Im folgenden Beitrag werden Entstehung, Nachweis und Auswirkung von Mantelwellen untersucht. Die Besprechung geeigneter GegenmaBnahmen runlet das Thema ab.
Was sind eigentlich Mantelwellen? Sucht man im Stichwortverzeichnis von Antennenbüchern nach diesem Begriff, wird man selten fündig. Die Antwort ist recht einfach: Von Mantelwellen spricht man, wenn ein Koaxkabel strahlt. Etwas komplizierter ist die Beantwortung der Frage, wie es daze kommt.
Diese Strahlung entsteht durch in den Mantel des Kabels induzierte Strome, daher der Name. Meist, aber nicht immer, flieBen these HF-Strome gegen Erde. Zur Induktion kommt es, wenn eine symmetrische Antenne direkt mit Koaxkabel betrieben wird. Das elektromagnetische Feld der Antenne erfasst natürlich auch das Kabel, wobei die elektrische Komponente nur auf den Mantel wirken kann, da der Innenleiter durch diesen abgeschirmt ist. Bei einer symmetrischen Leitung kommt es hingegen zu einer praktisch perfekten Kompensation zwischen den beiden Leitern.
Der Schirm bildet somit im Allgemeinen eine Vertikalantenne, genauer gesagt eine verkehrt gespeiste Marconi-Antenne. So eine Antenne hat übrigens etwa 18 Ohm Fußpunktwiderstand als λ/4-Strahler.
Es ist nun ldar, dass so ein Antennengebilde besonders im Resonanzfall auch Icraftig abstrahlen kann.
Ein weiteres Kennzeichen der Mantelwellen ist eine sinusfOrmige Strom-Spannungs-Verteilung wie auf einem Antennendraht. Mit Welligkeit hat dies allerdings nichts zu tun. Wie üblich, ergeben sich Maxima und Minima bei Strom und Spannung im Abstand von λ/4 entlang der AuBenseite des Koaxkabelmantels.
Die entsprechende HF-Energie wird wieder an die Umgebung abgestrahlt. Die Polarisation ist nun aber im Allgemeinen vertikal, da das Koaxkabel in der Regel so geführt wird. In einer solchen Polarisation ist eine eventuelle Storwirlaing allgemein wesentlich ausgepragter als horizontal.
Weiter storend ist die Spannung auf dem Koaxmantel, der idealerweise Erdpotential haben sollte. Bei großer Sendeleistung und relativ hohem Erdübergangs-Wechselstromwiderstand kann dadurch auf dem Transceivergehause eine betrachtliche Spannung gegen Erde entstehen.
Diese Storungen betreffen den Rundfunkund Femsehempfang. Die Mantelwellen breiten sich ja entlang dem Koaxkabel von der Antenne bis zurtick zum Sender aus und werden auch bis dorthin abgestrahlt.
Klar, dass bei Abstrahlung im Haus bzw. nahe einer Empfangsantenne ür Rundfunk oder Fernsehen oder aber auch nahe eines Gerates Storungen auftreten konnen.
Satelliten-Empfangsanlagen werden in der Regel davon nicht betroffen, da sie im GHz-Bereich arbeiten. Auch Kabelfemseh-Anlagen werden fast nicht beeinflusst.
Dagegen treten hauüg Storungen beim Telefonbetrieb auf, sowohl bei drahtgebundenen als auch schnurlosen Anlagen.
Die Ursachen dafür sind vielfaltig. Teils erfolgt Demodulation an alien Kohlemikrofonen oder an Eingangsschutzdioden. Diese kann in der Regel durch Verdrosselung der Stromversorgung bei Schnurlostelefonen sowie der Telefonleitung zur Anschlussdose minimiert werden. Bild 1 zeigt eine Ferritstabdrossel zum Schutz eines Telefons vor Mantelwellen.
Bild 1: Ansicht einer Ferritstabdrossel fürs Telefon.
Viele Funkamateure kennen die Situation, dass die Gegenstation meldet, man hate HF im Mikrofon.
Dies ist nichts anderes als die Rückwirkung der auch an der Funkstation vorhandenen storenden Mantelwellen, die direkt in das Mikrofon oder in die Verbindungsleitung einstrahlen.
Der dann bei SSB auftretende Effekt besteht in einem heiser und verzerrt klingenden Sprachsignal. Die storende HF, welche die gleiche Frequenz wie das abgestrahlte Signal hat, bewirkt in erster Linie Mitkopplungseffekte, welche zu den erw5hmen Verzerrungen führen.
Eine weitere Beeintrachtigung besteht in der Beeinflussung des Strahlungsdiagramms. Jedes Strahlungsdiagramm ist abhangig von Art und Umgebung der Antenne, aber auch der Speisung. Dies allerdings nur dam, wenn eine symmetrische Antenne unsymmetrisch gespeist wird oder umgekehrt.
Hatte z. B. die Dipolantenne bei symmetrischer Speisung durch eine rechtwinkelig abgehende Hühnerleiter ein bestimmtes Strahlungsdiagramm mit einer ausgepragten Nullstelle in eine bestimmte Richtung, dann wikde these Eigenschaft bei direkter Anspeisung mit einem Koaxkabel verfalscht. Die Schenken strahlen nicht mehr symmetrisch, da ein Schenkel ja über den Mantel des Kabels und den Erdleiter an Erde liegt.
Beim Dipol spielt dies praktisch keine besonders großBe Rolle, eventuell ist die Verzerrung sogar von Vorteil. Jedoch konnen Mantelwellen auch bei Speisung von Richtantennen (Beams and Logperiodics) auftreten. Dann konnte dies sehr wohl storen, da die Richtcharakteristik unerwünscht verfalscht wird.
Betrachtet man den Energiefluss im Inneren eines angepassten Koaxkabels, dann erfolgt die Übertragung zwischen Sender und Verbraucher mit homogener Feldverteilung. Eine Abstrahlung durch den Mantel nach außen ist sehr gering and kann oft vemachlassigt werden. Das Schinnmaß und ist von der Bauart des Kabels abhangig. Für RG 58U betragt es etwa 50 dB. D. h., bei einer Übertragung von 100 W im Kabelinneren gelangt nur 1 mW nach außen. Man kann sich darüber streiten, ob man dabei von einer Mantelwelle spricht. Maxima and Minima sind hierbei schließlich nicht feststellbar, Strom und Spannung fallen nur entsprechend der Dampfung leicht über die Kabellange.
"Richtige" Mantelwellen haben andere, oben bereits erwahnte Ursachen. Selbst bei Anpassung einer symmetrischen Antenne an den Wellenwiderstand des Koaxabels kommt es zu diesem interessanten, aber argerlichen Effekt. Diese Mantelwellen entstehen durch direkte Einstrahlung der Antenne auf die Außnseite der unsymmetrischen Speiseleitung.
Am besten gelingt dies im 6-m-Band, die Abstande zwischen einem Minimum und einem Maximum sind dann nur 1,5 m lang, man kann den Versuch im Shack machen.
Man spannt 5 m Koaxkabel waagrecht aus und baut sich eine Stromzange aus einem Ringkern. Bild 5 zeigt diesen Aufbau.
Bild 5: Messanordnung fur die Praxis.
Die eine Seite des Kabels kommt an den Sender, am Ende wird der Innenleiter mit 0,5 m Draht verlängert.
Dann noch ein Oszilloskop an die Ringkernwicklung anschließen, und alle 1,5 m wird man einen Wechsel von Maximum auf Minimum feststellen konnen.
Dabei wird mit minimaler Leistung in CW gesendet.
Mantelwellen treten auch im Empfangsfall auf, das Koaxkabel wirkt mit seinem Schirm als Empfangsantenne.
Die Anzeige erfolgt wieder mit der Stromzange, diesmal mit zwei Windungen des Koaxkabels bewickelt, die an das Oszilloskop geschaltet werden.
Das Koaxkabel ist bei diesem Versuch mit dem Transceiver verbunden, liegt somit an Erde.
Am Oszilloskop sieht man abhangig von der Lange des Koaxkabels die Modulation von diversen starken Rundfunksendern als undeünierte HF-Spannung mit einer Witte von ca. 50 mV. Dies zeigt Bild 3.
Bild 3: Hohe Spannung mit Schirm an Masse.
Trennt man das Kabel vom Transceiver es liegt dann mit seinem Schirm nicht meter an Masse - gibt es lediglich eine geringe Anzeige am Oszilloskop, da dann kein EmpfangsHF-Strom gegen Erde fließt (Bild 4).
Bild 4: Geringe Spannung mit offenem Schirm.
Nachdem nun die Mantelwellen nachgewiesen wurden, kann man sich uberlegen, was dagegen zu tun ist.
Hier bieten sich verschiedene Moglichkeiten an, die alle eines gemeinsam haben, namlich dem Koaxschirm das Verhalten einer Induktivitat zu verleihen. Dadurch wird der Stromfluss an der AuBenseite gedampft, ohne das Ubertragungsverhalten des Kabels zu beeinflussen.
Für die schnelle Messung benotigt man einen Tracking Generator sowie einen Spectrum Analyzer.
Bild 2 zeigt die Messanordnung.
Bld 2: Versuchsanordnung zum Mantelwellennachweis.
Gut geeignet sind Abwasser-Plastikrohre mit 120 mm Durchmesser. Diese werden mit dem Koaxkabel Windung neben Windung bewickelt (Bild 6).
Bild 6: Eine Koaxdrossel mit 12 Wdg. RG 58U
Wird dieses Gebilde direkt nach der Antenne als Teil des Koaxkabels montiert, entsteht eine Induktivitat, die HE-Strome am Rückfluss zur Erde hindert, ohne den Stromfluss im Innern des Kabels zu verandern.
Es gilt zwar, je großer die Induktivität, desto großer auch die dampfende Wirkung, jedoch macht bier die Kapazitat der einzelnen Windungen zueinander einen Strich durch die Rechnung.
Bei höheren Frequenzen wird sich keinen nennenswerte Dampfung ergeben.
Dies sieht man sehr schon bei Bild 7. Es zeigt den betrachtlichen Sperreffekt bis zu der Resonanzfrequenz, die sich aus Induktivitat und Windungskapazitat ergibt. Hier ergibt sich das Dampfungsmaximum, das bei hoheren Frequenzen dann wieder abnimmt.
Bild 7: Darstellung des Sperrverhaltens der gleichmüBig gewickelten Koaxdrossel.
Verringert man die Windungszahl, verringert sich die Dämpfung bei niederen Frequenzen, das Dämpfungsmaximum wandert aber zu hoheren Frequenzen.
Manche wickeln das Koaxkabel zu einem wilden Bündel, was man aber vermeiden sollte, denn die dann entstehende große Wicklungskapazität macht sich bei hoheren Frequenzen bemerkbar, sodass die Koaxdrossel ab etwa 8 MHz unwirksam wird.
Bild 8 zeigt den Dampümgsverlauf einer Koaxdrossel aus 20 Wdg., unregelmäßig gewickelt.
Bild 8: Das Sperrverhalten einer sehr ungleichmäßig gewickelten Koaxdrossel.
Der Aufbau mit 12 Wdg. bietet für Frequenzen von 1,8 bis 30 MHz eine gute Lösung.
Wickelt man das Koaxkabel nicht zu einer relativ großen Spule, sondern über einen Ferritstab, so erhalt man eine wesentlich kleinere Drossel, die man bevorzugt bei der Einführung des Koaxkabels in die Wohnung oder das Haus anbringt (Bild 9). Im Vergleich zur Kabeldrossel ist diese Drossel etwas weniger effektiv, aber dennoch gut zu gebrauchen. Bild 10 zeigt den Dampfungsverlauf einer Kabeldrossel im Vergleich zu einer Ferritstabdrossel.
Bild 9: Eine Ferritstabdrossel mit 20 Wdg. und 40 µH.
Bild 10: Vergleich des Sperrverhaltens von Koax- und Ferritstabdrossel.
Neben diesen beiden Drosseln gibt es noch die halbschaligen, langlichen Ferrite, die man über das bereits verlegte Koaxkabel klappen kann (Bild 11, 12). Dies scheint nicht sehr wirkungsvoll; ich war am Anfang skeptisch. In der Tat ist die Wirkung sehr gering, es sind mindestens zehn Stuck erforderlich, urn eine der Kabeldrossel ähnliche Wirkung zu erzielen.
Bild 11: Ansicht zweier Klappferrite.
Bild 12: Ein Klappferrit leisst sich sehr einfach montieren.
Bei Ferritperlen schlieBlich ist die Wirkung ahnlich wie bei den Klappferriten, jedoch ist infolge der flachen Perlen eine noch groBere Anzahl zu verwenden. Man benotigt etwa 50 Stück, um eine ähnliche Wirkung wie bei einer Koaxdrossel zu erzielen (Bild 13).
Bild 13: Ferritperlen auf einem Koaxkabel.
Bild 14 zeigt ahnliche Dampfungsverlaufe - einmal mit zehn Ferritperlen und zum anderen mit vier Klappferriten erzielt.
Bild 14: Dampfungsverlaufe mit zehn Ferritperlen (oben) und vier Klappferriten (unten). Bis 5 MHz ergibt sich kein Unterschied.
Im Amateurfunk bewahrt hat es sich, das Koaxkabel durch einen Ferritringkern zu wickeln. Es sind große Ferritkerne aus dem Material 77 zu bevorzugen, die man mit ca. sechs Windungen bewickelt. Die dadurch erzielte Indulctivitat ist mit der der Kabeldrossel vergleichbar. Es hat sich herausgestellt, dass man ohne Weiteres Windung an Windung wickein kann (Bild 15). Bei einer versetzten Wicklung (Bild 16) erhalt man jedoch den Vorteil del idealen 180°-Richtung der beiden Koaxanschlüsse. Bild 17 zeigt Dampfungsverlaufe - einmal mit zehn Ferritperlen und zum anderer mit einer Ringkerndrossel.
Bild 15: Windung an Windung bewickelter Ringkern.
Bild 16: Versetzt bewickelter Ringkern.
Bild 17: Dämpfungsverlaufe mit zehn Ferritperlen (oben) and 6 Wdg. RG 58U (unten). Bis 10 MHz 1st der Ferritkern deutlich überlegen.
Typ | Quelle | Bezeichnung |
Ferritstabe | Andy's Funkladen | Ferritstab B |
Ringkerne | Reichelt | FT 140-11 |
Klappferrite | Reichelt | Ferritring 5,0 |
Ferritperlen | Reichelt | RIK 10 |
Die gleiche Wirkung wie mit der Kabeldrossel erreicht man mit einem Strombalun oder Guanella-Übertrager.
Dabei wird der rücklaufende Strom an der Koaxkabel-AuBenseite unterdrückt. Der Übertrager erzwingt eine symmetrische Speisung der Dipoldrahte, es wird zusatzlich Erdfreiheit im Speisepunkt simuliert.
Dies funktioniert für Kabel, die in der Symmetrieebene des Dipols rechtwinklig abgehen.
Solange dies der Fall ist, nimmt das Speisekabel keine HF-Energie über die beiden Antennendrahte auf.
Ist das nicht der Fall, dann induziert das elektromagnetische Feld Energie in den Koax-Außenmantel, der dann diese Energie wieder abstrahlt.
Bild 18 zeigt den Aufbau, Bild 19 den Dampfungsverlauf des 1-kW-Strombaluns.
Bild 18: Ein Strombalun fur 1 KW mit Teflondrahten.
Bild 19: Der Dümpfungsverlauf des Strombaluns.
Am Speisepunkt der Antenne wird ein Strombalun oder eine Kabeldrossel empfohlen.
An der Einführung des Koaxkabels in die Wohnung oder das Haus sollte ebenfalls eine Kabeldrossel vorgesehen werden.
An der Station bewahrt sich eine Ferritstabdrossel.
Sollte es trotzdem noch zu Storungen kommen, dann muss die zusatzliche Verdrosselung mit Ferritstabdrossehi aller Kabelverbindungen ins Stromnetz bzw. zum Netzgerat ins Auge gefasst werden. Dabei bitte nicht vergessen, auch den Nullleiter zu verdrosseln.
Um die zunachst nur labormaßig getesteten Mantelwellensperren zu untersuchen, wurden Messungen an einer kompletten Antennenanlage durchgeführt (Bild 20).
Bild 20: Skizze des Messaufbaus einer kompletten Antennenanlage.
Dabei stellte sich heraus, dass die vorher so hervorragenden Dampfungswerte in der Praxis ziemlich schrumpfen. Diese Ergebnisse zeigen Bild 21 bis 24.
Bild 21: Spektrogramm ohne jegliche Sperre (0 dB).
Bild 22: Mit Koaxdrossel 2 werden nur 3 dB Damp fang erzielt.
Bild 23: Zwei Koaxdrosseln bringen bereits 12 dB Dampfung.
Bild 24: 20 dB Dampfung mit zwei Koaxdrosseln und einer Ferritstabdrossel.
Besonders auffallig ist es, dass bei der Serienschaltung von zwei Koaxdrosseln (Drossel 1 nach der Antenne und Drossel 2 an der Hauseinführung) nur 12 dB Dampfung erreicht werden.
Relativ viel bringt die Ferritstabdrossel direkt an der Station, dadurch ergeben sich zumindest 20 dB Gesamtdampfung.
Typ | 1 MHz | 3 MHz | 5 MHz | 7 MHz | 14 MHz |
Kabeldrossel 12 Wdg. | 5 dB | 12 dB | 20 dB | 27 dB | 36 dB |
Kabeldrossel 5 Wdg. | 3 dB | 10 dB | 18 dB | 23 dB | 30 dB |
Kabeldrossel 20 Wdg., Kindel | 10 dB | 40 dB | 20 dB | 15 dB | 2 dB |
Ferritstabdrossel 20 Wdg. | 10 dB | 20 dB | 25 dB | 35 dB | 25 dB |
Ringkerndrossel 6 Wdg. | 25 dB | 25 dB | 22 dB | 20 dB | 18 dB |
Ferritperlen 10 Stk. | 1 dB | 10 dB | 15 dB | 17 dB | 18 dB |
Klappferrite 4 Stk. | 7 dB | 10 dB | 15 dB | 20 dB | 22 dB |
Strombalun | 2 dB | 3 dB | 5 dB | 7 dB | 12 dB |
DJIUGA, Hans Nussbaum.