Bauanleitungen fur Induktivitatsmessgerate sind seltener zu finden als solche für Kapazitatsmesser, aber begehrter, denn viele Multimeter konnen Kapazitaten, aber nur wenige Induktivitaten messen. Doch nimmt man gewisse Einschrankungen in Kauf, kann man ein solches Messgerat durchaus schnell und preiswert aufbauen. Der folgende Beitrag beschreibt einen der moglichen Losungswege.
Die Angebotspalette der industriell gerfertigten Festinduktivitaten in Widerstands- oder Kastenform ist speziell für den HF-Sektor zu schmal. Spulen sind damit die einzigsten Bauelemente, die man oft selbst herstellen muss. Und das kann problematisch sein. Denn die Lange des Spulenkorpers und sein Durchmesser, der Drahtdurchmesser und der Spulenkern sind Faktoren, die man nicht immer prazise kalkulieren kann. In der Praxis ist man sich also bezuglich der Induktivitat mit gutem Grund oft nicht sicher. Zum Gluck genagt es aber meist schon, wenn man mit seiner Induktivitat in der Nahe des Sollwertes ist. Ein Abgleich ist in vielen sowieso erforderlich.
Dieses Messgerat besitzt drei Bereiche zwischen ca. 4 µH und ca. 5 mH. Dabei ist bezogen auf den Messbereich des Millivoltmeters von 4 mV bis ca. 150 mV mit einem Fehler von 5 % zu rechnen. Oberhalb 150 mV sind ca. 10 % zu erwarten, unterhalb 4 mV sind die Messwerte unrealistisch. Durch geeignete extern Adapter sind aber such genauere Werte unterhalb und oberhalb dieser Grenzen moglich.
Ebenso wie die Kapazitat lasst sich die Induktivitat durch mehrere Messverfahren ermitteln. Das bekannteste dürfte such hier wieder das Resonanzverfahren sein: In Verbindung mit einer bekannten Kapazitat wird durch einen Oszillator eine Frequenz erzeugt, aus der man die Induktivitat ermittelt. Ein Faktor, der das Messergebnis verfalscht, ist die unvermeidliche Spulenkapazitat. Sie entsteht durch die Nahe der Windungen. Man sollte daher einen moglichst grol3en Kondensator verwenden.
Doch kann man eine Induktivitat auch aber die Messung des Stroms bestimmen, wenn man an sie eine Wechselspannung legt. Damit hat man den Blindwiderstand und aus diesem and der Frequenz ergibt sich die Induktivitat. Noch besser ist die Einspeisung eines konstanten Stroms and das Messen der Spannung fiber der Spule, dean diese ist der Induktivitat proportional. Der große Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass man eine Kalibrierung mit Ohmschen Widerstanden vornehmen kann. Nimmt man z. B. eine Induktivitat von 100 µH sowie als Messfrequenz 100 kHz an, so ergibt sich ein Blindwiderstand von 62,8 Ohm. Man braucht nun nur z.B. einen engtolerierten 62-Ohm-Widerstand und zwei parallel geschaltete 1,6-Ohm-Widerstande in Reihe geschaltet an die Messklemmen schließen and erhalt den Kalibrierpunkt für 100 µH.
Wird an eine Spule eine Gleichspannung gelegt, so baut sich ein magnetisches Feld auf. Hierdurch bedingt, entsteht in der Spule wiederum eine Induktionsspannung. Sie ist aber der angelegten Spannung entgegengerichtet and bewirkt eine Verzogerung im Ansteigen des Stroms nach einer e-Funktion. Nach dem Einschalten der Spannung kann der Strom demzufolge nur allmahlich bis auf seinen Maximalwert steigen, den der Gleichstromwiderstand der Spule und der Innenwiderstand der Spannungsquelle bestimmen. Dieser Maximalwert ist bekanntlich theoretisch nur nach unendlich langer Zeit and praktisch nach hochstens fi.inf Zeitkonstanten (RC) erreicht. Wird nun die Spannungsquelle tiberbrückt, fliellt aufgrund des zusammenbrechenden Magnetfelds der Spule Strom in der ursprünglichen Richtung eine Zeit Lang weiter. Diese Kurve entspricht ebenfalls einer e-Funktion, aber invertiert.
Schließt man eine Spule an eine periodisch gepulste Gleichspannung (Rechtecksignal), so liegt das Maximums des Stroms je nach Frequenz and Induktivitat der Spule vom theoretisch moglichen Maximalwert entfernt. Halt man die Frequenz konstant und kennt man den Ohmschen Widerstand, so ist der Strom tiber die Induktivitat aussagefahig. Dieser kann durch Spannungsmessung tiber dem Ohmschen Widerstand oder der Induktivitat ermittelt werden. Wie beschrieben, kann man also einem Spannungswert einen Induktivitatswert zuordnen. Da aber die e-Funktion unlinear ist, wird es in ihrem Verlauf im hier vorliegenden Fall nur eine geringe Spannungsanderung pro Zeiteinheit besonders im oberen Spannungsbereich geben. Das bestätigte sich auch in der Testphase. Bei Werten fiber ca. 150 mV, bezogen auf den DisplayEndwert 200 mV, nimmt der Messfehler schnell zu, die Genauigkeit lasst sehr zu wünschen übrig. Aber mit etwas Geschick and Überlegung kann man auch Werte auBerhalb der Messgrenzen ermitteln.
Das Induktivitatsmessgerat arbeitet im Prinzip wie das Kapazitatsmessgerat. Die Schaltungsdetails wurden weitgehend übernommen (Bild 1).
Bild 1: Der Stromlaufplan des Induktivitätsmessgerät.
IC1, ein CMOS-Schaltkreis 4047, arbeitet durch seine externe Beschaltung als astabiler Multivibrator. Die Bauelemente zwischen Re, Ce and Re/Ce bestimmen in Verbindung mit Sla und Slb die Schwingfrequenz. Am QAusgang (Pin 10) steht das Rechtecksignal zur Verfügung. R5 begrenzt den Stromfluss, der bei einem an den Buchsen Bul und But angeschlossenen Messobjekt auftritt. Wenn der Messausgang offen ist, steigt die Spannung aber C5 auf etwa 5 V an. Das ist erstens zu viel fair das Millivoltmeter, das in der hier gewahlten Beschaltung maximal 199,9 mV anzeigen kann. Zweitens, and das ist fin den Messablauf viel wichtiger, muss sich C5 bei Messbeginn erst entladen. Daher verhindert D3 diese hohe Leerlaufspannung, das Entladen geht schneller, der Messwert ist schneller verfügbar.
Das hier verwendete Verfahren bewirkt, dass die Leerlaufanzeige am DVM (Digital-voltmeter) im Gegensatz zum Kapazitatsmessgerat eine einsame 1 in der linken Stelle des Displays ist. Das signalisiert üblicherweise einen Uberlauf, der in diesem Fall such wirklich vorhanden ist.
Die Betriebsspannung wird aus einem Netztrafo 2×15 V/60 mA gewonnen. Die geregelten 12 V versorgen den astabilen Multi-vibrator, die massefreien 9 V sind für das DVM vorgesehen. Damit konnen auch hier die preiswerteren Typen eingesetzt werden, die eine vom Messobjekt getrennte Betriebsspannung erfordem. Durch einen anderen Spannungsstabilisator kann eine andere Versorgungsspannung unter 12 V erzeugt werden.
Je nach Messbereich und Notwendigkeit lassen sich auch hier durch S1c DP1-3 ansteuern. Ich habe sie für den Bereich 4-199,9 µH mit DP1, für den Bereich 40-1999 µH ohne DP und fir den Bereich 0,4-19,99 mH mit DP2 gewahlt.
In Bild 2 ist das aufgeklappte Messgerat zu sehen. Auch rein optisch gibt es wenige Unterschiede zum Kapazitatsmessgerat. Die Lagen der beiden Cinchbuchsen und des Schalters sind identisch. Die Bauformen und Raster der beiden Cinchbuchsen (Rasterung 5,5/5,5/5,5 mm quer und 9,0 mm Tangs), des Schalters (drei Ebenen, vier Raststellungen) und des Trafos entsprechen ebenfalls denen des Kapazitatsmessgerates. Auch das Gehause ist wiederum der Typ Conrad, Best.-Nr. 52 05 86 bzw. 52 06 16, Abmessungen aul3en 80x150 x50 mm (BxLxH). Die Platine wurde wieder auf dem Deckel montiert (5-mm-Distanzrollen). Der Boden wurde zum Deckel mit den Durchbrüchen für die beiden Messbuchsen, die Schalterachse, das DVM und die Netzleitung. Die vier groBen Dome far die Befestigungsschrauben erfordem Aussparungen in der Platine. Ohne diese sitzen die von mir gewahlten Print-Cinchbuchsen für das Messobjekt zu weit im Gerateinneren. Bild 3 zeigt die gespiegelte Lotseite der Platine, Bild 4 den Bestückungsplan (Platinenabmessungen 140x70 mm, einseitig kaschiert). Die Lotaugen für C1, C2 und C3 sind so ausgelegt, dass auch andere Bauformen und RastermaBe eingesetzt werden kormen. Das Netzkabel wird durch einen U-formigen Ausschnitt des Deckels geführt und durch einen Faden-Abbund oder ein Stück Schrumpfschlauch am Herausziehen gehindert. Der Ausschnitt für das DVM ist je nach Typ zu wahlen.
Bild 2: Das Gerat im aufgeklappten Zustand. 1m Deckel das DVM-210. Oberhalb der beiden Cinchbuchsen die selbst gebauten Messklemmen mit den Stiften der Cinchstecker.
IC1 | 4047 DIPI4 |
1C2 | 78LI2 |
IC3 | 78L09 |
D1-3 | 1N4148 |
Gr1,2 | B800500 Rundbrücke |
Tr 1 | Trafo 2 × 15 V/60 mA, EI 30, 1,5 VA |
R1-3 | 56 kOhm BF 020/ |
R4 | 10 kOhm BF 0207 |
R5 | 220 Ohm BF 0207 |
R6 | 1 kOhm BF 0207 |
P1-3 | Spindeltrimmer 10 kOhm, BF64W (SIL) |
C1 | 1 nF MKS, 63 V, RM5 |
C2 | 10 nF MKS, 63 V, RM5 |
C3 | 100 nF MKS, 63 V, RM5 |
C4,7,9 | 100 nF KDPU, RM5 |
C5 | 47 µF/35 V, RM2,5 |
C6,8 | 100 µF/35 V, RM2,5 |
S1 | Print-Drehschalter, Durchmesser 26 mm |
But | 2 Print-Cinchbuchse, s. Text |
St1,2 | zweipol. Stiftleiste, RM2,54 mit passendem Gegenstück |
Bu3-9 | sechspol. Buchsenleiste, RM2,54 mit passendem Gegenstück |
Gehause | Europa, ABS, s. Text |
Platine | L-MESSO3 |
Display | DVM-Modul 210, 310 o.a., s. Text |
Bild 3: Die Lotseite der Platine (gespiegelt, Bohrlocher minimiert).
Bild 4: Die Bestuckungsseite der Platine.
Zur Messwertanzeige habe ich wie beim Kapaziatsmessgerat ein Millivoltmeter vom Typ DVM-Modul 210 eingesetzt. Es lassen sich auch andere Typen verwenden. Empfehlenswert sind solche für Snap-in-Montage, da hier die Anfertigung eines speziellen Fensters und eine Halterung für das DVM entfallen. Noch ein Hinweis: Vermeiden Sie nach Möglichkeit das Offnen! Die Verbindung zwischen Elektronik und Display erfolgt meist fiber spezielle Leitgummis. Eine Lageanderung oder Verschmutzung führt zur fehlerhaften Anzeige.
Bild 5: Das L-Messgerat mit Buick auf die Messbuchsen und der Messadapter 50 µH.
Für die Klemmen bzw. Halterungen des Messobjektes habe ich zwei alte Cinchstecker zerlegt. An dem ehemaligen Mittelkontakt wurde eine kleine Abgreifklemme gelotet. Deren Zahnung sichert einen exakten und sicheren Halt des Messobjektes.
Im Vorfeld dieses Projekts wurden Losungswege zum Ermitteln der Werte unterhalb 10 µH gesucht. Eine Option brachte zwar brauchbare Messergebnisse noch bei 1 µH, dock der Aufwand schien zu hoch.
Besser ist es, zu kleine Induktivitaten mit einer gut bekannten Induktivitat in Reihe zu schalten und so zu ermitteln. So kann man z.B. zum Messen einer Induktivitat unter 4 µH eine Festinduktivitat von 10 µH als "Vorlast" einsetzen. Die Anzeige wird dann 10-14 µH betragen und hinreichend genau sein. Dabei ist allerdings gut darauf zu achten, dass die Spulen nicht magnetisch koppeln (Abstand!).
Ein extemer Adapter mit einer integrierten Festinduktivitat 47 µH in SMD-Bauform 1210 bringt noch bessere Ergebnisse. Damit kann man Werte im Bereich von ca. 0,5-10 µH gut messen. So ergab mein Adapter allein den Anzeigewert 45,8 µH. Man muss sich nur diesen Anfangswert notieren und vom Messwert subtrahieren. Da mir dieser "krumme" Wert von 45,8 µH nicht behagte, habe ich mir spater aus einer Reihe von Festinduktivitaten eine für den Anzeigewert 50 µH ausgemessen, sie in ein Kunststoffrohrchen zwischen zwei CinchMittelstifte eingebaut, an einen davon eine kleine Abgreifklemme gelotet und alles mit Epoxydharz vergossen - fertig war der Adapter. Vor dem Messen wird er durch Kurzschliel3en beider Abgreifldemmen tiberprüft.
Die Erweiterung oberhalb 5 mH geschieht durch das Parallelschalten einer Festinduktivitat der Grüße 1 mH zum unbekannten Objekt. Die resultierende Induktivitat wird stets ldeiner sein als die kleinste der beiden. Rechnerisch ist sinngemal3 wie bei der Parallelschaltung von ohmschen Widersthnden zu verfahren.
Festinduktivitaten geringer Toleranz sind preisintensiv. Also muss man wohl in der Regel mit den Toleranzen der handelsüblichen Festinduktivitaten auskommen. Die Bauform SMCC erhalt man mit 10 % Toleranz. Ausreichend für den Abgleich sind folgende Werte: 10µH oder 15µH, 100µH und 470 µH sowie bei Bedarf an Messungen im mH-Bereich 1 mH. Damit kann man schon viel machen. Begonnen wird im Bereich 4-199,9 µH. Mit 100 µH wird zunachst mittels P1 der Anzeigewert 100,0 angestrebt. Dann Wechsel zur Induktivitat 10 bzw. 15 H. Nun wird für beide Anzeigewerte der Mittelwert der Abweichung eingestellt. Eine Frequenzmessung in diesem Bereich ergab bei mir 4.035 Hz. Im Bereich 40-1.999 µH kann mit 100 µH und 470 µH kalibriert werden. Im dritten Bereich sind es 500 µH und 1 mH.
Parallel zu diesem Abgleich wurde am Pin 11 des 4047 die Frequenz gemessen. Bei der Fehlerminimierung im Bereich 5-150 mV für das DVM ergaben sich für die drei Bereiche 4035 Hz, 375 Hz and 36 Hz. Am Pin 13 kann man die direkte Oszillatorfrequenz messen, sie ist das Doppelte der Ausgangsfrequenz an den Pins 10 bzw. 13.
Bei groBerem Interesse an diesem Messgerat würde ich Bausatze mit dem Display DVM-210 sowie unbearbeitetem Gehanse zusammenstellen und vertreiben, Platinen sind auf alle Falle machbar. Anfragen wie immer unter www.4ham.de.
DM2AUO, Dipl.-Ing. Max Perner.