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Antennengewinn-Bestimmung; Was steckt eigentlich dahinter?

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In letzter Zeit wurden immer wieder Berichte über Antennenmessungen im Bereich des Amateurfunks veröffentlicht, die dem Leser den Eindruck hoher Genauigkeit vermitteln sollten. Es handelte sich dabei insbesondere um Gewinnbestimmungen an Kurzwellenantennen und um Modellmessungen an VHF- und UHF-Antennen, die auf wenige Zehntel, ja sogar Hundertstel dB vorgenommen wurden. Gleichzeitig führten Gewinnbestimmungen, die zur Bestätigung der Meßwerte mit Hilfe einer Faustformel zur groben Abschätzung des Gewinns, der sogenannten "Kraus-Formel", durchgeführt wurden, ebenfalls zu auf zwei Stellen hinter dem Komma genauen Ergebnissen. Dieser Umstand deutet darauf hin, daß über das Zustandekommen der Kraus-Formel große Unklarheit herrscht.

Um über die eigentliche Problematik der Gewinnmessungen und Gewinnbestimmung aufzuklären, entstand deshalb dieser Bericht. Gleichzeitig wird die Frage untersucht, ob hochgenaue Antennenmessungen überhaupt möglich und sinnvoll sind.

Bekanntlich können auf Kurzwelle allein durch unterschiedliche Ausbreitungsbedingungen und je nach Strahlungs-Charakteristik der, Antenne Unterschiede auftreten, die beim empfangenen Signal nicht selten bei mehr als 30 dB liegen. Wenn hochgenaue Antennenmessungen technisch möglich wären, dann müßte man sich aber aufgrund dieser Tatsache die Frage stellen, ob derart genaue Messungen denn überhaupt erforderlich sind. Will man dennoch zwei Kurzwellenantennen miteinander vergleichen, dann ist dies nicht einfach über die Ermittlung der Freiraum-Charakteristik möglich, da man nie sicher sein kann, welche Komponente der Antennencharakteristik für eine bestimmte Entfernung und Aufbauhöhe über dem Erdboden erfolgreich ist.

Bei Kurzwellenantennen wird die gesamte zugeführte Hochfrequenz-Energie abzüglich etwaiger Verluste in den Raum um die Antenne abgestrahlt. Daraus folgt, daß bei Ausbreitung über die Ionosphäre im Idealfall die gesamte abgestrahlte Energie die Ionosphäre erreicht und von dort zu einem bestimmten Punkt auf der Erde gelangen kann. Ganz entscheidend hängt es demnach von der Ionosphäre und vom Erdboden ab wie "gut" oder wie "schlecht" eine Antenne als Strahler wirkt.

Eine Kurzwellenantenne wird dadurch zu einem guten Strahler, daß man sie in die Höhe über dem Boden bringt, die dem Zustand der Ionosphäre entsprechend zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine bestimmte Distanz optimal ausfällt. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß man theoretisch zwei Antennen unterschiedlichen Freiraumgewinns derart montieren kann, daß sie am Empfangsort die gleiche Feldstärke erzeugen. Die Antenne mit dem höchsten Freiraumgewinn muß auf Kurzwelle nicht immer die erfolgreichere sein.

Dies gilt teilweise auch für VHF und UHF, je nachdem für welche Zwecke die Antenne benutzt werden soll (Meteor-Scatter: größerer Streubereich erfolgreich, EME: zu scharfe Bündelung problematisch bei der Nachführung).

Ein isotroper Strahler mit 0 dB; Gewinn, der in dem Freiraum zwischen Erde und Ionosphäre plaziert wird, verwandelt sich je nach Umfeld unter Umständen in eine Antenne mit hohem Gewinn, wenn die "Reflektoren" Erdboden und Ionosphäre entsprechend wirksam werden. Deshalb hat eine Gewinnbestimmung an Kurzwellen-Antennen mehr akademischen als praktischen Wert. Die ermittelten Werte werden zu sterilen Zahlenangaben, denen man nur mit äußerster Skepsis begegnen sollte, vor allem wenn der die Messungen Ausführende die Grundlagen der Antennenphysik nicht vollkommen beherrscht.

Bisher ist weder eine vollkommen exakte Berechnung, geschweige denn eine vollkommen exakte Messung des Gewinns von praktisch realisierbaren Antennen ausgeführt worden. Ein solches Unterfangen würde einen sehr großen mathematischen und meßtechnischen Aufwand erfordern. Aus diesem Grund ist man auf Verfahren mit mehr oder weniger großer Näherung angewiesen, die aber dann natürlich nicht mehr als hochgenau bezeichnet werden können. Wenn Berechnungsmethoden zu Unsicherheiten von mehreren Zehntel oder Hundertstel dB führen können, wie können dann Messungen derartig genau ausfallen?

Sofern genaue mathematische Berechnungsverfahren zur Anwendung kommen, werden diese mit Sicherheit die Genauigkeit der Meßverfahren weit in den Schatten stellen. Andererseits ist die mathematische Erfassung realer Strahlungsdiagramme wegen der vielen Unbekannten, wie Bodenleitfähigkeit und Dielektrizitätskonstante sowie Geländeverhältnisse nicht möglich. Es bleibt nur die Messung, um sich ein Bild von den tatsächlichen Verhältnissen machen zu können. Dabei geht es aber nicht etwa um Zehntel oder Hundertstel dB, vielmehr sind Genauigkeiten zwischen ± 2 dB und ± 5 dB ausreichend.

Als Meßfehler werden folgende CCIR-Richtwerte zugelassen:

10 kHz ... 300 MHz: ± 2 dB
300 MHz ... 3000 MHz: ± 3 dB
3GHz ... 30GHz: ±5dB

Diese Festlegung des internationalen beratenden Radio-Ausschusses spricht für sich. Man war sich der Schwierigkeiten bewußt, die höhere Genauigkeitsforderungen mit sich gebracht hätten.

Wenn nach einer Näherungsmethode der Gewinn einer Antenne aus der Hauptkeule der Strahlungs-Charakteristik (Halbwertsbreite der E- und H-Ebene) bestimmt werden soll, nimmt man bewußt Fehler in Kauf, so daß schon allein aus diesem Grund eine Angabe auf zwei Stellen hinter dem Komma völlig verfehlt ist. Prinzipiell ist ein Zusammenhang zwischen Gewinn und Halbwertsbreite ausschließlich auf Antennen beschränkt, die eine rotationssymmetrische Hauptkeule aufweisen oder bei denen die Abweichung von der Rotationssymmetrie noch klare Gesetzmäßigkeit aufweist. Aber auch dann ist es noch gewagt, den Gewinn nur aus der Hauptkeule allein bestimmen zu wollen. Äußerst heikel wird es aber in dem Moment, wo behauptet wird, man könne den Gewinn von Kurzwellenantennen nur aus dem horizontalen Öffnungswinkel allein ermitteln, zumal in manchen Fällen dann auch noch eine Unsymmetrie der horizontalen Charakteristik und Unterschiede im vertikalen Richtdiagramm vorliegen.

Es ist ein besonders schwerwiegender Fehler, die vertikale Richtcharakteristik gänzlich außer Betracht zu lassen, da sie bekanntlich gerade im Kurzwellenbereich, bei Verbindungen über die Ionosphäre und in Wechselwirkung mit dem Erdboden von ganz besonderer Bedeutung ist. Alle Gewinnmessungen, die nicht das gesamte Strahlungsdiagramm berücksichtigen, sind deshalb alles andere als genau. Es ist unmöglich, aufgrund einer einzigen Feldstärkemessung in nur irgend einem beliebigen Aufpunkt auf den Gewinn einer Antenne zu schließen, da zur genauen Gewinn-Ermittlung das vollständige räumliche Diagramm einer Antenne betrachtet werden muß.

Das bedeutet: Es müssen Feldstärkemessungen in allen Raumpunkten um die Antenne herum vorgenommen werden, um zu einem verläßlichen und genauen Ergebnis zu kommen. Man kann diese Grundbedingung sehr leicht einsehen, wenn man sich vorstellt, daß die Lichtintensität außerhalb des Lichtkegels einer Taschenlampe sehr schnell abnimmt und wenige Raumwinkelgrade vom Maximum entfernt auf null absinkt. Verpaßt der Tester den (oder die) für unsere Augen leider unsichtbaren "Lichtkegel" der Hochfrequenzstrahlung einer Antenne mit seinem Feldstärkemeßgerät, so kommen Ergebnisse zustande, die im wahrsten Sinne des Wortes völlig daneben liegen. Daß der Amateur auf diesem Gebiet meßtechnisch weit überfordert ist, zeigt die Tatsache, daß die einigermaßen befriedigend genaue Messung einer Amateur-Kurzwellenantenne auf einem entsprechenden Meßgelände einen Aufwand erfordert, der jenseits von etwa 20.000 DM liegt. Die Genauigkeit solcher Messungen liegt bei etwa ± 0,6 dB.

Bei der rechnerischen Ermittlung von Werten ist bekanntlich stets die Genauigkeit zu beachten, die man entweder erreichen muß oder erreichen kann. Es ist deshalb unzulässig mit großer Genauigkeit zu rechnen, wenn die Natur der Aufgabe dieses entweder nicht zuläßt oder nicht erfordert. Beim Umgang mit Näherungsformeln erzielt man logischerweise auch nur Näherungswerte. Sinn der Näherungsformeln ist es doch, komplizierte Funktionen und Berechnungsformeln durch einfachere zu ersetzen. Daher wird im Ergebnis ein Fehler zugelassen. Wenn aber von vornherein feststeht, daß das Ergebnis mit einem erheblichen Fehler behaftet sein wird, ist die Angabe und die Veröffentlichung von auf zwei Stellen hinter dem Komma "genauen" Werten unzulässig und sinnlos.

Die folgenden Betrachtungen, die sich nur auf die Gewinnabschätzung beschränken, sollen zeigen, daß die Ableitung des Gewinns aus der Hauptkeule einer Antenne, selbst bei Betrachtung beider Strahlungsebenen, nicht mehr als eine grobe Faustformel sein kann.

Unter der Voraussetzung, daß dem Leser der Begriff und die Definition des Antennengewinns bekannt sind, benutzen wir zunächst den Begriff des Richtfaktors, auf den zur groben Abschätzung des Antennengewinns allgemein zurückgegriffen wird.

Der Richtfaktor ist definiert als das Verhältnis aus der maximalen Strahlungsintensität zur mittleren Strahlungsintensität. Für eine Antenne mit einem Wirkungsgrad von 100 %, die keinerlei Kupfer-, dielektrische oder Anpassungsverluste aufweist, sind Richtfaktor und Gewinn gleich. Die Gleichung zur Abschätzung des Richtfaktors lautet:

Eq 1

wobei die Zahl 41253 die Oberfläche einer Einheitskugel im Gradmaß darstellt, und a und (3 definierte Winkel der senkrecht aufeinander stehenden Strahlungsebenen sind.

Bei der angegebenen Formel handelt es sich in der Tat um eine sehr einfache Näherungsmethode zur Berechnung des Richtfaktors für Ein-Keulen-Richtdiagramme. Diese Formel wurde entwickelt - das sei nochmals betont - zur groben Abschätzung des Richtfaktors bei Kenntnis der sogenannten Leistungs-Halbwertsbreiten der Strahlungskeulen zweier 90° zueinander stehenden Ebenen. Die Leistungs-Halbwertsbreiten entsprechen den horizontalen und vertikalen Offnungswinkeln und beschreiben die Breiten der Strahlungskeulen, bei denen die Antennenspannung rechts und links vom Maximum um 3 dB, das heißt, um den Faktor 1/√2 abgefallen ist. Im Leistungs-Richtdiagramm bedeutet dies einen Abfall auf die Hälfte der Leistung, da bei Abfall der Spannung um den Faktor √2 auch der Strom um den Faktor √2 abfällt und somit die Leistung um den Faktor (√2)2 = 2 reduziert wird.

Da über das Zustandekommen der Zahl 41253 in der Amateurliteratur falsche Erklärungen verbreitet wurden und weil deutlich gemacht werden soll, daß es sich bei der Berechnungsmethode nur um eine Näherung handelt, erscheint es dringend notwendig, auf die Ableitung der Richtfaktor-Formel einzugehen.

Der Richtfaktor D ist definiert als das Verhältnis der von der Antenne in Hauptstrahlrichtung im Fernfeld erzeugten maximalen Strahlstärke Ømax zu ihrer mittleren Strahlstärke Ø0, die entstehen würde, wenn die gesamte Strahlungsleistung Ps nicht gerichtet, sondern gleichmäßig in den Kugelraumwinkel der Kugeloberfläche 4πr2 abgestrahlt würde. Da der Einheitskreis den Radius r = 1 hat, wird der Kugelraumwinkel 4π. Im ersten Ansatz beträgt der Richtfaktor also:

Eq 2

Die mittlere Strahlungsintensität Ø0 ist mit der Strahlungsleistung Ps verknüpft durch die Beziehung:

Eq 3

Daraus ergibt sich durch Umstellung:

Eq 4

und daraus durch Einsetzen:

Eq 5

Psmax ist definiert als B. Dieses B stellt diejenige äquivalente Öffnung einer idealisierten Richtcharakteristik dar, die im Strahlungsbereich die konstante Strahlungsintensität Ømax, im übrigen Winkelbereich die Strahlungsintensität Ø = 0 hat. Aus den vorangegangenen Formeln folgt:

Eq 6

also einem Ergebnis im quadrierten Bogenmaß. Der Radiant (rad) ist der ebene Winkel, für den das Verhältnis der Längen des zugehörigen Kreisbogens zu seinem Radius gleich 1 ist. Ein Radiant entspricht einem Winkel von 57,295 Grad, wie nun gezeigt werden wird. Für den Umfang des Einheitskreises gilt:

U = dπ = 2rπ, da 2rπ = 360° wird r = 360°/2π = 180°/π = 57,295°

Somit gilt für die Kugeloberfläche K0 im Gradmaß:

Eq 7

Die Zahl 41253 ist also nichts anderes als die Oberfläche einer Einheitskugel in Quadratgrad.

Im Gradmaß wird

Eq 8

und da Ømax0 = D wird B = 41253/D bzw. D = 41253/B.

Da B nur angenähert gleich dem Produkt der Winkel (Leistungs-Halbwertsbreite) in der E-Ebene (horizontale Ebene) a und der H-Ebene (vertikale Ebene) (3, bzw. in den senkrecht aufeinander stehenden Ebenen ist, gilt:

D = 41253/(α × β)

für den Bezug auf den Kugelstrahler.

Um nun den grob abgeschätzten Leistungsgewinn in dB angeben zu können, benutzt man die folgende Formel:

Eq 9

Die Formel gibt den Gewinn an in Bezug auf den isotropen Strahler, den Kugelstrahler. Soll sich der Gewinn auf einen Halbwellen-Dipol beziehen, sind 2,15 dB abzuziehen.

Um herauszufinden wie genau nun theoretische Gewinnangaben sind, die über die RichtfaktorNäherungsformel ermittelt werden, kann man so vorgehen, daß man zunächst eine Strahlungskeule, die exakt mathematisch beschreibbar ist, exakt berechnet und dieses Ergebnis dann mit dem Ergebnis, das mit der Näherungsformel berechnet wurde, vergleicht.

Die Berechnung des Volumens komplizierter Körper, wie hier der Strahlungskeule einer Antenne, erfolgt mit Hilfe der Mehrfach-Integrale. Die Formen der Strahlungskeulen ähneln sehr stark denen mehr oder weniger zusammengedrückter oder gestreckter Rotations-Ellipsoide (Bild 1).

Bild 1
Bild 1: Dreidimensionale Strahlungskeulen von Richtantennen ähneln sehr stark der Form mehr oder weniger zusammengedrückter oder gestreckter Rotationsellipsoide.

In erster Annäherung kann man aber auch die dreidimensionalen Raum-Muster einer nur in einer Richtung strahlenden Antenne als rotationssymmetrische, im Polar-Koordinatensystem um die Polachse rotierende Fläche von der Form

Eq 10

betrachten, wobei Ø die Strahlungsintensität darstellt, Ømax die maximale Strahlungsintensität, n eine reale Zahl ist und a der Strahlungswinkel. Für die Hauptstrahlrichtung gilt α = 0. Das Ziel, das Volumen eines "Strahlungskörpers" mit krummlinigen Koordinaten zu berechnen, kann man über Dreifach-Integrale erreichen, bei denen das Integrationsgebiet durch konstante Koordinatenflächen in Volumenelemente zerlegt wird. Die Berechnung der Strahlung einer einseitig gerichteten cosn-Keule läßt sich wegen seiner Einfachheit reduzieren auf ein Doppel-Integral von der Form:

Eq 11

wobei Ps die Strahlungsleistung, Sr der im Fernfeld auftretende reelle Teil des Poyntingschen Vektors (Sr = ½ × E × H), und df ein zum Grenzwert hin unendlich klein werdendes sphärisches Flächenelement sind.

Da im folgenden nur nebenzipfelfreie Strahlungsmuster betrachtet werden, handelt es sich bei den errechneten Werten um theoretische Höchstwerte. Die Richtfaktor-Werte lassen sich nach Formel (9) in dB umrechnen.

An Hand dreier Beispiele soll nun mathematisch bewiesen werden, zu welchen Resultaten die blinde Anwendung der Richtfaktor-Formel führt.

Beispiel 1

Für eine Antenne mit α = β = 120°, also mit gleichen "3-dB-Öffnungswinkeln" in der E-Ebene (Horizontal-Ebene) sowie der H-Ebene (Vertikal-Ebene) ergibt sich nach Bild 2 folgende exakte Berechnung:

Eq 12

eq 13

Bild 2
Bild 2: Leistungs-Richtdiagramm mit ermittelter Halbwerts-breite.
Für diese kreisförmige Richtcharakteristik beträgt sie 120°

Wenn die abgestrahlte Leistung der in Bild 1 dargestellten Strahlungsquelle die gleiche ist wie die des Kugelstrahlers, der isotropen Quelle, können beide gleichgesetzt werden, so daß

Eq 14

da ja für den Kugelstrahler gilt:

Eq 15

denn die Strahlungleistung des Kugelstrahlers beträgt

Eq 15a

Daraus ergibt sich der Richtfaktor zu:

Eq 16

Berechnet man nun den Richtfaktor nach der Näherungsmethode, so erhält man:

Eq 18

Der Fehler ist beachtlich!

Dem nach der Näherungsmethode ermittelten Richtfaktorwert müssen 39,7 % hinzugeschlagen werden, um zum richtigen Ergebnis zu kommen.

Beispiel 2

Für eine Antenne mit einer etwas größeren einseitigen Richtcharakteristik und den Öffnungswinkeln a = (3 = 90° (etwa einer 3-Element-Quad entsprechend) ergibt sich folgende exakte Berechnung:

eq 20

Eq 21

Auf den Kugelstrahler bezogen gilt wieder die Gleichung:

Eq 22

Die Näherungsmethode liefert:

Eq 25

Zuzuschlagen sind dem Näherungswert 17,8 %, um zum richtigen Ergebnis zu kommen.

Beispiel 3

Es sei diesmal α = β = 75° (etwa einer 3-Element-Yagi entsprechend).

eq 26

Eq 27

Ist Ps wieder gleich dem Kugelstrahler, so folgt:

Eq 28

Die Näherungsmethode liefert:

Eq 30

Diesmal müssen 9,14 % hinzugeschlagen werden, um zu dem präzise ermittelten Ergebnis zu kommen.

Aus den Beispielen kann eindeutig abgeleitet werden, daß die Näherungsmethode in dem hier betrachteten Winkelbereich, derfüreinfache Kurzwellen-Antennen in Frage kommt, keine brauchbaren und schon gar keine exakten Ergebnisse liefert. Selbst unter der Voraussetzung, daß die Halbwertsbreiten genau bekannt sind (was in der Praxis niemals zutrifft), ist und bleibt die Richtfaktor-Formel bestenfalle dazu geeignet, den Richtfaktor "über den Daumen zu peilen".

Die Hauptkeule ist nur einer der den Gewinn bestimmenden Faktoren der Antennencharakteristik. Ein anderer wichtiger Faktor ist die Größe der Nebenmaxima, die bei diesem Näherungsverfahren mehr oder weniger unberücksichtigt bleiben.

Das Verhältnis der in der Hauptkeule abgestrahlten Leistung zu der in die Nebenmaxima gestrahlten ist aber keineswegs konstant, sondern hängt ganz entscheidend von der Gestalt der strahlenden Fläche, von ihrer Feldstärke- und Phasenbelegung und von der Art ihrer Anregung ab. Im übrigen ist es auch bei scharfbündelnden Antennen keineswegs so, wie jüngst wieder behauptet wurde, daß die Nebenmaxima generell keine wesentlichen Beiträge zur abgstrahlten Energie gäben. Bei scharf bündelnden Parabolstrahlern ist es sogar so, daß der Anteil der Nebenmaxima bis zu 50 % betragen kann. Die Konsequenz daraus ist, daß Antennen mit genau gleicher Halbwertsbreite der Hauptkeule ganz verschiedenen Gewinn haben können. Obwohl es durchaus möglich ist, daß in manchen Fällen - sozusagen rein zufällig - die Näherungsformel zu brauchbaren Ergebnissen kommt, kann aber allgemein daraus kein eindeutig physikalisch begründeter Zusammenhang abgeleitet werden.

Auch bei Kurzwellenantennen läßt sich generell keine Beziehung zwischen Gewinnminderung und Nebenzipfeldämpfung herstellen, die allgemeingültig wäre. Dies gilt auch für Yagi-Antennen, da die Parameter, von denen die Nebenmaxima abhängen, wie Stromverteilung, Phasenverhältnisse, Länge der Antenne, Abstand der Elemente usw., bei jeder Antenne verschieden sind. Alle Versuche, an Hand einer schönen Graphik eindeutige und genaue Gewinnbestimmungen bei Berücksichtigung der Nebenzipfeldämpfung ermöglichen zu wollen, sind deswegen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Das ist auch der Grund, weswegen man in seriösen Berichten und Veröffentlichungen solche Graphiken nirgendwo findet. Eine solche Graphik ließe sich zugestandenermaßen anfertigen für die Fertigungskontrolle eines ganz bestimmten Antennentyps, wobei die oben erwähnten Parameter immer die gleichen sind oder nach einer genau definierten Gesetzmäßigkeit variieren.

Es besteht noch die Möglichkeit, den Richtfaktor und damit den Antennengewinn über eine graphische Integration zu ermitteln. Diese setzt aber voraus, daß meßtechnisch ermittelte Strahlungsdiagramme vorliegen. Die Genauigkeit des Ergebnisses hängt in diesem Fall von der Sorgfalt der graphischen Integration und vor allem von der Genauigkeit der gemessenen Werte ab. Zuverlässige und genaue Ergebnisse erhält man allerdings nur, wenn man den entsprechenden Aufwand treibt, der wiederum der professionellen Technik vorbehalten ist.

Auch Henry Jasik gibt im Antenna Engineering Handbook eine Formel zur Abschätzung des Gewinns an:

Eq 31

wobei a und (3 die Leistungs-Halbwertsbreiten in der E- und H-Ebene sind. Jasik schreibt dort: "Es ist gelegentlich von Interesse, einen ungefähren Wert des Gewinns zu ermitteln, wenn die einzigen bekannten Daten die prinzipiellen ebenen Strahlungsdiagramme sind". Zur Formel selbst sagt er. "Der nach dieser Methode gefundene Wert wird im allgemeinen bis auf 25 % genau sein, besonders für Antennen mit hohem Gewinn." An dieser Stelle fährt Jasik fort: "Der Gewinn kann häufig aus dem Richtfaktor ermittelt werden, durch Abschätzen der Verluste im Antennensystem, er wird aber meist experimentell durch Direkt-Vergleichs-Methoden gemessen. Der einzige zusätzliche Hinweis, den der Autor hinzufügen kann, ist, daß die Messung von absolutem Gewinn wahrscheinlich die schwierigste Messung auf dem Gebiet der Antennenmeßtechnik darstellt, an welche dementsprechend nur mit allergrößter Vorsicht herangegangen werden sollte".

Abschließend seien die Zeilen von Prof. G. Seuche, DL6AB, angeführt, der in QRV 6/79 in einem lesenswerten Artikel auch Stellung zu diesem Thema bezieht: "Ursprung, Bedeutung und Randbedingungen dieser Beziehung (Anmerkung: gemeint ist die Näherungsformel zur Gewinnabschätzung) sind offenbar vielen Autoren von Amateurpublikationen nicht geläufig, denn sonst hätten wir nicht diese schreckliche Konfusion, die aus dem unbedachten Umgang damit herrührt".

Literatur

  1. Jasik, Henry: Antenna Engineering Handbook, McGraw-Hill 1961
  2. Kraus, John D.: Antennas, McGraw-Hill 1950
  3. Hock, Albrecht u.a.: Hochfrequenzmeßtechnik 1 und 2 Lexika-Verlag, Grafenau/Württ., sowie expertverlag Grafenau/Württ. 1980
  4. Stirner. Edmund: Antennen, Band 1 und 2, Dr. Alfred Hüthig Verlag Heidelberg, 1980
  5. Meinke, H. und Gundlach, F.W.: Taschenbuch der Hochfrequenztechnik, Springer-Verlag Berlin/Göttingen/Heidelberg 1962
  6. Stein, V. und Raab, M.: Gutachten Amateurfunkantenne Periodic 5, Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e.V., Oberpfaffenhofen, August 1982 (unveröffenlicht)
  7. Laport, E.A.: Radio Antenna Engineering, McGraw-Hill, N.Y. 1952
  8. Henß, P.: Strahlungsmessungen an Rundfunk- und TV-Antennen mit einem Hubschrauber, Neues von Rohde & Schwarz 79, Herbst 1977
  9. Jäger, G.: Einfluß des Erdbodens auf Antennendiagramme, Int. Elektronische Rundschau 1960, Heft 4
  10. Schelkunoff, S.A. und Friis, H.T.: Antennas, Theory and Practice, John Wiley, N.Y. 1952

DJ7YE, Bernd von Bojan.