauschen und Störungen ausblenden. Geübte Telegrafisten benutzen diese Fähigkeit weitgehend. Meine Beobachtungen haben mich zu der Überzeugung geführt, daß diese Fähigkeit wenigstens 6 dB wert ist, wenn ein 2,3-kHz-Filter benutzt wird. QRM dagegen wirkt stets verwirrend und verursacht deswegen eine stärkere Verschlechterung der Verständlichkeit als eine gleichstarke Rauschleistung. Diese psychologischen Faktoren lassen sich kaum in Zahlenwerten ausdrücken, sie reduzieren aber vermutlich den Vorteil von CCW über gewöhnliche Telegrafie.

Bild 6 zeigt die Resultate von Vergleichen zwischen Telegrafie und kohärenter Telegrafie, die 1975 bei Funkverbindungen gemacht wurden. Auf der Sendeseite arbeitete JR1ZZR mit Leistungen von 10 W, 1 W beziehungsweise 0,1 W an einerλ/4-Groundplane-Antenne auf einem 4 Stockwerke hohen Gebäude. Die Verbindung fand auf 14 049 000 Hz in kohärenter Telegrafie statt, und auf der Empfangsseite bei W6BB war eine 3-Element-Richtantenne eingesetzt. Die CCW-Signale wurden gleichzeitig als CW (gewöhnliche Telegrafie) und CCW empfangen und auf den beiden Spuren eines Stereo-Kassetten-Recorders aufgezeichnet. Aus dieser Aufzeichnung wählten wir Teile aus und spielten sie vier mittelmäßig geübten Telegrafisten vor. Der durchschnittliche Anteil richtig verstandener Wörter ist in dem Diagramm wiedergegeben. Der Inhalt der Sendungen stammte aus Funkzeitschriften.

Bild 6
Bild 6: Mittelwerte der Wortverständlichkeit bei der Aufnahme von gleichzeitig gesendeten CWund CCW-Signalen durch vier Funker; sendeseitig wurden 3 verschiedene Leistungen eingesetzt.

Eine Extrapolation dieser Daten deutet darauf hin, daß ein CW-Signal von etwa 25 W einem 0,1-W-CCW-Signal gleichwertig ist, was die Verständlichkeit betrifft. Die Effektivität einer Funkverbindung kann unter diesen Umständen also um rund 24 dB gesteigert werden, wenn man statt Telegrafie die kohärente Telegrafie anwendet.

Abschließende Bemerkungen

Die CCW-Technik sieht vielversprechend aus, vor allem dort, wo schwache Signale im Rauschen und QRM unterzugehen drohen. Bei hoher Dämpfung und QRN (Gewitterstörungen), wie sie häufig auf dem 80-m- oder 160-m-Band anzutreffen sind, würde die zusätzliche Selektivität der CCW-Technik sicherlich hilfreich sein; wir haben hierfür jedoch keine Daten.

Auch für Erde-Mond-Erde (EME)-Verbindungen müßte sich CCW einsetzen lassen, doch wird hier die Sache komplizierter, weil die Relativbewegungen zwischen Erde und Mond Doppler-Verschiebungen der Frequenz hervorrufen. Möglicherweise benötigt man einen Rechner der einem sagt, mit welcher Frequenz die Signale zurückkommen müßten.

Darüber hinaus ist es sicherlich schwieriger, bei den für EME benutzten Frequenzen (144 MHz, 432 MHz und höher) die erforderliche Frequenzstabilität und -Genauigkeit zu erreichen.

Einige der einfachsten Funkgeräte sind am leichtesten auf CCW-Betrieb umzubauen. Um jedoch den ganzen möglichen Vorteil von kohärenter Telegrafie zu erreichen, sollte ein hochwertiger Empfänger eingesetzt werden. In Teil 2 werde ich die Ausrüstung und Methoden für CCW-Communication beschreiben.

Literatur

  1. Petit, R., W7GHM: Coherent CW: Amateur Radio's New State of the Art?, QST, Vol. 59 (1975) September
  2. Weiss: Coherent CW - The CW of the Future, CQ 1977, Juni und Juli
  3. CCW News Letter (CCWN), herausgegeben von R. Petit, W7GHM, 2301 Oak St., Berkeley, CA 94708, seit 1975.
    Der Inhalt der Jahrgänge 75 und 76 ist in dem Weiss-Artikel (2) verarbeitet; die Jahrgänge 77 und 78 sind im vorliegenden Artikel verarbeitet. Weitere CCWNewsletter sind nicht geplant, jedoch will Ray Petit ein Buch über CCW herausbringen.
  4. Ruschmann, J., DJ7PO: Coherent-CW, CQ-DL 1978, September, Seite 409-411 Sowie ein Leserbrief zu diesem Artikel von Ulf-Dietmar Ernst, DK9KR, in: CQ-DL 1979, Januar, Seite 39

Teil 1 - Teil 2

W6NEY, Charles Woodson.