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Der S-Wert in Theorie und Praxis

Besonders bei Kurzwellen-QSOs sowie im Contestbetrieb ist der Rapport wichtig. Doch um welche Art der Bewertung handelt es sich hierbei eigentlich aus technischer Sicht?

Dieser Beitrag führt in die Materie der Mikrovolt und Dezibel. Die Praxis wird dabei nicht zu kurz kommen.

Die Definition

Um dem Operator an der Station die Moglichkeit zu geben, sich fiber die Starke seines Signals bei der Gegenstation zu informieren, wurde neben der Lesbarkeit (Readbility, R) und der Tonqualitat (Tone, T), beides Werte die eher nach dem "Gefühl" des Operators gegeben werden, der S-Wert eingeführt. Dieser wird (hoffentlich) direkt von einer zu diesem Zwecke vorgesehenen Anzeige, dem S-Meter, abgelesen. Das S steht hierbei für Signal-strength (Signalstarke).

Um dabei nicht mit den Mikrovolt der Antenneneingangsspannung hantieren zu müssen, wurden neun S-Stufen eingeführt. In der zu dieser Zeit üblichen Betriebsart A1A ware es ja auch ziemlich langwierig gewesen, einen Spannungswert korrekt zu übermitteln. Duch internationale Festlegungen wurde in früherer Zeit wie folgt definiert:

S9 = 100 µV an 50 Ω

Als die Empfanger dann empfindlicher wurden, wurde revidiert und zwischen den Frequenzbereichen bis bzw. über 30 MHz unterschieden. Begründen lasst sich these Unterteilung mit der Tatsache, dass erstens über 30 MHz durch die Wellenausbreitung bedingt keine so starken Signale wie auf Kurzwelle auftreten und zweitens der Rauschpegel dort nicht so hoch wie auf KW ist. Bis zum heutigen Tag blieb es bei den S9-Pegeln von 50 µV bis 30 MHz und 5 µV für Frequenzen darüber.

Die Theorie

Jeder S-Wert weist gegenüber seinen benachbarten Werten einen Unterschied von 6 dB auf. Über S9 und somit für starke Eingangssignale interessant, wird nicht mehr in S-Stufen sondern gleich in 10-dB-Stufungen über dem "Referenzrenzpegel" S9 abgelesen.

Jeder S-Stufe kann somit ein zugehoriger HF-Spannungspegel zugeordnet werden. Da nach dem Ohmschen Gesetz

U2 / R = P

ist und wir uns in einem 50 Ohm System befinden, entspricht dieser HF-Spannungspegel auch einer äquivalenten Eingangsleistung. Aufschluß über den Zusammenhang zwischen S-Wert und definierter HF-Leistung am Empfangereingang gibt Tabelle 1. Hier ist auch so richtig schon ersichtlich, welch ungeheure Dynamik (darunter ist der Bereich zwischen der kleinsten detektierbaren und der großten noch verarbeitbaren Eingangsspannung zu verstehen) ein Empfangereingangsteil aufweisen muss!

Tabelle 1a: Frequenzen bis 30 MHz
S-WertSpg. an 50 Ω [µV]Leistungspegel [dBm]Leistung [W]
10,20-121794 a
2039-1153,16 f
30,79-10912,6 f
41,58-10350 f
53,13-97200 f
66,25-91794 f
712,50-853,16 p
825-1912,5 p
950-1350 p
9+10 dB158-63500 p
9+20 dB500-535 n
9+30 dB1.583-4350 n
9+40 dB5.000-33500 n
9+50 dB15.830-235 µ
9+60 dB50.000-1350 µ
Tabelle 1b: Frequenzen über 30 MHz
S-WertSpg. an 50 Ω [µV]Leistungspegel [dBm]Leistung [W]
10,020-1417,94 a
20,039-13531,6 a
30,079-129126 a
40,158-123500 a
50,313-1172 f
60,625-1117,94 f
71,250-10531,6 f
82,500-99126 f
95-93500 f
9+10 dB15,8-835 p
9+20 dB50-7350 p
9+30 dB15,8-63500 p
9+40 dB500-53 55 n
9+50 dB1583-4350 n
9+60 dB5000-33500 n

µ = mikro = 10-6; n = nano = 10-9; p = piko = 10-12; f = femto = 10-15; a = atto = 10-18

In der Praxis

aber ist wieder einmal fast alles anders. Die Spannung zur Aussteuerung der S-Meter-Anzeige wird üblicherweise aus Gleichspannung zur Regelung der Zwischenfrequenzverstarker gewonnen. Im Grunde genommen eine praktikable Losung. Denn je größer das Eingangssignal, desto kleiner die notwendige Verstarkung auf ZF-Ebene. Es besteht hier somit schon ein Regelkreis, wo die Ableitung eines Signals zur S-Meter-Anzeige einen zusatzlichen, angenehmen Nebeneffekt darstellt. Bei manchen Amateur-Transceivern erkennt man diese Art der Gewinnung an dem Effekt, dass beim manuellen Zurdckdrehen der HF-Verstarkung (RF-Gain) plotzlich die S-Meter-Anzeige in Richtung großerer Werte hin ausschlagt.

Das Problem liegt nun eher darin, eine schaltungstechnische Moglichkeit zu finden, das Anzeigeinstrument mit einer so konvertierten Regelspannung zu beaufschlagen, dass der angezeigte Wert wieder einigermaßen stimmt. Eine weitere dabei auftretende Schwierigkeit ist, dass die Dynamik der Regelspannung um einiges geringer ist als die mit rund 110 dB veranschlagte Anzeigedynamik des S-Meters (S1 bis S9 + 60 dB).

Typischer Anzeigeverlauf

So kommt es, dass bei fast alien Amateurgeraten ein almliches Verhalten der Anzeige festzustellen ist. Wahrend im unteren Bereich eine deutliche Unempfindlichkeit nachgewiesen werden kann (der Eingangspegel muss hier wesentlich hoher sein als es der adaquate S-Wert verlangen würde), ist erst fiber S7 zumeist eine "brauchbare" Übereinstimmung mit den festgelegten Pegeln vorhanden (Bild 1).

Bild 1
Bild 1: Darstellung der typischen S-Meter Unlinearitat bei Amateur-Transceivern.

Fast immer wird von den Herstellern auf S9 abgeglichen, und so ist an diesem Punkt wohl zumeist der ehrlichste Wert zu finden.

Wird der Vorverstarker oder ein Dampfungsglied im Gerat zugeschaltet, so wirkt sich die naturlich auf die Regelspannung und somit auf die S-Meter-Anzeige aus. Im Grunde dürfte sich dabei der angezeigt S-Wert nicht andern, da solch eine interne Veranderung im Empfangsweg ja nichts an dem am Empfangereingang liegenden HF-Spannungspegel andert. Eine dadurch hervorgerufene Wertanderung ist also schlichtweg falsch und durch den bei der Entwicklung des Gerats einzugehenden Kompromisses zwischen Aufwand und Anzeigegenauig,keit zu begründen.

Kalibrierung, ein schwieriges Unterfangen?

Es fangt schon damit an, dass eine kalibrierte HF-Quelle zur Verfügung stehen muss. Also auf zum nachsten OM mit Messpark (hi)...

Man betrachte dazu einen typischen Messaufbau (Bild 2). Mit dem HF-Generator wird dem Empfanger ein definierter Pegel nach Tabelle 1 zugeführt und dabei der S-Meter-Ausschlag betrachtet. Wird der angezeigte Wert auf den zugehörigen Pegel abgeglichen, so stimmt zwar von nun an dieser eine Wert, aber zumeist verschiebt sich die gesamte S-Meter-Kennlinie, und für die restlichen Werte der Anzeige halt sich die erzielte Verbesserung wiederum in Grenzen.

Bild 2
Bild 2: Messaufbau zur S-Meter-Kalibrierung.

Eine bessere Moglichkeit besteht darin, einfach die zu dem am Generator eingestellten HF-Pegel abgelesenen S-Werte zu notieren. Man kann dann ein Diagramm zeichnen, das fiber die in der Regel stark fehlerbehaftete Originalanzeige auf den richtigen S-Wert führt. Im QSO ist es nun moglich, schnell und einfach halbwegs ehrlichere Rapporte zu geben. Des weiteren würde ein HF-Indikator (der Begriff Messempfanger ware wohl übertrieben) mit groben Stufen im Shack zur Verfügung stehen.

Fehlerquellen und Einflüsse

Zur nicht idealen Kennlinie und den daraus resultierenden falschen Anzeigewerten gesellen sich noch weitere storende Effekte hinzu. Man denke einmal an eine typische Funkstelle des Amateurfunkdienstes: Antenne mit einigen dB Gewinn (S-Wert steigt), die Strahlungskeulen der Antenne zeigen in irgendeine undefinierte Himmelsrichtung (S-Wert sinkt, wie soil der aufgespannte Drahtdipol auch gedreht werden?), Kabeldampfungen bei hoheren Frequenzen (S-Wert sinkt).

Den Gipfel der Originalität bilden dann QSL-Karten, wo der Rapport vermerkt wurde, jedoch überhaupt keine Angaben über die Empfangsstation und deren Ausrüstung zu finden sind. Stellt sich zum Abschluss noch die Frage, warum der aktive Funkamateur regelrecht erpicht ist, einen Wert zu erfahren, welcher unter aufierst fragwürdigen Umstanden zu Stande kommt?

Fazit: Rapporte k6nnen durchaus interessant sein, urn Tendenzen abzuschatzen oder Vergleiche durchzuführen, der absolute S-Wert aber ist wenig aussagekraftig da die Schwankungsbreite auch im günstigen Fall wohl mindestens plus/minus zwei S-Stufen betragt. Das sind immerhin rund 12dB!

OE3RAA, Ralf Rudersdorfer.