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Fußangeln bei Rauschzahl-Messungen

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G3YGF untersuchte im Jahr 1981 fast alle in England erhältlichen 2-m-Vorverstärker hinsichtlich Rauschzahl, Verstärkung, Selektion, Großsignalverhalten und Anpassung mit Hilfe professioneller Meßgeräte. Die Ergebnisse wurden unter dem Titel "The effects of preamplifiers an receiver performance, and a review of some currently available 144 MHz preamplifiers" in Radio Communication (Nov. und Dez. 1981) veröffentlicht. Anfragen und Diskussionen waren der Anlaß, die bei den Rauschzahl-Messungen gemachten Erfahrungen einmal schriftlich zusammenzustellen und auch den UKW-Berichte anzubieten. Die Übersetzung und Bearbeitung besorgte DL3WR.

Es ist leider nicht so, daß ein teures Meßgerät automatisch richtige Meßergebnisse liefert - es gibt viele Fußangeln. Noch mehr müssen Benutzer selbst gebauter Rauschmeßgeräte auf alle Meßfehlerquellen achten. In diesem Sinn ergänzt dieser Artikel die Beschreibung eines SelbstbauRauschmeßgeräts.

1. Meßaufbau

Die Rauschzahl von Vorverstärkern oder Konvertern wird heute üblicherweise mit einem automatischen Rauschzahl-Meßgerät in Verbindung mit einer geeichten Breitband-Rauschquelle gemessen. Führend sind die Geräte von HP und AIL; letzterer nennt sein Gerät Precision Automatic Noise Figure Indicator (PANFI) - und so wollen wir es in diesem Artikel auch nennen. Ältere Ausführungen des PANFI haben nur eine einzige Eingangsfrequenz, nämlich 30 MHz, so daß bei vielen Rauschzahlmessungen noch ein oder sogar mehrere Konverter zwischengeschaltet werden müssen. Eine derartige Meßanordnung zeigt Bild 1.

Bild 1
Bild 1: Die meisten Meßaufbauten für Rauschzahlen enthalten mehrere Verstärker und Mischer vor dem "Precision Automatic Noise-Figure Indicator" PANFI.

2. Fehlerquellen

Nicht reproduzierbare, irreführende oder falsche Meßwerte können aus folgenden Gründen auftreten:

2.1.

Die HF-Quellimpedanz (das SWV) der Rauschquelle kann sich zwischen eingeschaltetem und ausgeschaltetem Zustand ändern, so daß sich die Ausgangsrauschleistung des zu messenden Verstärkers ebenfalls ändert, und zwar unabhängig von der Rauschleistung der Rauschquelle.

Diese Fehlerquelle kann man durch ein Dämpfungsglied zwischen Rauschquelle und Meßobjekt vermeiden; ein Wert von 10 bis 15 dB sollte genügen. Der Rauschzahl-Meßwert muß natürlich durch Abzug des Dämpfungswertes korrigiert werden. Dazu muß man die Dämpfung sehr genau kennen und das Dämpfungsglied muß ein Stehwellenverhältnis von 1,05 : 1 zeigen. Wenn man beim Messen mit und ohne Dämpfungsglied unterschiedliche Resultate erhält, deutet dies auf ein schwankendes SWV der Rauschquelle; die Meßwerte mit Dämpfungsglied dürften die genaueren sein.

2.2.

Der ENR-Wert selbst professioneller Rauschquellen kann schon von seinen Spezifikationen her eine größere Toleranz aufweisen - typisch sind 0,1 bis 0,5 dB. Diese Unsicherheit begrenzt die Gesamt-Meßgenauigkeit des Systems und man muß mit ihr leben, es sei denn, man hätte einen der neuesten, computer-korrigierten Meßautomaten. Wenn - wie oben angeregt - ein Dämpfungsglied an der Rauschquelle benutzt wird, muß dessen Toleranz des Dämpfungswertes zur Toleranz des ENR-Wertes addiert werden.

2.3.

Der Rauschbeitrag der zweiten und eventuell auch noch der folgenden Stufen muß einkalkuliert werden. Dazu müssen die System-Rauschzahl am Eingang der zweiten Stufe und die Verstärkung der ersten Stufe bekannt sein. Diese Rauschzahl sollte einigermaßen niedrig sein - vielleicht 3 bis 5 dB, und die Eingangsanpassung muß ordentlich sein, damit im Meßobjekt keine Unstabilitäten angeregt werden. Zwischen manchen Geräten können Dämpfungsglieder mit Werten zwischen 3 und 10 dB erforderlich sein, um sie zahm zu halten. Man sollte auch daran denken, daß die tatsächliche Rauschzahl der zweiten Stufe bedeutend höher als die im 50-Ω-System gemessene sein kann, wenn die Ausgangs-Impedanz der ersten Stufe nicht 50 Ω reell ist.

2.4.

Jeder beliebige der eingesetzten Vorverstärker oder Konverter kann unstabil sein oder mit einer Frequenz schwingen, die nichts mit dem Frequenzband zu tun hat, für das sie gebaut wurden. GaAs-FETs und auch bipolare Transistoren können in VHF/UHF-Schaltungen wilde Schwingungen bei vielen GHz abgeben. Wenn man nicht zur Überprüfung einen Spektrum-Analysator oder wenigstens einen Detektor zur Verfügung hat, der sozusagen zwischen Gleichstrom und Lichtfrequenz alles anzeigt, dann sind Hysteresis-Erscheinungen, Schwankungen in den Gleichströmen oder bei der Rauschzahl sichere Anzeichen für Probleme. Man provoziert diese unerwünschten Erscheinungen durch probeweises Berühren verschiedener Schaltungsteile.

2.5.

Die Gesamtverstärkung des Meßaufbaus kann so hoch sein, daß eine oder sogar mehrere Stufen am Ende der Kette durch das Rauschen in den nichtlinearen Bereich oder in die Sättigung ausgesteuert werden. Man sollte daran denken, daß man mit Bandbreiten von vielleicht 10 MHz oder noch mehr arbeitet - die Breitband-Rauschleistung nimmt also schnell erhebliche Werte an.

Nachdem Kleinsignal-Verstärker oft schon bei einer Eingangsleistung von -20 oder -30 dBm nichtlinear werden, und andererseits das thermische Rauschen bei 1 MHz Bandbreite bei -110 dBm liegt, bleibt nur ein verhältnismäßig kleiner Verstärkungsbereich übrig, in welchem das Meßsystem zuverlässig arbeitet. Die Gesamtverstärkung sollte gerade so hoch sein, daß der Rauschpegel bei abgeschalteter Rauschquelle etwa 20 dB über der Schwelle liegt, bei der die automatische Verstärkungsregelung des Rauschzahlmeßgeräts zu arbeiten beginnt. Das ist beim PANFI bei - 70 dBm der Fall, so daß die Verstärkung vom Eingang des Meßobjekts bis zum Eingang des PANFI etwa 60 dB betragen darf. (Anmerkung der Redaktion: Auch die kurzzeitigen Spitzenwerte der Rauschleistung, die weit über dem ENR-Wert liegen, dürfen kein Glied der Verstärkerkette in den nichtlinearen Bereich aussteuern. Als linearen Arbeitsbereich benötigt man deshalb wenigstens den ENR-Wert mit einem Zuschlag von etwa 20 dB).

Überschüssige Verstärkung sollte man lieber durch Herausnehmen von Verstärkern als durch Einsatz von Dämpfungsgliedern reduzieren. Es ist keine gute Technik, einfach eine Auswahl von Verstärkern und Konvertern hintereinander zu schalten und dann das Beste zu hoffen!

2.6.

Die vom PANFI angezeigte Rauschzahl wird durch starke lokale Aussendungen auf irgendeiner der benutzten Zwischenfrequenzen, ihrer Spiegelfrequenzen und auf Nebenempfangsstellen verändert. Nachdem der PANFI eine Bandbreite von 5 bis 10 MHz hat und die meisten Konverter Bandbreiten in der Größenordnung von 1 bis 10 MHz aufweisen, sind Störungen aus einem sehr großen Frequenzbereich möglich. Besonders "beliebt" als Störquellen sind die Oszillatoraufbereitungen anderer Konverter, die darauf warten gemessen zu werden ! Man benötigt schon einen Spektrum-Analysator mit einer Auflösung von nur wenigen kHz, um zu kontrollieren, ob die Zwischenfrequenz frei von anderen Signalen ist. Diese notwendige Überprüfung wäre erheblich leichter durchzuführen, wenn man eine ZF-Bandbreite von nur einigen kHz benutzen würde, weil man die benutzte Frequenz dann gehörmäßig überwachen könnte.

Besonders empfindlich gegenüber Störaussendungen ist das Meßsystem bei der Eingangsfrequenz des Meßobjekts, weil hier die Signalpegel in der Nähe der thermischen Rauschleistung liegen. Jedes ungewollt aufgefangene Signal muß etwa 20 dB unter dem thermischen Rauschpegel liegen, um die Messung nicht zu verfälschen. Mit den meisten Empfängern kann man aber leider eine überraschend große Zahl lokaler Signale hören, ohne daß eine Antenne angeschlossen ist. Durch den Vergleich zweier Messungen bei geringfügig unterschiedlichen Frequenzen innerhalb der Bandbreite des Systems kann man solche Probleme durch unerwartete Differenzen aufdecken.

2.7.

Beim Fehlen von Filtern kann der Mischer auch mit Harmonischen der Oszillatoraufbereitung mischen. Diese Möglichkeit wird durch die harmonische Frequenzlage vieler Amateurbänder, und ihre Benutzung als Zwischenfrequenzen, noch verschlimmert.

Die hervorragenden Eigenschaften von Ringmischern werden oft nicht erreicht, weil nicht alle Anschlüsse für alle vorkommenden Frequenzen mit 50 Ω reell abgeschlossen sind. Solch korrekter Abschluß ist nur in den seltensten Fällen zu finden.

Tatsächlich findet man in der Praxis einige Konverter mit recht seltsamen Nebenempfangsstellen. So zum Beispiel gibt es 432/144-MHz-Konverter mit einem Nebenempfangsbereich, der nur 13 dB schwächer als der Nutzfrequenzbereich ist!

Dies wird durch die Injektionsfrequenz von 288 MHz verursacht, deren 2. Harmonische sich ebenfalls mit dem Signal mischt: 432 - 288 = 144; 576 - 432 = 144!

2.8.

Der einzelne Mischer, aber auch einige der getesteten Konverter, sind im Spiegelfrequenzbereich ebenso empfindlich wie im Nutzfrequenzbereich. Nachdem die Rauschquelle ein Breitband-Rauschen abgibt, mißt man also eine Rauschzahl, die irgendwo zwischen dem Einseitenband- und dem Zweiseitenband-Wert liegt - je nach eventueller Filteranordnung. Es ist demnach unbedingt erforderlich, die verschiedenen Nutzfrequenzbereiche durch konsequentes Anordnen wirksamer Bandfilter in der gesamten Meßanordnung zu definieren.

2.9.

Die meisten Konverter geben an Ein- und Ausgangsbuchse beachtliche Störleistungen ,(Größenordnung - 20 dBm) ihrer Oszillatoraufbereitungen ab. Gelangt auch nur eine dieser Störlinien vom Konverterausgang in einen breitbandigen ZF-Vorverstärker, so kann sie dort Übersteuerungseffekte hervorrufen und die Verstärkung für die Rauschsignale herabsetzen. Ist der Eingang oder der Ausgang eines Konverters mit einem Breitband-Mischer verbunden, so treten ein oder sogar mehrere Störsignale in Konkurrenz zum echten Injektionssignal und es werden alle Arten von Nebenempfangsprodukten und -Effekten möglich.

3. Diskussion

Die Hauptursache für Schwierigkeiten ist die Tatsache, daß die vorkommenden Pegel und Frequenzen ziemlich unsicher sind, wenn man einen Meßplatz für eine spezielle Gelegenheit (VHF/UHF-Treffen !) mit wenig vertrauten Komponenten in einer unbekannten HF-Umgebung aufbaut. Das Verhalten der Meßobjekte hinsichtlich Stabilität, Verstärkung, Frequenzgang/Nebenempfangsstellen/ Störlinien beschert einem weitere unbekannte Variable.

Probleme damit kann man vermeiden, wenn man sich mit einigen zusätzlichen Meßhilfsmitteln ausrüstet.

3.1.

Mit einem Spektrum-Analysator kann man die Signalpegel und die vorkommenden Frequenzen an den verschiedenen Stufen der Kette untersuchen und ein eventuelles Auftreten von Unstabilität und/oder eindringende HF-Signale entdecken. Zumindest sollte man irgendeine Art von Breitband-Detektor zum Auffinden von Störfrequenzen haben.

3.2.

Verstärkungen und Frequenzgänge kann man mit einem Netzwerk-Analysator oder mit Hilfe von Meßsender und Leistungsmesser messen.

3.3.

Wirksames Filtern ist unabdingbar, um Probleme mit Übersteuerung und Nebenempfangsstellen zu vermeiden; ein ordentliches Bandfilter ist zwischen jedem Mischer und dem nachfolgenden (Vor-) Verstärker erforderlich, und ein weiteres Filter am Mischer-Eingang um die Spiegelfrequenz zu dämpfen.

3.4.

Schwankende Meßwerte am PANFI deuten auf HF-Einstrahlung oder Instabilität hin. Manchmal hängen sie mit Bewegungen von Menschen oder Geräten zusammen, indem die HF-Einstrahlung geändert wird. Dauerhafte Abhilfe kann man nur durch konsequentes Abschirmen aller Geräte oder durch Abschalten störender Signalquellen erreichen.

3.5.

Eine Übersteuerung von Verstärkern zeigt sich durch ein starkes Ansteigen der gemessenen Rauschzahl, wenn beispielsweise ein Vorverstärker vor einen Konverter, oder ein weiterer Vorverstärker vor das existierende System geschaltet wird.

3.6.

Störsignale im Nutzfrequenzbereich erkennt man daran, daß die gemessene Rauschzahl außerordentlich stark variiert, wenn man die Frequenz eines Überlagerungsoszillators oder die Zwischenfrequenz des PANFI geringfügig verändert. Oszillator-Oberwellen höherer Ordnung können über das ganze ZFBand wandern, wenn man die Grundwelle nur ein paar hundert kHz variiert. Wenn alles korrekt arbeitet, sollten die Rauschzahl-Meßwerte sich über die Bandbreite der ZF - auch wenn dies mehrere MHz sind - nicht nennenswert ändern.

4. Schlußfolgerungen

Es wird empfohlen, für jedes benötigte Frequenzband einen eigens dafür gebauten Konverter einzusetzen, um so die mit Breitbandmischern auftretenden Probleme zu vermeiden. Sogar dann noch sollte in jedem Konverter auf ausreichende Selektion vor und hinter jedem Mischer geachtet werden; sie kann jeweils gleich eingebaut, oder in Form externer Filter hinzugefügt werden. Einen derartigen Aufbau zeigt Bild 2 für die Messung bei 1296 MHz, und Bild 3 für 144-MHz-Messungen.

Bild 2
Bild 2: Aufbau für Rauschzahl-Messungen im 23-cm-Band mit den benötigten Bandfiltern, mit typischen Verstärkungswerten und günstigen Pegeln.

Bild 3
Bild 3: Aufbau für Rauschzahl-Messungen im 2-m-Band; die angeschriebenen Pegel gelten für 1 MHz ZF-Bandbreite.

Es wurde bereits erwähnt, daß der PANFI einen Eingangspegel von mindestens - 70 dBm benötigt (Einsatz der AGC), und einen maximalen Pegel von ungefähr 0 dBm verträgt. Die Verstärker/Konverter-Kette sollte einen Rauschpegel abgeben, der nicht wesentlich mehr als 10 bis 20 dB über dieser AGCSchwelle liegt, wenn die Rauschquelle ausgeschaltet ist. Somit verbleiben maximal 50 bis 60 dB Aussteuerbereich für den ENRWert (der je nach Dämpfungsglied bei 5 bis ca. 15 dB liegt) und für die Spitzenwerte der Rauschleistung.

Wirklich vertrauen kann man Rauschmeßwerten nur dann, wenn die erwähnten Überprüfungen zufriedenstellend verlaufen sind und der Meßaufbau gleichbleibend reproduzierbare Resultate mit einer Anzahl verschiedener Vorverstärker liefert. Jedes unübliche oder unerwartete Verhalten sollte den die Messung Ausführenden sehr mißtrauisch machen und zu gründlichen, systematischen Untersuchungen veranlassen.

G3YGF, Julian Gannaway und G4FZZ, D. Holmes.