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Einfache Ortskurven im Smith-Diagramm

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Impedanzen von Antennen, Verstärkereingängen und -ausgängen, Bauelementen usw. werden häufig nach Wirk- und Blindanteil in einer Ebene als "Ortskurve" in Abhängigkeit von der Frequenz dargestellt. Als Darstellungsebene eignet sich besonders das "Smith-Diagramm", das man als "gebogene" Gaußsche Zahlenebene betrachten kann (UKW-Berichte 4/1983). Aus der Lage und dem frequenzabhängigen Verlauf der Impedanz-Ortskurve können kapazitives oder induktives Verhalten des Meßobjekts, Reflexionsfaktor, Anpassungsbereich, Stehwellenverhältnis in Abhängigkeit von der Frequenz und noch mehr entnommen werden. Man kann aus dem Ortskurvenverlauf, zumindest abschnittsweise, auf L, R und C des vorliegenden Zweipols schließen und geeignete Kompensations- bzw. Anpassungsmaßnahmen treffen.

Die Bilder 1a und 1b zeigen einfache Ortskurven. In beiden sei der Normierungswiderstand (= Bezugswiderstand) ZN = 50 Ω, wie das bei den meisten Meßplätzen im Dezimeterwellenbereich üblich ist. Gemäß Ortskurve in Bild 1a läßt sich leicht zeigen, daß der gemessene Zweipol lediglich die Reihenschaltung aus einem ohmschen Widerstand und einer Kapazität ist:

Bild 1a
Bild 1a: Ortskurve einer Reihenschaltung aus R und C.

Bild 1b
Bild 1b: Ortskurve einer R/C-Parallelschaltung.

Aus Bild 1b ergibt die Ortskurve zwischen 100 MHz und 300 MHz nicht ohne weiteres ein systematisches Verhalten. Sowohl die Wirkanteile als auch die Blindanteile der einzelnen Ortskurvenpunkte sind verschieden! Impedanzmeßgeräte mit digitaler Anzeige würden Wirk- und Blindanteile gemäß Tabelle in Bild 2 für die verschiedenen Frequenzen angeben (Faktor "j" für "Blindanteil", Vorzeichen "-" für "kapazitiv"). Aus den Zahlenangaben schließt der Anwender zunächst, daß es sich um eine Reihenschaltung mit einem Blindanteil handelt, dessen Wert frequenzabhängig ist, was ja nichts besonderes ist. Er schließt daraus aber auch, daß der Wirkanteil frequenzabhängig ist, was hingegen, wenn man den Skin-Effekt ausschließt, merkwürdig ist!

Tatsächlich handelt es sich, das sei hier vorweggenommen, um eine simple Parallelschaltung aus einem ohmschen Widerstand (mit konstantem ohmschen Widerstandswert wohlgemerkt) und einer Kapazität. Wie eine solche Ortskurve entsteht, soll in den folgenden Absätzen gezeigt werden. Zunächst soll nur plausibel gemacht werden, daß eine Parallelschaltung von Rp und Cp vorliegen muß:

Bei den obigen Angaben muß allerdings vorausgesetzt werden, daß das betrachtete Ortskurvenstück Teil eines Halbkreises ist, wie ja schon die Lage der drei Kurvenpunkte für 100, 200 und 300 MHz vermuten läßt. Nur dann gilt die Annahme einer RC-Parallelschaltung!

Eine RL-Parallelschaltung ergäbe als Ortskurve in der Widerstandsebene ebenfalls einen Linienzug auf einem Halbkreis, jedoch in der oberen Widerstandsebene, wobei dieser Halbkreis für f → 0 in Richtung Nullpunkt geht (die Induktivität schließt den parallelen ohmschen Widerstand bei Gleichspannung, f = 0, kurz) und für f → ∞ durch Rp geht (die Parallelinduktivität ist bei hoher Frequenz hochohmig und somit ohne Einfluß auf den ohmschen Widerstand).

Es gibt zwei Möglichkeiten, aus einer Parallelschaltung von Rp und Xp die Koordinatenwerte Rs und Xs der äquivalenten (= gleichwertigen) Serien-Ersatzschaltung in Abhängigkeit von der Frequenz zum Zweck der Darstellung der Ortskurve (z.B. gemäß Bild 1b) zu gewinnen, nämlich einerseits mittels Berechnungsformeln, andererseits durch ein grafisches Verfahren.

Die Berechnungsformeln lauten:

Eq 1

Bei einer Parallelkapazität ist Xp = -1/ωCp, bei einer Parallelinduktivität ist Xp = +ωLp einzusetzen. (Hinweis: durch die Vorzeichen, "-" beim kapazitiven, "+" beim induktiven Blindwiderstand wird das Vorzeichen der Phase zwischen Spannung und Strom ausgedrückt!).

Beispiel: Es sei Rp = 100 Ω, Cp ≈ 8 pF. Dann ist Xp = -1/(2 × π × 108 Hz × 8 × 10-12 F) = -200 Ω. Dies gilt für 108 Hz = 100 MHz.

Daraus ermittelt sich

eq 2

Damit können die Serienwerte gemäß Tabelle im Bild 2 überprüft werden.

Bild 2
Bild 2: Tabelle der Wirk- und Blindanteile der äquivalenten Reihenschaltung.

f/MHzWirkanteilBlindanteil
10080 Ω-j40 Ω
20050 Ω-j50 Ω
30030 Ω-j46 Ω

Bild 3
Bild 3: Smith-Diagramm - oben Leitwerk-Ebene, unten Widerstands-Ebene.

Das grafische Verfahren interessiert hier allerdings mehr. Es geht wie folgt:

Wirk- und Blindwiderstand, Rp und Xp, werden mit ZN normiert, und dann wird aus deren Reziprokwerten der entsprechende Wirk- und Blindleitwert gewonnen: G' und B' (Apostroph dient zur Kennzeichnung, daß es normierte Werte sind!). Diese Leitwerte werden in ein gesondertes Smith-Diagramm (Bild 3, oben) eingetragen, das als "Leitwertebene" dient. Nun kommt der eigentliche Vorteil der Verwendung des Diagramms: Die Koordinaten Rs' und Xs' der äquivalenten Reihenschaltung findet man punktsymmetrisch, Symmetriepunkt ist die Mitte (1) des Smith-Diagramms. Das heißt: dreht man den Punkt für den Leitwert um die Mitte des Diagramms um 180° und trägt die so gewonnene neue Lage in ein zweites Smith-Diagramm ein, das als Widerstandsebene (Bild 3, unten) fungiert, so gibt der gedrehte Punkt durch seine Koordinaten direkt den (normierten) Wirk- und Blindwiderstand der äquivalenten Ersatzschaltung an, ohne daß die im vorigen Absatz angegebenen aufwendigen Formeln verwendet werden müßten.

Beispiel: Für die Frequenz 100 MHz soll der Wirk- und Blindleitwert einer Parallelschaltung aus 100 Ω mit einer Kapazität 8 pF in ein als Leitwertebene verwendetes Smith-Diagramm eingetragen werden. Aus der Punktsymmetrie sollen die Koordinaten des Wirk-und Blindwiderstands der äquivalenten Reihen-Ersatzschaltung gewonnen werden! Normierungswiderstand ZN = 50 Ω.

Lösung (vgl. hierzu auch Bild 3, oben und unten):

Es ist Rp = 100 Ω, Xpc = -1/(2 × π × 108 × 8 × 10-12) Ω = -2000. Rp' = 100 Ω/50 Ω = 2. Xpc' = -200 Ω/50 Ω = -4.

Aus den Reziprokwerten der normierten Widerstände erhält man die normierten Leitwerte G' = 1/2 = 0,5 und Bc' = -(1/-4) = +0,25.

Hinweis: der Vorzeichenwechsel beim Übergang vom Blindwiderstand auf den Blindleitwert und umgekehrt ist deshalb erforderlich, weil beim Widerstand das Vorzeichen des Winkels der Spannung in Bezug auf den Strom, beim Leitwert das Vorzeichen des Winkels des Stromes in Bezug auf die Spannung eine Rolle spielt. Dementsprechend würde aus einem positiven parallelen induktiven Blindwiderstand XpL ein negativer Blindleitwert BL!

Die normierten Leitwerte, im Beispiel 0,5 und +0,25, werden nun in das Leitwert-SmithDiagramm, Bild 3 oben, eingetragen. Dann wird die Symmetrielinie durch die Diagramm-Mitte zur Erzeugung der Punktsymmetrie gezeichnet. Der symmetrische Punkt hat den gleichen Abstand zur Diagramm-Mitte, denn der Reflexionsfaktor ändert sich durch diesen (theoretischen) Umwandlungsprozeß nicht. Der gewonnene Punkt muß nun in ein zweites Smith-Diagramm (Bild 3, unten) übertragen werden, das als Widerstandsebene fungiert. Die Koordinaten dieses Punktes in der Widerstandsebene sind die normierten Werte von RS und Xs der äquivalenten Serien-Ersatzschaltung, und zwar Rs = 1,6 und Xs = -0,8. Entnormiert man die Widerstandswerte, so erhält man daraus die in der Tabelle in Bild 2 für 100 MHz angegebenen Werte:

Rs = 1,6 × 50 Ω = 80 Ω, Xs = -0,8 × 50 Ω = -40 Ω.

In ähnlicher Weise können nun auch die Werte für 200 MHz und 300 MHz in die Leitwertebene (Smith-Diagramm, Bild 3 oben) eingetragen, und nach Drehung um 180° in die Widerstandsebene des Smith-Diagramms übertragen werden. Die Verbindung der erhaltenen Punkte ergibt tatsächlich die im Bild 1b vorgegebene Ortskurve, womit auch grafisch gezeigt ist, daß die technische Schaltung einer Parallelschaltung entspricht.

Der mathematische Beweis, warum durch die Drehung um 180° aus dem Leitwert im Smith-Diagramm ein Widerstand wird, soll hier nicht gebracht werden. Es dürfte jedoch einzusehen sein, daß ein Zweipol, sowohl als Leitwert als auch als Widerstand dargestellt, in beiden Fällen den gleichen Reflexionsfaktor haben muß. Dies drückt sich jedenfalls in Form des Reflexionsfaktorbetrags dergestalt aus, daß der Abstand des Ortskurvenpunkts von der Mitte des Smith-Diagramms sowohl in dem als Leitwertebene als auch in dem als Widerstandsebene verwendeten Smith-Diagramm gleich groß ist.

Für den Anfang wird empfohlen, für Leitwerte und Widerstände getrennte Smith-Diagramme zu verwenden (vorteilhaft kann es auch sein, eines der beiden auf Transparentpapier oder -folie zu haben). Bei genügender Übung wird der Anwender später selbst darauf kommen, für das Eintragen der normierten Leitwerte und Herauslesen der normierten Widerstände ein- und dasselbe Diagramm zu verwenden und die Koordinaten richtig entweder als Leitwert-Koordinaten oder als Widerstandskoordinaten zu interpretieren (Bild 4a und b). Bild 4b zeigt, daß das, was für Parallelschaltungen mit kapazitivem Anteil abgeleitet wurde, auch für Parallelschaltungen mit induktivem Anteil gilt, wenn man nur die jeweiligen Vorzeichen des Blindanteils vertauscht.

Bild 4
Bild 4: Umwandlung (= Inversion) einer Parallelschaltung (G = 1/Rp; B = -1/Xp) in eine Reihenschaltung (Rs; Xs).
a) Parallelschaltung aus R und C
b) Parallelschaltung aus R und L

Bild 5
Bild 5: Wirkung einer Serien-Induktivität.
a) Kompensation von Serien-C durch Serien-L bei einer Frequenz
b) Anpassung auf 1 = 50 Ω für eine Frequenz mit Serien-L

Wie eingangs erwähnt, kann man bei Kenntnis und richtiger Interpretation der Ortskurve geeignete Transformations- und Anpassungsmaßnahmen treffen. Bei der zu Bild la gehörenden Schaltung kann man mittels einer in Serie geschalteten Spule die kapazitive Wirkung kompensieren (Bild 5a). Es entsteht dadurch ein Serienschwingkreis und die Kompensation ist, wie leicht einzusehen ist, exakt nur für eine einzige Frequenz der Ortskurve möglich (im Beispiel Bild 5a für die Frequenz 100 MHz dargestellt). Im Smith-Diagramm für Widerstände bedeutet dies, daß der zu kompensierende Ortskurvenpunkt infolge Serien-L in Richtung zur positiven Halbebene verschoben wird. Die neue Ortskurve bleibt jedoch auf der ursprünglichen Koordinate konstanten Wirkanteils (im Beispiel Bild la ist dies der normierte Wirkanteil R' = 2, entnormiert R = 100 Ω). Der ohmsche Anteil ist also nach der Kompensation immer noch der gleiche. Eine Anpassung an einen anderen ohmschen Innenwiderstand, z.B. 50 Ω, kann man bei dieser Ortskurve, Bild la, durch Reihenschaltung eines weiteren Blindelements nicht erreichen. Hierzu müßte Parallel-Kapazität in Kombination mit Serien-Induktivität angewandt werden; darauf soll hier aber nicht näher eingegangen werden.

Bei einer Schaltung gemäß Bild 1b und Bild 2 kann jedoch sehr wohl durch Reihenschaltung einer Induktivität nicht nur eine Kompensation des Blindanteils, sondern auch eine Transformation auf einen anderen Wirkwiderstand, z. B. 50 Ω, erzielt werden (Bild 5). Dies gilt natürlich exakt auch wieder nur für eine Frequenz, doch ist auch in der Umgebung dieser Frequenz der ursprünglich von der Anpassung weit entfernt liegende Wirk- und Blindanteil in relative Nähe zum Diagramm-Mittelpunkt 1 - 50 Ω gerückt, wie Bild 5b zeigt.

Die Wahl der Größe solcher Transformationsbzw. Kompensations-Blindelemente sollte nicht Ziel dieses Aufsatzes sein. Er gibt aber immerhin die Richtung an, welche Elemente überhaupt zielführend sind und ermöglicht erfolgversprechende empirische Maßnahmen.

DG7GK, Dipl.Ing. Erich Stadler.