Rob's web

PLL-Oszillatoren mit Verzögerungsleitung 1

Home - Techniek - Electronica - Radiotechniek - Radio amateur bladen - UKW-Berichte - PLL-Oszillatoren mit Verzögerungsleitung 1


Theoretische Grundlagen

Das Problem, frequenzstabile VFOs zu bauen, ist so alt wie der Amateurfunk selbst. In früheren Jahren versuchte man, Röhrenschaltungen durch Temperaturkompensation und solide Mechanik in den Griff zu bekommen; heute sind es meist digitale Techniken, die zur Stabilisierung herangezogen werden (DAFC, PLL-Synthesizer).

Solange sich aber beim Amateurfunk im Gegensatz zu anderen Funkdiensten kein festes Kanalraster durchgesetzt hat (außer bei FM in den VHF/UHF-Bereichen), wird man bei der Suche nach einem Partner eben "übers Band drehen" - über welches auch immer. Für diese analoge Betriebstechnik erscheint ein analoges Abstimmsystem optimal; Rasteroszillatoren sind nur geeignet, wenn sie ausreichend kleine Schritte aufweisen (10 Hz für SSB/RTTY).

Eine interessante Lösung des Problems "frequenzstabile, analoge Abstimmung" wurde durch die Firma Karl Braun bekannt (VHF-Transceiver SE-400). Bei diesem Konzept wird eine PAL-Verzögerungsleitung als "Frequenz-normal" benutzt, mit dessen Hilfe die Drift eines diodenabgestimmten Oszillators praktisch eliminiert werden kann. Schaltungen dieser Art lassen sich relativ leicht nachbauen und für fast alle Frequenzbereiche dimensionieren (auch z. B. Kurzwelle); die wenigen Spezialteile sind im Handel erhältlich und nicht allzu teuer.

1. Prinzip des PLL-Oszillators mit Verzögerungsleitung

Zum besseren Verständnis ist in Bild 1 zunächst das Blockschaltbild eines einfachen PLL-Synthesizers dargestellt. Der diodenabgestimmte Oszillator "VCO" schwitngt mit der am Ausgang benötigten Frequenz f°. Diese wird in einem variablen Frequenzteiler durch N geteilt und in der Phasenvergleichsstufe mit einer quarzstabilen Referenzfrequenz ffef verglichen. Über einen Tiefpaß, der für die Stabilität der Regelschleife sorgt, wird der VCO so nachgestimmt, daß fo / N = fref ist. Die Ausgangsfrequenz der Schaltung errechnet sich damit zu fo = N × fref.

Bild 1
Bild 1: PLL-Synthesizer.

Will man kleine Frequenzschritte machen, so muß ffe} sehr tief gewählt werden (z. B. 10 Hz), was natürlich von Nachteil ist, denn einmal benötigt die Regelschleife nach jedem Frequenzwechsel längere Zeit zum Einschwingen, zum anderen können kurzzeitige Frequenzänderungen des VCO (z. B. Mikrofonie) nicht ausgeregelt werden. Außerdem wird bei tiefem tref der Teilungsfaktor N sehr groß, so daß der Aufwand an Zählerbausteinen relativ hoch wird.

Will man einen solchen Rasteroszillator mit einem Drehknopf abstimmen ("analoge Betriebstechnik"), so sind als zusätzlicher Aufwand noch eine Lochscheibe mit zwei Lichtschranken und ein Vor/Rück-Zähler zu investieren. Ein weiterer Nachteil dieser Art Schaltungen ist das Vorhandensein niederfrequenter, steilflankiger Impulse, deren Oberwellenspektrum besonders bei unzureichenden Abschirmmaßnahmen zu vielen Pfeifstellen im Empfänger, und zu Nebenausstrahlungen beim Sender führen kann.

Die einfachste Form des VL-PLL-Oszillators zeigt Bild 2. Auch hier erzeugt ein diodenabgestimmter VCO die benötigte Ausgangsfrequenz fo; diese gelangt einmal über die Verzögerungsleitung "VL", zum anderen über einen einstellbaren Phasenschieber zur Phasenvergleichsstufe. Den Phasenschieber wollen wir uns zunächst als ein schwarzes Kästchen vorstellen mit zwei Koaxbuchsen für Ein-und Ausgang und einem Drehknopf. Die Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Ausgangssignal soll sich durch Drehen des Knopfes einstellen lassen (12 Uhr = 0°, 3 Uhr = 90°, 6 Uhr = 180°, 9 Uhr = 270°), und zwar unabhängig von der Frequenz.

Bild 2
Bild 2: PLL-Oszillator mit Verzögerungsleitung.

Zum Verständnis der Wirkungsweise der Schaltung ist nun noch die Kenntnis der Eigenschaften der Verzögerungsleitung notwendig. Gibt man auf den Eingang einen kurzen Impuls (Bild 3a), so erscheint dieser am Ausgang um die Zeit t" verzögert. Diese Verzögerungszeit liegt durch die Herstellung des Bauteils fest und ist sehr konstant, also praktisch unabhängig von Alter und Temperatur. Sie beträgt bei Verzögerungsleitungen für PAL-Farbfernsehgeräte eine Zeilenperiode, also 64 µs. Über Aufbau und Original-Anwendung sei auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen.

Bild 3
Bild 3: Wirkung der VL in Abhängigkeit von der" Zeit.

Legt man eine sinusförmige Wechselspannung an den Eingang (Bild 3b), so erscheint diese natürlich ebenfalls um tv verzögert am Ausgang. Für die Phasenlage zwischen Ein-und Ausgangssignal gilt somit die Beziehung

Eq 1

Der Phasenwinkel ist also proportional zur Frequenz, siehe Bild 4a. Physikalisch macht es keinen Unterschied, ob zwei Schwingungen einen Phasenunterschied von z. B. 10° oder 370° aufweisen; man kann ganzzahlige Vielfache von 360° unberücksichtigt lassen. Der Phasengang der Verzögerungsleitung läßt sich deshalb wie in Bild 4b gezeigt darstellen.

Bild 4
Bild 4: Wirkung der VL in Abhängigkeit von der Frequenz.

Wie beim PLL-Synthesizer stimmt die Phasenvergleichsstufe den VCO so nach, daß die Phasendifferenz der Signale an ihrem Eingang gleich Null ist. Diese Differenz ist

eq 2

Darin ist φv, die durch den variablen Phasenschieber einstellbare Phase. Für die Ausgangsfrequenz ergibt sich damit

Eq 3

Sie ist also linear mit dem Drehknopf des Phasenschiebers abstimmbar; eine volle Umdrehung entspricht einer Frequenzänderung von 1/64 µs = 15,625 kHz.

Die Vorteile dieses Konzeptes sind nun deutlich geworden: Es ist kontinuierliches Abstimmen möglich; die einzige vorkommende Frequenz ist die Nutzfrequenz selbst (keine Probleme mit Nebenwellen oder Oberwellen-Störspektren), der Tiefpaß in der Regelschleife läßt sich so dimensionieren, daß Brumm- und Mikrofonie-Effekte des VCO aus-geregelt werden, und man benötigt nicht einmal ein Untersetzungsgetriebe für den Abstimmknopf.

Aber auch die Nachteile sollen nicht verschwiegen werden: Beim Einschalten ist nicht vorhersehbar, an welcher Stelle des Frequenzbereiches die Schaltung einrastet; pro MHz Abstimmbereich sind 64 Rastpunkte möglich, so daß der Einbau eines Frequenzzählers ratsam erscheint. Für einfache Anwendungen könnte man aber stattdessen die Abstimmspannung des VCO mit einem Drehspulinstrument anzeigen und die Skala in MHz eichen. Beim PLL-Synthesizer wird die Phasenvergleichsstufe zum Frequenzvergleich benutzt. Ein sich mit der Zeit langsam ändernder Phasenfehler ruft dort keine Änderung der Ausgangsfrequenz hervor (schnelle Änderungen erzeugen Phasenrauschen, das heißt Seitenbänder). Beim PLL-VL-Oszillator dagegen wirkt sich ein Phasenfehler auf die erzeugte Frequenz aus:

eq 4

Messungen an einigen Experimentieraufbauten zeigten bei einer Ausgangsfrequenz von 5 MHz eine Einlaufdrift von weniger als 100 Hz in den ersten 10 Minuten; danach etwa 10 Hz/Stunde (gemessen mit DCF77-synchronisiertem Zähler).

2. Die Komponenten des PLL-VL-Oszillators

2.1. Der VCO

Die Qualität einer Signalquelle hängt in hohem Maß von den Eigenschaften der eigentlichen Schwingschaltung ab; in dieser Beziehung verhält sich der VL-Oszillator wie alle PLL-Schaltungen. Es würde den Rahmen dieses Berichts sprengen, hier auf komplizierte Theorien und ausgefeilte Schaltungstricks einzugehen. Einige wichtige Punkte dürfen jedoch nicht unerwähnt bleiben:

2.2. Die Verzögerungsleitung

An dieser Stelle sollen uns nur diejenigen elektrischen Eigenschaften der Verzögerungsleitung interessieren, die für ihre Verwendung im PLL-VL-Oszillator von Bedeutung sind. Über die Phasenverhältnisse zwischen Ein- und Ausgangssignal wurde bereits im vorhergehenden Kapitel gesprochen; für den praktischen Einsatz ist natürlich auch Kenntnis über den Amplitudengang in Abhängigkeit von der Frequenz wichtig. Die typische Durchlaßkurve einer Verzögerungsleitung ist in Bild 5 dargestellt. Man erkennt neben einer Einfügungsdämpfung von ca. 10 dB ein Dämpfungsminimum bei etwa 4 MHz (Farbhilfsträgerfrequenz: 4,43 MHz bei PAL-Norm). Für Frequenzen zwischen 2 und 7 MHz ist die Gesamtdämpfung kleiner als 30 dB; ausschließlich dieser Bereich ist für die hier beschriebene Anwendung von Interesse. Für andere Frequenzbereiche ist Mischung und/oder Frequenzteilung oder -vervielfachung anzuwenden. Dazu Näheres später.

Bild 5
Bild 5: Durchlaßdämpfung einer VL (gemessen mit RG = RL = 50 Ω; Pin = -13 dBm).

2.3. Der variable Phasenschieber

Eine derartige Baugruppe wurde bereits vor vielen Jahren für Peilzwecke benutzt und nannte sich damals "Goniometer" (griech. "gonos" = Winkel). Sie bestand aus einem Paar von fest angeordneten und einem um 360° drehbaren Paar von Spulen. Bei geeigneter mechanischer Ausführung war dann die Phasenlage der in dem einen Spulenpaar induzierten Spannung proportional zum Drehwinkel, verglichen mit der Phase des Stromes, der dem anderen Spulenpaar zugeführt wurde. Eine solche Anordnung wäre hier durchaus brauchbar, doch sind die mechanischen Probleme beim Nachbau nicht gerade leicht zu lösen. Ein "käufliche" Version wäre also anzustreben.

Betrachten wir in diesem Zusammenhang Bild 6. Es ist ein HF-Transformator Tr gezeichnet, an dessen Primärwicklung die Eingangsspannung Ue liegt. Der Mittenabgriff der Sekundärwicklung liegt an Masse, so daß an deren oberem Ende (Punkt A) eine Spannung ansteht, die mit Ue in Phase ist (φ = 0°); die Spannung am unteren Wicklungsende (Punkt B) ist dann zu Ue in Gegenphase (φ = 180°).

Bild 6
Bild 6: Variabler Phasenschieber mit Drehkondensator.

Die Kondensatoren und Widerstände C und R sind so dimensioniert, daß an Punkt D eine Spannung mit 90° Phasenverschiebung und an Punkt C eine solche mit 270° (bezogen auf A) auftritt. Diese vier Spannungen werden auf die Statorplatten eines ohne Anschlag durch-drehbaren Drehkondensators gegeben, der Rotor ist mit dem Ausgang der Schaltung verbunden. Nun kann durch Drehen des Rotors jede beliebige Phasenlage (0° bis n x 360°) zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung eingestellt werden.

HF-mäßig "hochliegende" Rotoren (und damit Achsen) von Drehkos sind etwas unangenehm zu handhaben, weil sie HF-Spannungen führen. Man kann jedoch den Rotor des Drehkondensators an Masse legen, wenn dafür der Mittenanzapf der Trafo-Sekundärwicklung als Ausgang der Schaltung benutzt wird. An der eigentlichen Funktion der Baugruppe ändert sich durch diese Vertauschung nichts.

Drehkondensatoren zählen heutzutage beinahe schon zu den veralteten Bauteilen (von solchen in Sendern einmal abgesehen). Wie man den "Quadratur-Differential-Drehkondensator" von Bild 6 durch Kapazitätsdioden ersetzen kann, ist in Bild 7 gezeichnet. Wie man sieht, ist der "Rotor" (Verbindungspunkt zwischen D1 und D2 bzw. D3 und D4) HF-mäßig geerdet (über die Abblockkondensatoren CA), weshalb der Ausgang der Schaltung mit der Anzapfung von Tr verbunden ist. Beide Diodenpaare (D1 und D2 bzw. D3 und D4) erhalten eine gemeinsame feste Vorspannung UV zugeführt, so daß die Summe der Abstimmspannungen für beide Paare konstant ist. Durch die Steuerspannungen U1 und U2 können die Teilkapazitäten der Dioden-paare verändert werden (analog zum Differential-Drehko).

Bild 7
Bild 7: Variabler Phasenschieber mit Kapazitätsdioden.

Wie diese Steuerspannungen vom Drehwinkel des Abstimmknopfes abhängen müssen, ist in Bild 8 dargestellt. Man erkennt den sinusförmigen Verlauf von U1 und die Cosinusfunktion für U2. Dies zu realisieren scheint auf den ersten Blick kompliziert, ist es aber nicht. Die Industrie bietet sogenannte "Sinus-Cosinus-Potentiometer" an (sie werden z. B. zur Analogdatenerfassung für Drehbewegungen verwendet, neben digital arbeitenden Winkelcodierern mit Lochscheibe und Lichtschranken). Dabei handelt es sich um ein ohne Anschlag durchdrehbares Potentiometer mit zwei um 90° versetzten Abgriffen (Bild 9). Die Vorwiderstände Rv legen die Minimal- bzw. Maximalwerte von U1 und U2 fest. Diese Werte sind - ebenso wie UV - von den verwendeten Kapazitätsdioden abhängig.

Bild 8
Bild 8: Vorspannungen U1 und U2 in Abhängigkeit vom Drehwinkel.

Bild 9
Bild 9: Sinus-Cosinus-Potentiometer.

Wie leicht einzusehen ist, hat man durch den Einsatz von Kapazitätsdioden die Möglichkeit einer räumlichen Trennung von Phasenschieber und Bedienelement erzielt - im Gegensatz zu dem Konzept mit Drehkondensator. Man kann also den Phasenschieber im Gerät an einer HF-mäßig günstigen Stelle anordnen und optimal abschirmen (keine Achsdurchführung). Die Leitungen zu dem an der Frontplatte befindlichen Abstimmpotentiometer führen nur Gleichspannung und sind deshalb unkritisch.

Ein weiterer attraktiver Aspekt sollte noch erwähnt werden: Statt die Abstimmspannungen U1 und U2 einem Drehgeber zu entnehmen, kann man sie von einem Digital-AnalogWandler (DAC) erzeugen lassen. Dieser wiederum kann von einem Computer beispielsweise so gesteuert sein, daß bestimmte Signale in programmierbaren Frequenzbereichen identifiziert, gelogt und gegebenenfalls beantwortet werden, ohne daß die Anwesenheit eines Stations-Operators notwendig wäre. Eine Interface-Schaltung, die einen vorgebbaren Frequenz-Sollwert und den vom Zähler gelieferten Istwert ständig vergleicht und über DACs korrigiert, soll im Verlauf dieser Aufsatzreihe ausführlich behandelt werden.

2.4. Phasenvergleicher und Tiefpaßfilter

Diese beiden letzten noch fehlenden Baugruppen (siehe Blockschaltung Bild 2) sollen nun diskutiert werden. Beim PLL-Synthesizer sind im allgemeinen solche Phasenvergleichsschaltungen notwendig, die bei großer Abweichung zwischen Soll- und lstfrequenz (schnell wechselnde Phasendifferenz) als Frequenzdiskriminatoren arbeiten, um die Richtung des Abstimmvorgangs (zu hoch/zu tief) festzulegen. Diese Schaltungen werten die Zeitpunkte der Nulldurchgänge von Referenz- und geteilter Istfrequenz aus (flankengetriggerte Flipflops). Solche Anordnungen sind prinzipiell wenig störsicher; gerade im eingeregelten Zustand (Phasendifferenz des Eingangs = 0) ist die Ausgangsgröße (Impulsfolge) von statistischen Prozessen, das heißt vom Zufall abhängig. Man entschärft dieses Problem üblicherweise dadurch, daß man die Grenzfrequenz des nachfolgenden Tiefpaßfilters so tief wählt, daß sich die "Fehlentscheidungen" zeitlich einigermaßen ausmitteln. Dadurch wird die Regelschleife jedoch träge, so daß der VCO Gelegenheit erhält, kurzzeitig frequenzmäßig einen kleinen Spaziergang zu unternehmen, bis die Regelung dies erkennt und ihn langsam zurückholt. Die Kurzzeitstabilität (Rauscheigenschaften) solcher PLL-Schaltungen ist deshalb nicht leicht in den Griff zu bekommen.

Beim PLL-Oszillator mit Verzögerungsleitung sind derartige Probleme nicht zu befürchten. Da die Frequenzen der beiden Eingangssignale des Phasendetektors ohnehin gleich sind (sie stammen beide aus derselben Quelle, nämlich dem VCO), kann man hier auf "echte" Phasendiskriminatoren zurückgreifen, bei denen das Ausgangssignal nicht vom zufälligen Zeitpunkt einer Schaltflanke abhängt. Eine solche Schaltung ist z. B. ein Analogmultiplizierer, dessen Ausgangssignal dem Produkt der Eingangsgrößen proportional ist. Dabei werden Informationen über die Spannungsverläufe während der gesamten Signalperiode verarbeitet. Ein solches System arbeitet kontinuierlich und ist deshalb durch kurzzeitige Schwankungen (Rauschen) nicht leicht zu stören.

Aufgabe der Phasenvergleichsschaltung ist es, eine Gleichspannung abzugeben, deren Höhe proportional zur Phasendifferenz der Eingangsschwingungen ist. Das eine Eingangssignal stammt vom Phasenschieber; seine Phase ist zwar einstellbar, aber zeitlich konstant und frequenzunabhängig. Der zweite Eingang erhält sein Signal vom Ausgang der Verzögerungsleitung, deren Phasengang - wie erklärt - proportional zur Eingangsfrequenz f° ist. Welche Eigenschaften hat nun der Schaltungsteil bestehend aus Verzögerungsleitung, Phasenschieber und Phasendetektor?

Es muß sich um eine Art Frequenzdiskriminator handeln, denn seine Eingangsgröße ist eine Frequenz (fo) und sein Ausgangssignal eine Gleichspannung (Uo). Betrachten wir hierzu Bild 10. Wie man sieht, folgt die Ausgangsspannung U° periodisch einer Dreiecksfunktion in Abhängigkeit von der Eingangsfrequenz fo. Durch Drehen des Abstimmknopfes am Phasenschieber kann die Kurve in horizontaler Richtung verschoben werden; eine volle Umdrehung entspricht dabei einer Dreiecksperiode, also 1/64 µs = 15,625 kHz.

Bild 10
Bild 10: Funktionsblock Verzögerungsleitung, Phasenschieber, Phasendetektor.

Eine solche Anordnung wäre auch als FM-Demodulator brauchbar, was leicht einzusehen ist. Allerdings nur für recht geringen Hub, denn das gesamte Spektrum (2 Hub + 2 max. NF) muß auf einer Flanke (7,8125 kHz) Platz haben.

Für eine optimale Auslegung der gesamten Regelschleife sind neben den statischen Eigenschaften des erwähnten Funktionsblocks (Bild 10b) auch die dynamischen Verhältnisse interessant, also die zeitliche Änderung der Ausgangsgröße nach Betrag und Phase für eine vorgegebene Änderung der Eingangsgröße. Um diese Frage zu untersuchen, verbinden wir den Eingang der Schaltung nach Bild 10a mit dem Ausgang eines frequenzmodulierbaren Meßsenders. Die Mittenfrequenz wird so eingestellt, daß sich eine Ausgangsspannung Uo = Um ergibt. Wird der Sender mit einer Niederfrequenz moduliert (kleiner Hub, siehe oben!), so erscheint das demodulierte Signal als Wechselspannung am Ausgang der Schaltung.

Bild 11 zeigt den Frequenzgang des Blocks nach Betrag (Uo) und Phase (φ) in Abhängigkeit von der Modulationsfrequenz fM, die also die "Änderungsgeschwindigkeit" der Frequenz f° darstellt. Wie man sieht, ist für Frequenzen unterhalb etwa 7 kHz die Amplitude konstant und die Phasenverschiebung kleiner als 90°, die maximal mögliche Bandbreite des Phasenregelkreises liegt durch diese Werte fest. Bei der Frequenz 1/tV (und deren Vielfachen) ergibt sich ein Dämpfungspol (Uo → 0).

Bild 11
Bild 11: Übertragungsfunktion nach Betrag und Phase.

In der Regelungstechnik wird zur Charakterisierung der Eigenschaften eines "Blocks" (Regler, Regelstrecke oder Stellglied) oft das Prinzip der "Sprungantwort" verwendet. Das heißt man gibt auf den Eingang der zu untersuchenden Funktionseinheit ein Signal, das sich zum Zeitpunkt t0 (Bild 12) sprunghaft um einen kleinen Betrag ändert und untersucht, welcher zeitliche Verlauf sich dabei für die Ausgangsgröße ergibt. Hier ist zu beobachten, daß das Ausgangssignal 64 µs lang (= tV) linear mit der Zeit ansteigt (bis die in der Verzögerungsleitung "gespeicherten" Schwingungsperioden "durchgelaufen" sind), danach sind die Verhältnisse wieder konstant. Die Spannungsänderung Δ Uo ist proportional zur Größe des Frequenzsprungs Δ fo am Eingang.

Bild 12
Bild 12: Sprungantwort.

Das in Bild 2 gezeichnete Tiefpaßfilter hat die Aufgabe, für die Stabilität des Regelkreises zu sorgen, es muß also über der Frequenz einen optimalen Amplituden- und Phasengang aufweisen. Hierfür ist ein sogenannter PI-Regler (Integralregler mit Proportionalanteil) geeignet, wie er in Bild 13 dargestellt ist. Für die lntegrationszeitkonstante sind R1 und C verantwortlich (τ = R1 × C), die Proportionalverstärkung K = R2/R1 ermöglicht, daß der Regler auf kleine Abweichungen schnell reagieren kann. Wie später gezeigt werden soll, kann man die Regelschleife so auslegen, daß Störsignale unterhalb ca. 3 kHz (Brummen, Rauschen, Mikrofonie) ausgeregelt werden, darüber bestimmt ausschließlich der VCO die Qualität des erzeugten Signals.

Bild 13
Bild 13: PI-Regler als Tiefpaß.

3. Andere Frequenzbereiche

Wie bereits erwähnt, ist die in Bild 2 skizzierte "Urform" des PLL-VL-Oszillators nur in dem Frequenzbereich anwendbar, in dem die Durchlaßdämpfung der Verzögerungsleitung hinreichend gering bleibt. Will man das Konzept für höhere Frequenzen verwenden, dann kann man z. B. Frequenzteilung vorsehen; die Halbleiterindustrie bietet geeignete ICs an, die bis in den GHz-Bereich arbeiten. Der prinzipielle Aufbau sei in Bild 14 anhand eines praktischen Beispiels gezeigt. Für einen Meßsender oder -Empfänger wird ein Oszillatorsignal von 100 bis 200 MHz benötigt. Der VCO liefert diese Frequenzen; sein Signal wird in einem Teiler um den Faktor 32 untersetzt, so daß sich ein Intervall von 3,125 bis 6,25 MHz ergibt, womit die Verzögerungsleitung optimal betrieben werden kann. Pro Knopfumdrehung des Phasenschiebers wird nun ein Bereich von 32 × 15,625 kHz = 500 kHz abgestimmt. Den Vorteiler kann man auch für den notwendigen Frequenzzähler mitverwenden.

Bild 14
Bild 14: Bereichserweiterung durch Frequenzteilung.

In Bild 15 ist das Blockschaltbild eines Empfängers für das Zwei-Meter-Amateurband dargestellt. Das notwendige Oszillatorsignal wird in einem VCO erzeugt und der Empfänger-Mischstufe zugeführt. Außerdem gelangt es auf eine weitere Mischstufe, wo es mit einer festen Frequenz von 131 MHz (z. B. Quarzoszillator 65,5 MHz und Verdoppler) überlagert wird. Die dabei entstehende Differenzfrequenz von 4 bis 6 MHz kann man wie besprochen weiterverarbeiten. Es ist also auch eine Bereichserweiterung des PLL-VL-Oszillators durch Mischen möglich.

Bild 15
Bild 15: Bereichserweiterung durch Mischen (Braun SE-400).

Für die nächsten Ausgaben der UKW-Berichte sind im Zuge dieser Aufsatzreihe folgende Baubeschreibungen vorgesehen:

Schlußbemerkung

Diesen Grundlagenartikel wird mancher Leser als langatmig empfunden haben. Zu meiner Ehrenrettung muß ich jedoch sagen, daß ich in erster Linie zum Experimentieren anregen, nicht nur fertige Kochrezepte liefern will. Dazu ist ein gewisses Minimum an theoretischem "background" notwen Zig. Im nächsten Teil beginnen dann die praktischen Bauanleitungen.

Teil 1 - Teil 2 - Teil 3 - Teil 4 - Teil 5

DK1OF, Joachim Kestler.