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Messung kritischer Spezifikationen eines Empfängers

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Dieser Beitrag ist eine Ergänzung zu dem in cq-DL 3/93, veröffentlichten Artikel "Homemade-KW-Transceiver mit hochliegender ZF". Es wird dargestellt, wie Empfindlichkeit, Seitenbandrauschen und Dynamik gemessen werden können.

Die kritischen Spezifikationen eines Empfängers sind Frequenzstabilität, Selektivität, Empfindlichkeit, Seitenband-rauschen und Dynamik. Moderne Empfänger und Transceiver verfügen heute über ausgezeichnete Frequenzlang- und - kurzzeitstabilität.

Hierbei werden die Frequenzen aller Überlagerungsoszillatoren von einem hochstabilen Referenzoszillator abgeleitet. Die absolute Genauigkeit des Referenzoszillators kann bei Bedarf über einen genauen Frequenzzähler kontrolliert und ggf. "nachgezogen" werden.

Die Selektionseigenschaft eines Empfängers hängt im wesentlichen von der Qualität der verwendeten ZF-Quarzfilter, deren Flankensteilheit und Weitabselektion ab. KW-Empfänger arbeiten oft als Zwei- bis Dreifach-Überlagerungsempfänger mit einer hochliegenden ersten ZF bei 40 bis 90 MHz mit zwei- bis achtpoligem. Quarzfilter, gefolgt von der tieferliegenden zweiten ZF bei 9 bis 10,7 MHz, in der die eigentliche Selektion für Betriebsarten wie CW, SSB, AM und FM stattfindet. Durch Addition der selektiven Wirkung des 1. und 2. ZF-Quarzfilters und guten Abschirmmaßnahmen werden insgesamt häufig Weitabselektionen von über 100 dB erreicht.

Die verbleibenden kritischen und wesentlichen Spezifikationen des Empfängers sind Empfindlichkeit, Seitenrauschen und Dynamik. Leider erreichen besonders Seitenbandrauschen und Dynamik auch in modernen Empfängern oft keine besseren, teilweise sogar schlechtere Werte als in guten Geräten vor 10 Jahren. Nachfolgend soll gezeigt werden, wie diese kritischen Spezifikationen teilweise mit amateurmäßigen Mitteln nachgemessen werden können. Als Meßobjekt dient der in (1) beschriebene KW-Empfänger. Alle Messungen wurden in der Betriebsart SSB, mit 2,3 kHz Filterbandbreite und geöffneter Regelleitung durchgeführt.

Empfindlichkeit

Als Maß der Empfindlichkeit ist das Grundrauschen des Empfängers definiert. Legt man ein Signal an den Empfängereingang, dessen Pegel das Empfängerrauschen (NF-Ausgangspegel) um 3 dB anhebt, dann entspricht die Leistung des Signals nach (S+N)/N = 2 der des Grundrauschens. Für diese Messung benötigt man einen rauscharmen Testoszillator mit 0 dB Ausgangspegel (Abb. 1), eine Eichleitung von 0 bis 140 dB und ein NF-Voltmeter. Den Meßaufbau zeigt (Abb. 2). Zunächst stellt man den NF-Ausgangs-pegel (Ueff) ohne Signal am Voltmeter auf relativ 0 dB ein. Mit angeschlossenem Signal vermindert man anschließend die Dämpfung der Eichleitung ausgehend von -140 dB soweit, bis die NF-Ausgangsspannung am Voltmeter um den Faktor 1,414 (20log U2/U1 = 3 dB) ansteigt. Den Überlagerungston stellt man hierbei auf ca. 1 kHz ein.

Abb 1
Abb. 1: Rauscharmer Testoszillator Q = 1 ... 30 MHz.

Abb 2
Abb. 2: Maßaufbau für Seitenband-Rauschmessung und Empfindlichkeitsmessung.

Die Empfindlichkeit (S) des Empfängers entspricht dann dem eingestellten Dämpfungswert, im Beispiel: S = -130 dBm / 2,3 kHz Bandbreite

Nach der Gleichung PR(W) = K × to × B

mit
PR = Rauschleistung
B = Bolzmannkonstante
to = Temperatur B = Bandbreite

ist die Rauschleistung bei konstanter Temperatur (to) direkt abhängig von der Meßbandbreite B. Deshalb ist eine Angabe der Empfindlichkeit ohne Benennung der Meßbandbreite (genauer: Rauschbandbreite) unzulässig!

Rauschzahl

Nach Ermittlung der Grenzempfindlichkeit des Empfängers kann die Rauschzahl berechnet werden. Dazu muß die Rauschbandbreite des eingesetzten Selektionsfilters bekannt sein. Die Messung der Rauschbandbreite eines Filters ist sehr aufwendig und würde den Rahmen dieses Artikels sprengen(2). Vereinfacht kann man aber davon ausgehen, daß die Rauschbandbreite eines Quarzfilters der -6-dB-Bandbreite entspricht bzw. dem 1,2fachen der -3-dB-Bandbreite. Die -6-dB-Bandbreite des im Beispiel verwendeten Filters (XF-9B) beträgt laut Datenblatt 2,4 kHz.

Bezieht man nun die Empfängerempfindlichkeit (S) auf die theoretische Rauschbandbreite von 1 Hz, erhöht sich die Empfindlichkeit um den Faktor 2400 bzw. logarithmisch um den Wert 10log 2400 = 34 dB.

S = -130 dBm - 34 dB = -164 dBm/Hz

Der Grenzwert der Empfindlichkeit ist bekanntlich -174 dBm/Hz. Die Differenz beider Werte ergibt die Rauschzahl (Noise Figure) des Empfängers NF = 164 dBm/Hz (-174 dBm/Hz) = 10 dB

Mit anderen Worten: Der Signal-/ Rausch-Abstand (S/N) eines empfangenen Signals verschlechtert sich um 10 dB zwischen Eingang und Ausgang des Empfängers.

Seitenbandrauschen

Das SSB-Seitenbandrauschen (SBN) ist ein weiteres wichtiges Kriterium zur qualitativen Beurteilung des Empfängers. Starkes SBN des 1. LOs kann ein kleines Signal neben einem starken Signal "zudecken" und so einen empfindlichen Empfänger "taub" machen (Abb. 3).

Abb 3
Abb. 3: Wirkung des Oszillator-Seitenbandrauschans.

Beim Mischvorgang moduliert sich das Oszillator-Seitenbandrauschen auf das empfangene Signal auf und kann damit zur Blockierung des Empfängers führen. Kleine Signale in der Nähe des Trägers können dabei, trotz ausreichender Filterselektion und Flankensteilheit, vom Phasenrauschen des Oszillators zugedeckt werden. Die Rauschamplituden auf beiden Seiten des Trägers entstehen durch Phasenmodulation des Trägers mit stodiastischen Rauschsignalen (Random Noise), wobei das Seitenbandrauschen nicht konstant über den Frequenzbereich verteilt ist, sondern vom Träger ausgehend mit ca. 9 dB/Oktave abfällt(3).

Aus diesem Grund muß definiert werden, in welchem Abstand Of vom Träger das Seitenbandrauschen gemessen wird. SBN wird ebenso wie Rauschen in Leistung/Bandbreite (dBm/Hz) angegeben. Geringes Phasenrauschen weisen Oszillatoren mit hoher Schwingkreisgüte, rauscharmer Versorgungsspannung, rauscharmen Halbleitern und guter mechanischer Qualität auf. (Abb. 4) zeigt einen rauscharmen und frequenzstabilen VFO, der in Empfängern nach (7) und (1) eingebaut ist und im Beispiel gemessen wird.

Abb 4
Abb. 4: Rauscharmer und temperaturstabiler VFO mit steilem J-FET und AFC-Anschluß.

Zur Messung des SBN verwendet man den gleichen Meßaufbau wie zur Empfindlichkeitsmessung und setzt wieder die "3dB-Methode" ein. Ein praktisch rauschfreies Testsignal hierzu liefert der Generator nach Abb. 1.

Die Empfangsfrequenz wird auf fe + 10 kHz eingestellt und der Signalpegel so weit erhöht, bis die Ausgangsspannung um 3 dB angestiegen ist (Desensibilisierung). Im Beispiel erfolgt das bei Pe = -20 dBm bei Δf =10 kHz.

Das SBN erreicht damit den Wert des Grundrauschens, d. h. ein rauschfreies -20-dB-Eingangssignal desensibilisiert die Empfindlichkeit des Empfängers in 10kHz-Abstand vom Träger um 3 dB.

SBN = S - Pe - Bk

mit
Pe = Signalpegel für 3 dB Desensibilisierung
Bk = Bandbreiten-Korrekturfaktor (34 dB)
S = Empfindlichkeit

SBN = (-130 dBm + 20 dB - 34 dB)/Hz = -144 dBm/Hz in 10 kHz vom Träger.

Bei größerer Entfernung Af vom Träger kann das SBN so Punkt für Punkt durchgemessen und graphisch aufgetragen werden (Abb. 5).

Abb 5
Abb. 5: Seitenbandrauschen des Empfängers bei 7,1 MHz.

Bei guten Empfängern sollte die bis zur Desensibilisierung (Zustopfen) verarbeitbare Eingangsleistung (Pe) im Trägerabstand von f = 10 kHz mindestens den Wert der oberen Aussteuergrenze (Pumas) erreichen, bei dem die ersten Intermodulationsstörungen (IM3) auftauchen. Anson sten bestimmt das SBN das Großsignal-verhalten des Empfängers. Ein Vorteil der hier beschriebenen Meßmethode ist, daß das SBN des gesamten Empfängers mit allen Umsetzungs-Oszillatoren erfaßt wird, wobei im Regelfall der 1. Lokaloszillator maßgeblich für das SBN verantwortlich ist.

Vorsicht ist geboten bei hohen Signalpegeln von bis zu 0 dBm (1mW) und darüber, da durch Übersteuerung (Blocking, -1 dB-Kompression) eventuell Meßfehler auftreten können. Außerdem muß das Quarzfilter über ausreichende Flankensteilheit und Weitabselektion verfügen.

Dynamik

Der nutzbare Dynamikbereich eines Empfängers wird in Richtung kleiner Signale durch das Grundrauschen und in Richtung großer Signale durch Auftreten von Intermodulationsprodukten (nichtlinearen Verzerrungen) begrenzt. Über die Entstehung, Auswirkungen und die praktische Messung von IM-Störungen wurde in (4), (5) und (6) ausführlich berichtet. In Empfängern treten hauptsächlich IM-Störungen 2., 3. und 5. Ordnung auf. Verantwortlich hierfür ist die endliche Linearität des Empfängereingangs. Den Meßaufbau für IM-Messungen, mit einem geeigneten "Doppelton-Generator beschrieben in (4), zeigt Abb. 6 und Abb. 7 die Meßpunkte. für IM-Messungen im Frontend eines Empfängers. Bei zwei Eingangssignalen von jeweils Pe = -6 dBm entstehen am Ausgang des ersten Mischers IM3-Störprodukte mit über 78 dB Intermodulationsabstandt2u den Nutzprodukten (Abb. 8).

Abb 6
Abb. 6: Meßaufbau für Intermodulationsmessung.

Abb7
Abb. 7: Frontend eines Empfängers und Meßpunkte für IM3-Messungen.

Abb 8
Abb. 8: IM-Messung am Ausgang des 1. Mischers, IM3 = 78 dB, IP3 = 33 dBm.

Daraus folgt ein Intercept Point 3. Ordnung (IP3) von IP3 = IM3/2 + Pe = 33 dBm = Intercept Point 3. Ordnung, bezogen auf den Eingang.

Nach der Definition ist die obere Grenze der Aussteuerung dann erreicht, wenn die Störungen der Intermodulationsprodukte die Leistung des Grundrauschens (S) erreichen.

Pemax = 1/3 (2 × IP3 + S) = -21,3 dBm

Daraus berechnet sich der Umfang des verzerrungsfreien Dynamikbereichs (Abb. 9) zu Dynamik = Pemax - S = 108,7 dB.

Abb 9
Abb. 9: Dynamikbereich des Empfängers.

Würde man als obere Grenze der Aussteuerung die 1-dB-Kompression definieren, ergäbe sich ein Dynamikbereich von über 140 dB.

Die genaueste IM3-Messung läßt sich jedoch erst am Ausgang des 1. Filters realisieren, da hierbei auch die Verzerrungen des Diplexers, Verstärkers und Quarzfilters mit einbezogen werden. Der Spektrumanalysator wird hierzu direkt an den 50-Ohm-Ausgang des 1. ZF-Filters angeschlossen und durch langsame Abstimmung des VFOs die Nutz- und Störpegel nacheinander gemessen und zueinander ins Verhältnis gesetzt. Alternativ zum Spektrumanalysator kann hinter dem Filter auch ein empfindliches HF-Millivoltmeter eingesetzt werden. Verfügt der Empfänger über ein hochgenaues, kalibriertes S-Meter mit einem Dynamikumfang von über 80 dB, was leider in den wenigsten Fällen vorhanden sein dürfte, lassen sich Intermodulationsmessungen auch damit durchführen. Sicherheitshalber sollten die Intermodulationsverzerrungen auch mit kleineren Eingangspegeln gemessen werden, da sich bei zu großer Aussteuerung durch mögliche Kompensation ein zu guter IP3 ergeben kann.

Zur Erreichung des maximalen Dynamikumfangs eines Dioden-Ringmischers ist neben dem richtigen Impedanzabschluß aller Mischer-Anschlüsse eine ausreichend hohe Oszillatorleistung wichtig. Bei zu geringer Oszillatorleistung erreichen Dioden-Ringmischer nicht die im Datenblatt angegebene Großsignalfestigkeit. Das trifft insbesondere für SuperHigh-Level-Mixer zu, wie z. B. RAY 3, SAY 1 oder M9D. Die Messung in Abb. 8 wurde mit einem solchen Mischer und optimaler Oszillatorleistung von +25 dBm durchgeführt. Abb. 10 zeigt hingegen das Ausgangspektrum desselben Mischers mit "nur" +20 dBm (100 mW) Oszillator. Mit zwei Eingangssignalen von ebenfalls -6 dBm sinkt der IP3 auf 25 dBm ab!

Abb 10
Abb. 10: Gleiche Messung wie In Bild 8, aber mit zu geringer Oszillatorleistung.

Einsatz eines Vorverstärkers

Zur Steigerung der Empfindlichkeit verfügen viele KW-Empfänger über einen zu-schaltbaren HF-Vorverstärker.

Welchen Einfluß hat ein Vorverstärker auf Dynamik und Empfindlichkeit? Bild 11 zeigt das Intermodulationsspektrum des Empfängers mit zugeschaltetem Vorverstärker nach (4) mit einer Verstärkung GV = 7 dB und Rauschzahl NFv = 3 dB. Der IM3-Abstand verkleinert sich mit Vorverstärker von 76,5 dBc auf 57 dBc, Intermodulationsprodukte 5. Ordnung werden deutlich sichtbar, und der IP3 reduziert sich auf IP3 = 57 dBc/2 - 6 dBm = 22,5 dBm.

Da der Empfänger selbst einen 1P3 von über 30 dBm besitzt, bestimmt jetzt der Vorverstärker die Großfestigkeit.

Weiterhin ist aus Abb. 11 zu erkennen, daß bei Vergrößerung der Nutzsignale die IM3-Produkte um mindestens den dreifachen ihrer ursprünglichen Werte anwachsen(4). In dieser "unangenehmen" Eigenschaft nichtlinearer Verzerrung liegt das ursächliche Problem aller IM3-Störungen.

Abb 11
Abb. 11: IM-Messung mit Vorverstarker, Gv s 7 dB.

Die Rauschzahl des Empfängers mit NFE = 10 dB verbessert sich durch die Vorverstärkung auf NFGes = NFv + (NFE -1) / GV = 2 + (10 - 1) / 5 = 3,8, NFGes = 10log 3,8 = 5,8 dB und damit das Grundrauschen auf den Wert S = -174 dBm/Hz + NFGes + 34 dB = -134,2 dBm und der maximale Eingangspegel für intermodulationsfreien Empfang wird zu Pemax = (2 × 22,5 dB -134,2 dBm) / 3 = -29,7 dBm.

Ergebnis: Vorverstärker erhöhen die Empfindlichkeit, reduzieren aber den Dynamikbereich und das Großsignalverhalten des Empfängers mindestens um den Betrag der Verstärkung. Antennen-Vorverstärker sollten deshalb nur bei wirklich schlechten Empfangsbedingungen zugeschaltet werden.

Literatur

  1. W. Schnorrenberg: Homemade-KW-Transceiver mit hochliegender ZF. In: cq-DL 3/93
  2. Hochfrequenz und Mikrowellenmeßtechnik, Teil A, Technische Akademie Esslingen 1992
  3. W. Schnorrenberg: Rauschmessungen mit dem Spektrumanalysator. In: Elektronik 4/90
  4. W. Schnorrenberg: Messung nichtlinearer Verzerrungen. In: cq-DL 5/91
  5. M. Martin: Extrem lineares Eingangsmodul. In: Internationale Elektronische Rundschau 4/75
  6. W. Schnorrenberg: Spektrumanalyse - Theorie und Praxis. Vogel Buchverlag
  7. M. Martin: Rauscharmer UKW-Oszillator für ein Empfängereingangsteil mit großem Dynamikbereich. In: cq-DL 10/77

DC4KU, Dipl.-Ing. Werner Schnorrenberg.