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Smith-Diagramm Handhabung und Anwendung

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In der HF-Technik stellt man Wirk- und Blindwiderstände häufig frequenzabhängig als sogenannte Ortskurve in einem Smith-Diagramm dar. Bild 1 zeigt dies am Beispiel eines HF-Transistors (TDA1087), Bild 2 am Beispiel einer 2-m-Antenne (HB9CV). Wie ist das Diagramm zu lesen, was kann man vorteilhaft damit machen?

Bild 1
Bild 1: TDA 1087 - Eingangswiderstands-Ortskurve im Smith-Diagramm.

Bild 2
Bild 2: Fußpunktwiderstands-Ortskurve einer HB9CV-Antenne für das 2-m-Band.

Jeder Elektrotechniker weiß, daß man die Reihenschaltung aus Wirk- und Blindwiderstand grafisch durch zwei zueinander senkrecht stehende Pfeile darstellen kann (Bild 3). Will man die Darstellung "mathematisch exakter" fassen, legt man die beiden Pfeile in ein Achsenkreuz, bei dem Wirkwiderstände nach rechts, Blindwiderstände in vertikaler Richtung aufgetragen werden. Ein Pfeil nach oben (positives Vorzeichen) bedeutet "induktiver Blindwiderstand", ein Pfeil nach unten (negatives Vorzeichen) bedeutet "kapazitiver Blindwiderstand", Bild 4.

Bild 3
Bild 3: Wirk- und Blindwiderstand.

Bild 4
Bild 4: Wirk- und Blindwiderstände im Koordinatensystem.

Diese sogenannte Widerstandsebene hat den Nachteil, daß sie zur Darstellung sämtlicher möglicher Widerstände, also auch des Falls "Leerlauf" entsprechend ,Widerstand unendlich", unendlich ausgedehnt sein muß. Man hilft sich nun damit, daß man die senkrechten Koordinaten der Widerstandsebene (Bild 5, links) zu Kreisen "biegt". Es ist klar, daß dann die vertikale Achse den äußersten Kreis bilden muß (Bild 5, mitte) und daß die Blindwiderstände +∞ und -∞ ins "Endliche" hereingeholt werden. Dies ist dort, wo der äußerste Kreis (Bild 5, rechts) die waagerechte Achse schneidet. Das hat natürlich die Konsequenz, daß die Wirkwiderstandsachse nicht mehr linear geteilt wird. Auch bei ihr rückt der Widerstand ins Endliche und trifft sich rechts mit den anderen beiden Unendlich-Punkten.

Bild 5
Bild 5: Übergang vom rechtwinkligen Koordinatensystem zum Smith-Diagramm.

Auch die waagerechten Koordinaten werden bei diesem Biegen nicht "verschont". Sie werden zu Kreisausschnitten, die mit zunehmend induktivem oder kapazitivem Blindwiderstand immer kürzer werden, und immer mehr zum Unendlich-Punkt verschoben sind. Das gesamte rechtwinklige Koordinatennetz der Widerstandsebene mit seinen geradlinigen Koordinaten wird somit in ein krummliniges Koordinatennetz übergeführt, das das Innere eines Kreises ausfüllt. Lediglich die rechten Winkel (Schnittpunkte der ehemals waagerechten und senkrechten Koordinaten) bleiben bei diesem Biegeprozeß erhalten (die Winkel bleiben "in Form"="konforme Abbildung").

Es ist zweckmäßig, das Eintragen von Wirk- und Blindwiderständen in das krummlinige System des "Smith-Diagramms" erst einmal in der linken Hälfte des Kreises zu üben, bevor man sich in das Gebiet wagt, in dem die ehemals senkrechten Koordinaten in die Waagerechte übergehen und schließlich die Richtung umkehren bzw. wo die ehemals waagerechten Koordinaten ihre Richtung umkehren. Im Bild 6, a bis d, sind einige Punkte, W1, W2, W3 und W4 dargestellt: die zugehörigen Blind- und Wirkanteile müssen aus den krummlinigen Koordinaten gelesen werden. W4 hat einen extrem großen Blindanteil, so daß der Punkt den Scheitel des Kreises überschritten hat. In diesem Gebiet wird das Eintragen und Herauslesen komplizierter. Vor allem drängen sich im Gebiet nahe "Unendlich" die Koordinaten, so daß nur noch wenige eingetragen sind. Zwischenwerte müssen durch Interpolieren entnommen bzw. eingetragen werden.

Bild 6
Bild 6a: Reihenschaltung aus Wirk- und Blindanteil: Wirkanteil = 0,5; Blindanteil = 1,0 "+" bedeutet "induktiv".

Bild 6b
Bild 6b: Reihenschaltung: Wirkanteil = 0,5; Blindanteil = -1 "-" bedeutet "kapazitiv".

Bild 6c
Bild 6c: Reihenschaltung: Wirkanteil = 1,0; Blindanteil = +0,5.

Bild 6d
Bild 6d: Reihenschaltung: Wirkanteil = 0,5; Blindanteil = +2.

Wenn man die Bilder 6 a bis d, wie auch 1 und 2 betrachtet, könnte man meinen, daß nur Widerstände der Größenordnung 0,1 Ω bis etwa 2 Ω für das Diagramm geeignet wären. Dies ist aber nicht der Fall, denn in das Diagramm werden in Wirklichkeit nur normierte Werte eingetragen. Durch das Normieren kann daher ein und dasselbe Diagramm universell verwendet werden!

An einem Beispiel soll das Normieren gezeigt werden: eine Reihenschaltung aus einem Wirkwiderstand 20 Ω und einem Blindwiderstand 40 Ω soll in das Diagramm eingetragen werden. Würde man das Normieren nicht anwenden, müßte man den Wert 20 bzw. 40 jeweils fast im Punkt ∞ einbringen, ein sinnloses Unterfangen wegen der Ungenauigkeit! Normieren jedoch bedeutet, die gegebenen Widerstandswerte durch einen geeigneten sogenannten Normierungswiderstand ZN zu teilen. Wir wählen ZN = 50 Ω. Damit ergibt sich: normierter Wirkanteil: 20 Ω/50 Ω = 0,4; normierter Blindanteil: 40 Ω/50 Ω = 0,8. Man trägt nun die normierten Werte 0,4 und 0,8 in das Diagramm (Bild 7) ein und findet, daß der sich ergebende Punkt W5 recht günstig liegt. Wie man sieht, hat sich bei den normierten Werten die Einheit herausgekürzt. 0,4 und 0,8 in dem Beispiel sind zwar Zahlenwerte vom Typ eines Widerstands, jedoch mit der Einheit 1.

Bild 7
Bild 7: Wirkwiderstand = 20 Ω; Blindwiderstand = 40 Ω
Normiert: Wirkanteil = 0,4 Blindanteil = 0,8 = W5.

Liest man derartige Zahlenwerte aus dem Diagramm heraus, muß man wissen, mit welchem Normierungswiderstand sie vor dem Eintragen normiert worden sind. Wieder ein Beispiel: In Bild 8 ist ein Punkt W6 angegeben, der sich auf der Wirkwiderstandskoordinate 0,2 und der Blindwiderstandskoordinate 1,2 befindet. Da bei dem Diagramm vermerkt ist: "ZN = 50 Ω", weiß man, daß die herausgelesenen Werte mit 50 Ω normierte Werte sind. Will man nun die tatsächlichen Widerstandswerte wissen, muß man die aus dem Diagramm entnommenen Werte ent-normieren. Dies geht ganz einfach so, daß man mit dem Normierungswiderstand multipliziert: dann wird der tatsächliche Wirkwiderstand R = 0,2 × 50 Ω = 10 Ω, der tatsächliche Blindwiderstand X = 1,2 × 50 Ω = 60 Ω. Zugleich bekommt der Wert wieder seine Einheit "Ω".

Bild 8
Bild 8: W6 ist normiert: Wirkanteil = 0,2 Blindanteil = 1,2
Nach Entnormieren: Wirkwiderstand = 10 Ω Blindwiderstand = 60 Ω.

Im Prinzip ist man in der Wahl des Normierungswiderstands zwar frei; in der Praxis hat man es jedoch mit Wirk- und Blindwiderständen zu tun, die z.B. als Last an einem Generator oder Verstärker mit einem bestimmten Innenwiderstand R, angeschlossen werden, oder man hat eine Sende-Antenne, deren Fußpunktwiderstand (Fußpunkt-"Impedanz") an das Antennenkabel ganz bestimmten Wellenwiderstands Z angeschlossen wird. Will man den Vorteil des Diagramms, nämlich die Angabe des Reflexionsfaktors, den der betreffende Lastwiderstand oder Antennenwiderstand in bezug auf R, oder Z hat, aus dem Diagramm entnehmen, so muß dieses auf den Innenwiderstand der Quelle, also entweder R, des Generators oder Z der Leitung normiert werden. Da R, wie auch Z gewöhnlich 50 Ω sind, ist es üblich, als Normierungswiderstand 50 Ωzu wählen. Dies gilt auch für die Bilder 1 und 2. Bei Bild 1 wurde vom Hersteller "Zo = 50 Ω" angegeben. Dieses Zo hat die Bedeutung des Normierungswiderstands, der in diesem Aufsatz mit "ZN" bezeichnet wurde. Grundsätzlich erfordert die Darstellung von Impedanzen im Smith-Diagramm die Angabe des verwendeten Normierungswiderstands!

Abschließend soll am Beispiel des HF-Transistors TDA1087 (Bild 1) nochmals das Herauslesen und Entnormieren gezeigt werden. Die Darstellung ist im Bild 9 wiederholt. Die Aufgabe möge lauten: Welchen Eingangswiderstand (Wirkanteil, Blindanteil) hat der Transistor bei 50 MHz und bei 300 MHz? Lösung: der Punkt für 50 MHz liegt auf der Ortskurve bei einem Wirkanteil "0,5" und einem Blindanteil von etwa "-2" (der Faktor "j" verdeutlicht nur, daß es sich nicht um einen Wirk-, sondern einen Blindanteil handelt.) Das Minuszeichen bedeutet, daß es sich um einen kapazitiven Blindanteil handelt. Entnormiert ergibt sich bei 50 MHz ein Wirkwiderstand R = 0,5 × 50 Ω = 25 Ω, ein Blindwiderstand XC = -2 × 50 Ω = -100 Ω, das "-" für "kapazitiv". Der Punkt für 300 MHz liegt auf der Ortskurve bei einem Wirkanteil von "0,25" (geschätzt) und einem Blindanteil von etwa "0,3". Entnormiert ergibt sich bei 300 MHz ein Wirkwiderstand R = 0,25 × 50 Ω = 12,5 Ω und ein Blindwiderstand XC = -0,3 × 50 Ω = -15 Ω.

Bild 9
Bild 9: Ermittlung des Transistor-Eingangswiderstandes nach Wirk- und Blindanteil bei 50 und 300 MHz.

Der Vorteil der Angabe des Reflexionsfaktors soll am Beispiel der Antenne gezeigt werden. Die Ortskurve des Fußpunktwiderstands der Antenne HB9CV des Bildes 2 ist in Bild 10 wiederholt. Das Diagramm ist auf 50 Ω normiert. Die Antenne soll an einem Kabel mit ebenfalls 50 Ω arbeiten, so daß ein Umnormieren der Ortskurve nicht erforderlich ist. Nun kann auf einfache Weise eingezeichnet werden, in welchem Bereich die Antenne in bezug auf die Antennenzuleitung einen bestimmten Reflexionsfaktorbetrag nicht überschreitet! Dies erfordert allerdings, trotz der vielen schon vorhandenen Kreise, eine weiteren Kreis!

Bild 10
Bild 10: Ortskurve einer AntennenFußpunktimpedanz; Reflexionsfaktor-Kreis |r| = 60%.

Der Reflexionsfaktorbetrag wird nämlich durch die Länge des Radius eines Kreises angegeben, dessen Mittelpunkt in der geometrischen Mitte des Diagramms liegt. Als Bezugswert gilt der Radius des Außenkreises, denn alle Widerstände, die auf dem Außenkreis des Diagramms liegen, haben in bezug auf den Normierungswiderstand den Reflexionsfaktor 100%. Will man also wissen, welcher Bereich der Ortskurve Widerstände enthält, did in bezug auf den Normierungswiderstand 50 Ω einen Reflexionsfaktor von z.B. maximal 60% haben, schlägt man einen Kreis um den Punkt 1 (Diagramm-Mitte) mit einem Radius, der 60% des Radius des Außenkreises beträgt. Alle Widerstände, die innerhalb dieses Reflexionsfaktorkreises liegen, haben in bezug auf den Normierungswiderstand, und damit in bezug auf den Wellenwiderstand des Sende-Kabels, einen Reflexionsfaktor von kleiner als 60%! Demnach ist die Antenne im Bereich von etwa 141 MHz bis 145 MHz mit einem Reflexionsfaktor von weniger als 60% an das Kabel angepaßt. Wen mehr das Stehwellenverhältnis interessiert: man liest VSWR am Schnittpunkt des betreffenden Reflexionsfaktorkreises mit der waagerechten Achse zwischen 1 und ∞ ab!

Ohne auf weitere Anwendungen hier eingegangen zu sein, wird man wohl behaupten dürfen, daß manche Diskussion über Reflexionsfaktor, Stehwellenverhältnis und Anpassung mit dem Smith-Diagramm ohne komplizierte "Komplexe Rechnung" rasch beendet sein kann!

DG7GK, Dipl.lng. Erich Stadler.