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Formeln und Diagramme zur näherungsweisen Berechnung von Mikrostreifenleitungen

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Der Entwurf und die Berechnung von Streifenleitungs-Schaltungen ist leider immer noch ein Gebiet einiger Spezialisten. Teilweise verständlich, da die Erstellung der Schaltungen doch höhere Anforderungen an die technologischen Möglichkeiten stellt, als sie für normale Leiterplattenfertigung üblich ist. Trotzdem ist es zum Verständnis der Mikrostreifenleitungs-Schaltungen hilfreich, wenn die Impedanzen der Leitungsstruktur aus der Geometrie ermittelt werden können, so daß wenigstens jeder mit normalen hochfrequenztechnischen Kenntnissen die Schaltungsfunktion verstehen kann.

Dazu soll die folgende Formelzusammenstellung beitragen, besonders zum Verständnis und zur Berechnung der im gleichen Heft beschriebenen Mikrostreifenleitungs-Antennen.

Für planare Mikrowellenschaltungen, die relativ einfach in Atztechnik herstellbar sind, wird meist die unsymmetrische Streifenleitung verwendet. Sie ist in der deutschsprachigen Literatur als Mikrostreifenleitung bekannt. Die exakte Berechnung solcher Leitungsschaltungen ist sehr aufwendig und häufig nur näherungsweise möglich. Zur einfacheren Berechnung von Mikrowellen-Leitungsstrukturen sind deswegen im folgenden die wichtigsten Näherungsformeln aus der Literatur(1),(2),(3) zusammengefaßt und in Diagrammen graphisch dargestellt. Die Diagramme sind für die häufig verwendeten Substrate aus glasfaserverstärktem PTFE berechnet, die eine relative Dielektrizitätszahl εr = 2,32 bzw. 2,23 haben, z.B. RT/Duroid 5870 und 5880 der Rogers Corp.(4) oder Di-Clad 870 und Di-Clad 880 von Keene(5).

Die Fehler durch die Näherungsrechnung sind klein und liegen in der Größenordnung der Toleranzen von Dielektrizitätszahl und Dicke des Substratmaterials. Bei mir waren die Abweichungen zwischen berechnetem Sollwert und gemessenem Istwert an realisierten Schaltungen fast immer innerhalb ± 3 %. Dies ist bei einfachen Leitungen meist nicht kritisch, bei Resonatoren oder Filtern jedoch kann eine Korrektur erforderlich sein. Dabei ist zu beachten, daß die technologischen Prozesse bei der Schaltungsherstellung, wie Erstellen der Maske, Aufbringen des Fotolacks, Belichten, Entwickeln und Atzen, die Leitungsbreiten beeinflussen. Diese herstellungsbedingten Abweichungen müssen bekannt sein beziehungsweise ermittelt werden, und beim Schaltungs-Entwurf berücksichtigt werden.

1. Leiterbreite

Bild 1 zeigt den Querschnitt einer Mikrostreifenleitung mit der Leiterbreite W und der Leiterdicke t auf dem mit einer leitenden Grundfläche versehenen Dielektrikums der Höhe h und der relativen Dielektrizitätszahl εr. Für die Berechnung der Leitungsabmessung gelten nach (3) im Anwendungsbereich εr ≤ 16 und 0,5 ≤ W/h ≤ 20, ohne Berücksichtigung der Leiterdicke t = 0 und des Einflusses der Frequenz, die Gleichungen (1). Sie liefern für einen gewünschten Leitungswellenwiderstand ZL das Verhältnis Leiterbreite zu Substrathöhe W/h bei gegebener Dielektrizitätszahl er des Substratmaterial. Die für die Wellenausbreitung auf der Leitung wirksame effektive Dielektrizitätszahl εreff errechnet sich mit den Gleichungen (2).

Bild 1
Bild 1: Querschnitt einer Mikrostreifenleitung.

eq 1

Eq 2

Zur besseren Übersicht sind die Werte für εr = 2,23 und εr = 2,32 im Diagramm 1 als Funktion von W/h dargestellt.

Diagram 1
Diagramm 1: Effektive Dielektrizitätszahl ereff als Funktion von W/h für er = 2,23 und er = 2,32.

Mit den Gleichungen (3) läßt sich bei gegebenen geometrischen Abmessungen der Leitungswellenwiderstand ZL errechnen. Auch diese Werte sind in dem Diagramm 2 für εr = 2,23 als Funktion von W/h dargestellt. Die Werte für den Wellenwiderstand ZL bei einer Dielektrizitätszahl εr = 2,32 liegen etwa 2 % niedriger und lassen sich im Diagramm nicht mehr einwandfrei darstellen.

eq 3

Diagram 2
Diagramm 2: Wellenwiderstand ZL einer Streifenleitung als Funktion von W/h für er = 2,23. Die Abweichung des Wellenwiderstands für εr = 2,32 ist klein und liegt in der Strichbreite der Darstellung.

Der Einfluß der Leiterdicke t wird bei den Gleichungen (1) bis (3) vernachlässigt. Der Fehler ist bei üblichen Leiterdicken von 17,5 um bis 35 um sehr klein. Für dicke Leitermaterialien bzw. sehr schmale Leitungen wird ein größerer Anteil des elektrischen Feldes durch die Luft gehen und die wirksame Dielektrizitätszahl verkleinern. Dieser Einfluß kann mit den Gleichungen (4) und (5) aus (1) berücksichtigt werden. Die damit ermittelten korrigierten Werte für die Elektrizitätszahl εreff* und die Leiterbreite W* liefern in der Gleichung (3) verbesserte Werte für den Leitungswellenwiderstand. Dabei müssen jedoch die Bedingungen h » t; 2 t < W und t < 0,75 (W* - W) beachtet werden.

Eq 4

Eq 5

Der Einfluß der Frequenz läßt sich nach (2) mit der Größengleichung (6) ermitteln. Damit ergibt sich eine frequenzkorrigierte effektive Dielektrizitätszahl ereff(f), die bei 10 GHz und PTFE-Substraten ungefähr 2 % höher ist, als der nach Gleichung (2) ermittelte Wert.

Eq 6

2. Endkapazität einer leerlaufende Leitung

Eine leerlaufende Mikrostreifenleitung hat am Ende ein Streufeld, welches wie eine Endkapazität wirkt. Dies hat die Wirkung einer Verlängerung der Leitung um die Länge d. Bild 2 zeigt schematisch dieses Streufeld und die dadurch hervorgerufene Verlängerung d. Bei der Schaltungsberechnung, z.B. bei Stichleitungen oder Resonatoren, muß dieser Effekt berücksichtigt werden. Er läßt sich mit der Gleichung (7) aus (2) berechnen und gilt für 0,01 ≤ W/h s 100 und 1 ≤ εr < 50. Den Verlauf zeigt Diagramm 3 für εr

Bild 2
Bild 2: Zusätzliche Länge d einer leerlaufenden Streifenleitung, die durch das Streufeld E am Ende der Leitung hervorgerufen wird.

Eq 7

Diagram 3
Diagramm 3: Zusätzliche Länge d einer leerlaufenden Streifenleitung für eine Dielektrizitätszahl er = 2,23.

3. Kompensierter Leitungsknick

Bei dem Entwurf von Mikrowellenschaltungen besteht häufig die Notwendigkeit, eine Leitung um einen Winkel cp in der Richtung zu ändern. Es entsteht ein Leitungsknick, wie er in Bild 3 dargestellt ist, dessen Streufeld wie eine zusätzliche Kapazität wirkt. Eine relativ breitbandige Kompensation ist durch Abschrägen der Spitze möglich. In (1) wird eine Abschräglänge a = 1,8W für einen Winkelbereich φ = 30° bis 120° angegeben. Die Breite b errechnet sich mit Gleichung (8a). Eigene Messungen zeigten, daß diese Näherung im Winkelbereich von φ = 90° bis 120° brauchbar ist.

Bild 3
Bild 3: Kompensation des Streufeldes eines Leitungswinkels durch Abschrägen der Leitung.

eq 8

Für einen rechtwinkligen Knick (φ = 90°) läßt sich nach (2) die Breite b auch mit Gleichung (8b) ermitteln. Die Größe d muß dann mit Gleichung (7) für eine leerlaufende Leitung der Breite √2W ermittelt werden.

Die Ersatzlänge Δl wird näherungsweise mit Gleichung (9) ermittelt.

Eq 9

4. Symmetrische Leitungsverzweigung

Die in Bild 4 gezeigte Bezugsebenenverschiebung an Leitungsverzweigungen, wie sie bei Stichleitungen, Leitungsteilern oder Hybridkopplern auftreten, wird ausführlich in (1) behandelt. Für eine symmetrische Verzweigung ist die in (3) angegeben Näherung gut brauchbar. Sie ist in den Gleichungen (10) und (11) angegeben. Die Bezugsebenenverschiebung ist von der Mittellinie der Leitungen aus berechnet. Dabei sind Z1 der Wellenwiderstand der durchgehenden Leitung und Z2 der Wellenwiderstand der abzweigenden Leitung, für die mit Gleichung (1) und (2) bzw. Diagramm 1 und 2 die zugehörige effektive Dielektrizitätszahl εreff1 für Z1 bzw. εreff2 für Z2 ermittelt werden muß.

Bild 4
Bild 4: Verschiebung der Bezugsebenen an einer Leitungsverzweigung.

Eq 10

Eq 11

5. Literatur

  1. Mehran, R.: Grundelemente des rechnergestützten Entwurfs von Mikrostreifenleitungs-Schaltungen, Verlag H. Wolff, Aachen.
  2. Hoffmann, R.K.: Integrierte Mikrowellenschaltungen, Springer Verlag, Berlin 1983.
  3. Hammerstad, E.O.: Equations for microstrip circuit design, Proceedings of the 5th EMC, 1975, pp 268 - 272
  4. Lieferfirma für RT/Duroid: Mauritz GmbH & Co, Postfach 10 43 06, 2000 Hamburg 1
  5. Lieferfirma für Di-Clad: Municom, Postfach 12 10, 8217 Grassau

DJ3RV, Friedrich Krug.