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Aktive RC-Bandpaßfilter 1

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Theoretischer Teil

1. Einleitung

Über aktive Filter, in erster Linie Tiefpässe und Hochpässe, sowie deren Kombination zu Bandpässen wurde bereits früher berichtet (Lit. 1, 2, 3). Es soll eine interessante Form eines aktiven Bandpassfilters gezeigt werden, die sich leicht berechnen läßt und bei Beachtung einiger einfacher Regeln völlig sicher im Nachbau ist. Die Unterlagen hierzu wurden in (Lit. 4) gefunden. Die dort angegebenen Formeln werden als gegeben hingenommen, ihre Ableitung dürfte für die praktische Anwendung ohne Interesse sein. Dagegen wird besonders auf Vereinfachungsmöglichkeiten hingewiesen und gezeigt, wie man mit diesen Formeln vorteilhaft arbeiten kann.

Verwendet wird die Schaltung nach Bild 1. Der darin enthaltene Operationsverstärker und die an ihn zu stellenden Forderungen werden in Abschnitt 7 näher besprochen. Die Schaltung enthält als frequenzbestimmende Teile die Widerstände R1, R2, R3, sowie die Kondensatoren C1 und C2.

Die Parallelschaltung von R 1 und R 2 wird Rp genannt, sie errechnet sich nach der bekannten Formel

Eq 1

Außerdem werden die an sich bekannten Zusammenhänge

Eq 2 und Eq 3

benötigt, in denen fo die Resonanzfrequenz, also die gewünschte Mittenfrequenz des Filters sein soll, Q die Güte, wie bei einem Schwingkreis und b die Bandbreite zwischen den minus-3-dB-Punkten. Sind statt der Mittenfrequenz die beiden minus-3-dB-Eckfrequenzen gegeben, so ist die Mittenfrequenz als das geometrische Mittel dieser beiden Frequenzen zu errechnen, also Eq 4

Bild 1
Bild 1: Schaltung des aktiven Bandpaßfilters (ohne Gleichspannungswege)

2. Festlegung der Anforderungen

Vor der Berechnung muß festgelegt werden, welche Eigenschaften das gewünschte Filter aufweisen soll - und zwar: die Mittenfrequenz des Filters (fo) und seine Güte Q oder die Bandbreite b, womit sich nach Formel (3) die Güte errechnen läßt. Außerdem ist es erforderlich, die Verstärkung V des Filters vorzugeben. Am einfachsten ist es V = 1 einzusetzen, das heißt die Ausgangsspannung soll bei der Resonanzfrequenz gleich der Eingangsspannung sein. Häufig läßt sich allerdings in einem Gerät in anderen Stufen an Aufwand sparen, wenn man einen Teil der Verstärkung gleich dem Filter überläßt.

Sind diese Forderungen (fo, Q und V) geklärt, so ist durch eine kleine Vorberechnung zu ermitteln, welcher der beiden möglichen Berechnungswege in Frage kommt. Hierzu errechnet man den Wert √V/2. Ist die gewünschte Güte Q größer als dieser Wert so gelten die in Abschnitt 3 folgenden Formeln, ist jedoch Q kleiner als √V/2, so sind die in Abschnitt 4 angegebenen Formeln zu verwenden. Dabei ist zu beachten, daß ein Übergangsgebiet existiert, in dem beide Berechnungsarten gelten; dies ist in Abschnitt 5 erklärt.

3. Filterberechnung bei Q ≥ √V/2

Die beiden Kondensatoren C1 und C2 werden in handelsüblichen, leicht erhältlichen Werten frei gewählt, wobei man als Anhaltspunkt von folgenden Größenordnungen ausgehen kann:

fo in der Größenordnung1 Hz10 Hz100 Hz1kHz10 kHz
C1, C2 ungefähr10 µF1 µF100 nF10 nF1 nF

Kapazität und Mittenfrequenz miteinander multipliziert sollen also ungefähr einen Wert um 10-5 ergeben. Aus den angenommenen Kondensatorwerten und den schon vorher festgelegten Forderungen die das Filter erfüllen soll, errechnen sich die noch fehlenden Widerstände R1 bis R3 nach folgenden Formeln:

Eq 5

Eq 6

Eq 7

Eq 8

Eine deutliche Vereinfachung ist möglich, wenn für C1 und C2 der gleiche Wert gewählt wird, also C1 = C2 = C. Dann ergibt sich

Eq 9

Eq 10

R2 ist weiterhin zu errechnen nach Gl. (7)

Eq 11

Diese schon deutlich einfacheren Gleichungen lassen sich noch einmal vereinfachen, wenn man die Verstärkung mit V = 1 vorgibt. Bei V = 1 vereinfacht sich Gl. (9) zu

Eq 12

und Gleichung (11) zu Eq 13

während R2 wieder nach Gl. (7) zu errechnen ist.

4. Filterberechnung bei Q ≤ √V/2

Ist die gewünschte Güte kleiner als der Wert √V/2, so kann nicht von den Kondensatoren ausgegangen werden, sondern es sind R1 und R2 vorzugeben (z.B. mit 10 kΩ) und dann nach den folgenden Formeln R3, C1 und C2 zu errechnen:

Eq 14

Eq 15

Eq 16

Bei dieser Methode der Berechnung ist eine besondere Vereinfachung möglich, denn es kann R2 auch zu ∞ gewählt, also weggelassen werden, so daß sich R1 = Rp ergibt. Damit lassen sich die Formeln in der folgenden Weise vereinfachen:

Eq 17

Eq 18

während die Formel zur Berechnung von C1 unverändert bleibt (16).

Auch hier ist noch eine Vereinfachung möglich, wenn man die Verstärkung zu V = 1 wählt und man erhält:

Eq 19

Eq 20

Für C1 gilt auch in diesem Fall Gleichung (16).

5. Übergangsbereich zwischen beiden Dimensionierungsverfahren

Dividiert man Gl. 9 durch Gl. 10, so erhält man

Eq 21

Da Rp die Parallelschaltung aus R 1 und R 2 ist, kann Rp bei positiven Widerständen nie größer als R1 werden. Im Grenzfall, bei R2 =oo kann Rp höchstens gleich R1 sein. In diesem Fall wird aus Gleichung 21

Eq 22

Sollte Q kleiner gemacht werden als dieser Wert, so würden sich für R2 negative, also nicht realisierbare Werte ergeben. Deshalb die in Abschnitt 2 begonnene Auftrennung der Berechnung in die Fälle Q≥ √V/2 und Q ≤ √V/2.

Betrachtet man nun die im zweiten Fall gültige Formel 16, so sieht man, daß auch hier eine derartige Grenze herrscht und zwar darf hier Q2/V nicht größer werden als 1, weil sonst das Ergebnis dieser Formel unendlich oder negativ würde. Die Grenze liegt also hier bei Q2/V = 1 oder umgestellt bei Q = √V.

Zwischen den Grenzwerten Q = √V und Q = √V/2 gelten somit beide Rechenmöglichkeiten, wobei die Rechnung nach Abschnitt 4 ermöglicht, einen Widerstand (R2) zu sparen. Umgekehrt ermöglicht der Rechengang nach Abschnitt 3 die Vorgabe verfügbarer Kondensatorwerte, was oft wichtiger ist, als die Einsparung eines Widerstandes.

Zusammengefaßt ergibt sich somit:

Formeln nach Abschnitt 3 bei Q größer oder gleich √V/2.
Formeln nach Abschnitt 4 bei Q kleiner oder gleich √V

6. Impendanztransformation

Im allgemeinen wird man aus den Formeln Werte für die einzelnen Bauteile erhalten, die nicht den Normwerten lieferbarer Bauelemente entsprechen. Zwar gibt es Widerstände mit Toleranzen von besser als 1 % und diese auch gestaffelt in der Reihe E96 oder gar E192, jedoch werden diese dem Einzelnen nicht immer zur Verfügung stehen. Hier hilft man sich, indem man passende Widerstände parallel oder in Reihe schaltet, oder aber mit Hilfe genauer Meßgeräte aus einer Anzahl von Widerständen größerer Toleranz geeignete Exemplare aussucht.

Beim Rechnungsgang nach Abschnitt 3 konnte von den Kapazitäten ausgegangen werden, wobei man im allgemeinen C1 = C2 wählen wird. Für die Widerstände gilt das soeben Gesagte. Anders ist es bei dem Rechnungsgang nach Abschnitt 4. Hier werden die Widerstände vorgegeben und als Rechenergebnis meist recht "krumme" Kapazitätswerte erhalten.

Auch hier kann man durch Serien- oder Parallelschaltung versuchen, den errechneten Wert so gut wie möglich anzunähern. Oft hilft aber auch das Verfahren der "Impedanz-Transformation" weiter. Hierbei sind beispielsweise alle Widerstände um einen Faktor "k" zu (vergrößern, während man die Kondensatorwerte durch den gleichen Faktor dividiert. Damit kann man bei etwas Geschick erreichen, daß die Kondensatoren Normwerte haben (wenigstens einer von beiden)und daß für die Widerstände andere Normwerte eingesetzt werden können, da diese ja im allgemeinen feiner gestaffelt in ihren Werten verfügbar sein werden, als die Kondensatoren. Bei richtiger Anwendung dieses Verfahrens ändern sich die vorgegebenen Filtereigenschaften nicht. Dieser Faktor "k" ist aber bei allen frequenzbestimmenden Teilen des Filters anzuwenden, also R1' = k × R1; R2' = k × R2; R3' = k × R3; aber dann C1' = C1/k und C2' = C2/k.

Beispiel: C1 sei mit 53 nF errechnet worden, jedoch ist nur 47 nF als nächstgelegener Normwert verfügbar. Der errechnete Wert für C2 ist dann um den Faktor 47/53 zu verkleinern, während R1 bis R3 um den Faktor 53/47 zu vergrößern sind, um die gewünschte Güte und Mittenfrequenz, sowie die Verstärkung beizubehalten.

7. Rechenverstärker und Anwendungsgrenzen

Voraussetzung für das Arbeiten der Schaltung ist, daß die Leerlaufverstärkung des Rechenverstärkers wesentlich höher ist, als die innere Verstärkung der Schaltung. Diese beträgt 2 × Q2(5), woraus zu sehen ist, daß besonders bei Filtern hoher Güte und bei höheren Frequenzen die Eigenschaften des eingesetzten Rechenverstärkers wichtig sind. Soll zum Beispiel eine Güte von 10 erreicht werden, so ergibt sich eine innere Verstärkung der Schaltung von 200. Damit der Fehler wirklich vernachlässigbar ist, muß die Verstärkung des Rechenverstärkers 100 mal so groß sein, also 20 000. Dies ist ein Wert, den übliche, billige Verstärker z. B. vom Typ 741 (LM741, µA741 C usw. ) nur bei sehr niedrigen Frequenzen erreichen (siehe Mindestwert-Angaben in den Datenblättern). Damit zu rechnen, daß die typischen Werte ja im allgemeinen höher liegen als die Minimalwerte, ist leider Illusion, da bei den billigsten am Markt angebotenen Exemplaren selbst die Datenblattmindestwerte häufig noch unterschritten werden. Es ist also besonders bei Filtern, die eine hohe Güte erzielen sollen, wichtig, auf die Eigenschaften des Rechenverstärkers zu achten. Schon bei 1 kHz ist seine Leerlaufverstärkung wesentlich gegenüber der Verstärkung bei sehr niedrigen Frequenzen abgefallen. Man muß daher für Filter hoher Güte in Betracht ziehen, hochwertigere Verstärker, wie beispielsweise SG-(bzw. LM-) 218/318, 218A/ 318A oder einen extern kompensierbaren Verstärker, der breitbandiger kompensiert ist, einzusetzen.

Ein anderer Punkt ist noch zu beachten und zwar der Eingangswiderstand des Verstärkers. Dieser muß wesentlich höher sein, als die Impedanz der extern angeschlossenen Bauelemente, die etwa beim Wert von Rp liegt.

Für den Typ 741 kann man mit einem Eingangswiderstand von etwa 500 kΩ rechnen. Als Faustregel sollte Rp dann wenigstens 10 mal, besser aber 100 mal niederohmiger sein, hier also kleiner als 50 k02, besser aber kleiner als 5 kΩ. Bei einem Abstand von nur 1/10 zwischen Rp und Re sind noch gut messbare Abweichungen zwischen Rechnung und Messung festzustellen, während sie beim Verhältnis 1100 vernachlässigt werden können. Je nach den Ansprüchen der jeweiligen Anwendung wird man also das Verhältnis zwischen Rp und Re so wählen können, daß einerseits günstige Bauteilwerte erreicht werden, andererseits aber die errechneten Eigenschaften ausreichend genau realisiert werden. Anhaltspunkte hierzu geben die in Teil 2 berechneten und durchgemessenen Schaltungen. Ergeben sich bei einer Rechnung ungünstige Werte, so können sie auch hier durch eine Impedanztransformation in eine geeignetere Größenordnung gebracht werden.

Falls bei der Verstärkung schwacher Signale das Eigenrauschen des Rechenverstärkers stören kann, ist zu beachten, daß das Signal durch den Spannungsteiler R1/R2 erst einmal abgeschwächt wird, bevor das Filter selektiv verstärkt. In diesem Fall ist es besser eine Auslegung zu wählen, bei der kein Spannungsteiler am Eingang liegt, also R2 weggelassen wird. Dies erreicht man, wenn bei der Berechnung eine Verstärkung von V = 2 × Q2 zugelassen wird (Umkehrung der Gleichung 22) und erst nach dem Filter ein Spannungsteiler angebracht wird, wenn diese Verstärkung nicht benötigt wird. Hierdurch verringert sich zwar nun die Aussteuerbarkeit, was aber bei kleinen Signalen ohne Bedeutung ist.

8. Literatur

  1. E. Schmitzer: Aktive Filter Teil 1, UKW-Berichte 8 (1968) Heft 3, S. 195 - 202
  2. E. Schmitzer: Aktive Filter Teil 2, UKW-Berichte 8 (1968) Heft 4, S. 203 - 212
  3. E. Schmitzer: Aktive Filter mit steilem Dämpfungsanstieg, UKW-Berichte 10 (1970) Heft 1, S. 5 - 11
  4. Ferrel G. Stremler: simple arithmetic: an easy way to design active bandpass-filters, Electronics June 7, 1971, S. 86 - 89
  5. C. Schenk, U. Tietze: Aktive Filter, 3. Teil, Elektronik 1970, Heft 12, S. 422

Teil 1 - Teil 2

DJ4BG, Eckart Schmitzer.