Ringkernspulen sind bei gleicher Induktivitat wesentlich kleiner und meist verlustarmer als Luftspulen. Daher ermiiglichen sie den optimalen Aufbau kompakter Antennenanpassgerate füt Mobil- und Portabelbetrieb. Drahtdurchmesser und Kernquerschnitt miissen dabei der Leistung entsprechend gewahlt werden. Dieser Artikel bringt alle wichtigen Daten und FormeIn zur ßerechnung von Ringkernspulen sowie Messergebnisse und Erfahrungsberichte.
Heutige Mobiltransceiver, wie DX-70, TS-50, FT-100 oder IC-706MkIIg, bieten zum Großteil 100 W auf alien KW-Bandern. Nun werden solche Transceiver bei Mobil- und Portabelbetrieb oft mit Antennen betrieben, die in aller Regel zu kurz sind, zu tief hangen oder aus anderen Grunden nicht richtig angepasst sind. Doch die heute üblichen Halbleiterendstufen sind von Schutzschaltungen gesichert und geben bei Fehlanpassung kaum Leistung ab. Daher ist es besonders wichtig, die 50 Ohm des Senders auf die weft davon abweichenden Impedanzen der Antennen transformieren zu können. Damit vermeidet man ubrigens auch EMV-Probleme.
Icom hat diesem Problem mit dem neusten Modell IC-703 Rechnung getragen und einen Automatiktuner fest eingebaut. Der auch leistungsmaßig "großere Bruder" IC-706 braucht dagegen einen externes Antennenanpassgerat. Diese Gerate gibt es zwar auf dem Markt in zahlreichen Ausfiihrungen aus kommerzieller Fertigung, sie sind aber meist wesentlich großer als das eigentliche Funkgerat (Bild 1). Daher entstand die Idee zum Selbstbau eines Anpassgerats.
Bild 1: Großenvergleich: Der IC-706 auf einem 300-W-Antennenanpassgerdt.
Außerlich sollte das Anpassgerat klein, leicht und kompakt sein, aber die maximale Leistung des Transceivers von 100 W vertragen. Ein wichtiger Punkt war natürlich auch der anpassbare Impedanzbereich, der die typischen Mobil- und Portabelantennen abdecken sollte.
Auf der Suche nach passenden Schaltungen und Erfahrungsberichten stieß ich auf zwei weitere wichtige Aspekte: Das Anpassgerät muss auch ausreichend spannungs- und strombelastbar sein und einen guten Wirkungsgrad haben.
Bezeichnung | AL-Wert Material 2 | AL-Wert Material 6 | Querschnitt |
---|---|---|---|
T-37 | 40 | 30 | 0,07 cm2 |
T-44 | 52 | 42 | 0,107 cm2 |
T-50 | 49 | 40 | 0,121 cm2 |
T-68 | 57 | 47 | 0,196 cm2 |
T-80 | 55 | 45 | 0,242 cm2 |
T-94 | 84 | 70 | 0,385 cm2 |
T-106 | 135 | 116 | 0,69 cm2 |
T-130 | 110 | 96 | 0,73 cm2 |
T-157 | 140 | 115 | 1,14 cm2 |
T-184 | 240 | 195 | 2,04 cm2 |
T-200 | 120 | 100 | 1,33 cm2 |
Tabelle 1: Die Konstruktionsdaten einiger Ringkerne(15).
Unabhangig von der verwendeten Schaltung treten in den Spulen und Kondensatoren eines Antennenanpassgerats hohe Spannungen und Strome auf, wenn "exotische" Impedanzen anzupassen sind. Das wird auch bei kommerziellen Produkten nicht immer beachtet, und so findet man immer wieder Berichte Über durchgebrannte Spulen and uberschlagende Kondensatoren.(4), (17), (19), (20), (21) Ich kenne das Problem auch aus eigener Erfahrung.
Hohe Strome sind wiederum die Ursache für das zweite Problem: Antennenanpassgerate produzieren ureter Umstanden ganz erhebliche Verluste. Das wird in der Praxis leicht iibersehen. Wenn ein großer Teil der HF-Energie im Antennenanpassgerat in Warme umgesetzt wird, ist das Stehwellenverhaltnis zwangslaufig sehr gut.
G. S. Smith, Professor am Georgia Institute of Technology und bekannt durch zahlreiche Veroffentlichungen auf dem Gebiet der Antennentheorie, hat den Wirkungsgrad von Sendeanlagen mit elektrisch kleinen Antennen untersucht(8).
Als elektrisch klein gilt eine Antenne, wenn sie in eine Kugel passt, deren Radius 1/10 der Wellenlange betragt. Im Amateurfunk hat man es auf den unteren Kurzwellenban dem und bei ßehelfsantennen füt den Mobilund Portabelbetrieb oft mit solch kleinen Antennen zu tun. Sie haben aus prinzipiellen Grunden einen schlechten Wirkungsgrad. Doch die Ergebnisse von Smith zeigen, dass dann such das Anpassnetzwerk verlustreich ist, weil die auftretenden hohen Strome und Spannungen erhebliche Verluste in dessen Komponenten produzieren.
Aber such bei "nicht kleinen" Antennen, deren Impedanz nahe 50 Ohm liegt, konnen Antennenanpassgerate relativ hohe Verluste aufweisen. Peter Rhodes, G3XJP, zeigt in einem Artikel fiber sein selbstentwickeltes automatisches Anpassgerat, dass die Verluste auf den unteren Kurzwellenbandern auch bei Verwendung hochwertiger Spulen und Kondensatoren 43 bis 62 % betragen konnen.(18) Ahnliche Werte zitiert auch Pat Hawker, G3VA, in seiner bekannten Rubrik "Technical Topics".(24)
Die Verluste lassen sich anhand der Strome in den Komponenten des Anpassgerats and deren Often relativ einfach berechnen.(2), (12) Ein von Frank Witt, AI1H, durchgefiihrte Messung des Wirkungsgrads verschiedener Anpassgerate bestatigt die ßerechnungen.(13) Bild 2 nennt die Daten eines Anpassgerats mit besonders schlechten Werten. Andere Anpassgerate schnitten bei dem Vergleichstest besser ab - offenbar muss man bei Konstruktion auf die moglichen Verluste achten. ßei einem Modell warden hohe Verluste durch unsachge maße Verdrahtung und Massefithrung verursacht.(25) Sofem man dies als Ursache ausschließt, entstehen die Verluste von LC-Netzwerken uberwiegend in der Spule.
Bild 2: Antennenanpassgerate konnen sehr grope Verluste produzieren. ßei deren Messung schnitt diesel Modell besonders schlecht ab. Auf 30 m verwandeln sich bei einem anzupassenden SWR von 16 76% der Sendeleistung in Wärme!(13)
Da Luftspulen viel grOßere Abmessungen ha-ben als Ring,kernspulen gleicher Induktivitat, entstand die Idee, das Anpassgerat mit Ringkernen aufzubauen. Aber der Einsatz von Ringkemen wirft auch neue Fragen auf:
Diese Fragen werden wir im Folgenden klaren. Die ßerechnungen und Daten beziehen sich dabei durchweg auf die bekannten Amidon-Keme, iibrigens eine irrefiihrende ßezeichnung, denn die Firma von William Amidon verkauft diese Kerne lediglich an Endkunden. Hersteller der Pulvereisenkerne ist die Firma Micrometals. Die Ferritkerne stammen von der Fair-Rite Products Corporation.
Bei den Typenbezeichnungen der Amidon-Kerne, wie zum ßeispiel T-37-2, steht die erste Zahl füt den Außendurchmesser in Hundertsteln Inch. Die zweite Zahl gibt das Kernmaterial an. Bild 3 zeigt einige Ringkerne mit im Amateurfunk üblichen Großen. Tabelle lenthalt Abmessungen und Daten.
Bild 3: Großenvergleich einiger Ringkerne, von links T-200, T-106, T-94, T-80, T-68 und T-50.
Von Hand zu bedienende Anpassgerate verwenden meist Luftspulen, deren Induktivitat entweder durch umschaltbare Anzapfungen oder mit dem Mechanismus einer Rollspule stufenlos verandert werden kann (Bild 4). Rollspulen werden oft als "Idealbesetzung" für Antennenanpassgerate angesehen, haben aber einige Nachteile.
Bild 4: Blick von oben in ein Antennenanpassgerat der Firma Annecke. Die Rollspule befindet sich in der Mitte.
Konstruktiv wohl nicht vermeidbar, hat die Rollspule mehrere mechanische Kontakte. Bei mechanischen Schaltern werden die Kontaktflachen oft durch korrosionsbestandige Legierungen veredelt, um langfristig einen geringen Übergangswiderstand zu erhalten. Bei Rollspulen scheint das nicht iiblich zu sein. Messungen von Tony Preedy, G3LNP, zeigen, dass die Korrosion des Spulendrahts die Verluste stark erhoht.(4) HansNussbaurn, DL1UGA, hat den daraus resultierenden Verlustwiderstand füt drei Rollspulen verschiedener Bauarten untersucht.(1) Der Rollkontakt verursacht einen zusatzlichen Widerstand von 15-25 mΩ. Der Gleichstromwiderstand des Spulendrahts wird dadurch urn bis zu 26 % erhoht.
Aufgrund des Magnetfelds der meist recht großen Luftspulen müsste eigentlich ein gewisser Abstand zu benachbarten Bauteilen und vor allem metallischen Gehausewanden eingehalten werden, urn Dampfung zu vermeiden. Wie das Anpassgerat der Firma Annecke zeigt, wird darauf zugunsten eines platzsparenden Aufbaus nicht immer Rücksicht genommen. Vermeiden lasst sich das Problem durch Ringkemspulen, bei denen die Feldlinien bekanntlich nahezu vollstandig auf das Innere der Spule konzentriert sind.
Wesentlich kniffliger ist aber die Frage, was man mit dem unbenutzten Teil der Spule macht. Dieses Problem betrifft sowohl Spulen mit umschaltbaren Anzapfungen als auch Rollspulen. Es gibt zwei MoglichIceiten: Man kann den Rest der Spule lcurzschließen oder offen lassen. In beiden Fallen bleiben die unbenutzten Windungen Teil der Spule und magnetisch mit dem aktiven Teil der Windungen gekoppelt. In den unbenutzten Teil der Spule wird daher Energie übertragen.
Ein Anpassgerat(20), bei dem der Anschluss des unbenutzten Spulenabschnitts einfach in der Lull hangt, wurde für QRP-Betrieb vorgeschlagen (Bild 5). Allerdings hat jede Spule eine Eigenkapazitat zwischen ihren Anschlüssen und eine Streukapazitat gegenüber der Umgebung.
Bild 5: Dieses Antennenanpassgerat verwendet ein T-Netzwerk mit einer Ringkernspule. Die lnduktivität wird über umschaltbare Anzapfungen verandert, der unbenutzte Teil der Spule nicht kurzgeschlossen.(20)
Lässt man das unbenutzte Ende offen, ergibt sich ein Schwingkreis, dessen Resonanz unglücklicherweise in ein Amateurfunkband fallen kann. Dies führt dann zu einem undurchsichtigen Verhalten des Anpassgerats bei der Abstimmung, und bei großeren Leistungen konnen Funkenüberschlage entstehen.(5), (23), (22)
Es ist deshalb allgemein üblich, die unbenutzten Windungen kurzzuschließen, wie das beispielsweise bei den Anpassgeraten von Annecke geschieht (Bild 6). Die in den unbenutzten Teil der Spule übertragene Energie wird dann in Warme umgesetzt und tragt so zu den Verlusten bei. Das Ganze entspricht ja einem am Ausgang kurzgeschlossenen Spartransformator!
Bild 6: Wie bei vielen Antennenanpassgeriiten wird auch in dieser Schaltung von Annecke eine Rollspule (L1) verwendet, deren unbenutzte Windungen kurzgeschlossen sind.(9)
Um die Verluste vergleichen zu konnen, definiert man die Leerlaufgilte QL als Verhaltnis von Blind- zu Reihenverlustwiderstand. Der Blindwiderstand einer Spule betragt bekanntlich XL = 6,28 × f × L.
Induktivitat oder Blindwiderstand sind diejenigen Größen der Spule, an denen man interessiert ist. Jede praktische Induktivität ist mit unvermeidbaren Verlusten behaftet. Dafür steht der Verlustwiderstand, ein Ohmscher Widerstand. Man kann ihn sich parallel oder in Reihe zur Induktivitat vorstellen. Im ersten Fall ist er um QL großer, im zweiten kleiner als der Blindwiderstand.
Alle an QL beteiligten Großen sind von der Frequenz abhangig. Beim Verlustwiderstand wird das leider oft übersehen.
Neben den genannten Effekten tragt naturlich auch der Wechselstromwiderstand des Drahts direkt zu den Verlusten bei. Hierbei ist vor allem der sogenannte Skineffekt zu beriicksichtigen: Im Gegensatz zu Gleichstrom verteilt sich Wechselstrom nicht gleichmaßig über den gesamten Leiterquerschnitt, sondem konzentriert sich mit steigender Frequenz immer mehr im außeren Bereich, wahrend das Innere des Leiters kaum von Strom durchflossen wird. Der dem Strom tatsachlich zur Verfügung stehende Leiterquerschnitt wird reduziert - der Wechselstromwiderstand des Leiters erhöht sich mit der Frequenz.(3)
Welche Giitewerte kann man in der Praxis erwarten? Hans Nussbaum, DL1UGA, hat die Güte von drei Rollspulen verschiedener Bauart im 160-m-Band gemessen und erhielt Werte zwischen 200 und 230.(1) Allerdings wurde dabei die maximale Induktivitat der Spule gemessen. Aber was passiert, wenn nur ein Teil der Windungen benutzt und der Rest kurzgeschlossen wird? Eine Rollspule steht beim praktischen Betrieb meist nicht am Endanschlag.
Tony Preedy, G3LNP, hat die Güte einer Rollspule bei verschiedenen Teilindulctivitäten ermittelt,(4) und zwar bei Frequenzen, auf denen man diese Induktivität im Anpassgerat typischerweise einstellt. Die X-Achse in Bild 7 zeigt, aus welchem Prozentsatz der insgesamt vorhandenen Windungen sich die Induktivität jeweils zusammensetzte. Die restlichen Windungen waren kurzgeschlossen. Die Y-Achse zeigt die gemessene Güte, und die Kurven sind mit der Messfrequenz beschriftet. Auffallig ist ein drastischer Abfall der Güte bei kleinen Induktivitaten. Im 160m-Band hat die gesamte Spule eine Giite von 250. Wenn nur 90 % der Windungen aktiv und die restlichen 10 % kurzgeschlossen sind, betragt die Güte nur noch 190. Sie fallt mit kleiner werdendem aktiven Spulenteil und zunehmender Frequenz, bis sie im 10-m-Band bei mehr als 90% kurzgeschlossenen Windungen schließlich den klaglichen Wert 10 erreicht.
Bild 7: Guteverlaufe einer Rollspule in verschiedenen Frequenzbereichen und bei verschieden großen aktiven Teilen.(4)
Wie sieht es nun bei Ringkernspulen aus? Da diese Spulen favorisiert wurden, sollen sie so genau wie moglich untersucht werden.
Ringkerne werden aus Pulvereisen oder Ferrit gefertigt. Pulvereisenkerne haben eine relativ niedrige Permeabilitat bis maximal etwa 90. Ferrite konnen wesentlich höhere Werte erreichen. Aus laufender Produktion sind Ferrite mit Permeabilitätswerten bis zu 15.000 erhaltlich; die maximal erreichbaren Werte liegen bei 300.000.(11)
Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die maximale magnetische Flussdichte eines Ringkerns. Ähnlich wie ein Draht mit bestimmtem Durchmesser nur einen begrenzten Strom vertragt, kann man magnetisierbares Material nur mit einer bestimmten Menge an "magnetischer Energie" belasten. Überschreitet man diese Grenze, droht aus zwei Richtungen Gefahr. Wird die maximale magnetische Flussdichte überschritten, so geht das Material in die Sättigung. Die magnetische Flussdichte kann nicht mehr die aus der elektrischen Stromstärke eigentlich resultierenden Werte annehmen, und die Spule wirkt nicht mehr als Induktivitat. Außerdem entstehen im Kernmaterial aufgrund komplizierter Effekte(11) Verluste, die zu einer Erwärmung und im Extremfall zur Zerstorung des Kerns führen.
Pulvereisenkerne haben für Leistungsanwendungen den Vorteil, erst bei viel hoheren Belastungen in Sättigung zu gehen. Sie bieten außerdem eine wesentlich bessere Stabilität der physikalischen Eigenschaften. Für Antennenanpassgerate kommen daher nur Pulvereisenkerne in Frage. Diese gibt es wiederum in zahlreichen Ausführungen, die sehr unterschiedliche Eigenschaften aufweisen (Bild 8).
Bild 8: Die empfoidenen Frequenzbereiche für die verschiedenen Pulfereisenmischungen.(15)
Zunachst ist gemaß vorgesehenem Frequenzbereich das Material zu wahlen. Für den Einsatz in Antennenanpassgeraten bieten sich zwei Materialien an: Nummer 2 (rot) deckt den gesamten Kurzwellenbereich ab, und Material 6 (gelb) ist füt den oberen Kurzwellenbereich besonders geeignet. Für Bild 10 gemessen wurde die Güte von Spulen auf Ringkernen mit den selben Abmessungen (T37) bei verschiedenen Inductivitäten und Frequenzen. In der Legende ist die Drahtstarke in AWG (American Wire Gauge), wobei großere Zahlen dünneren Draht bedeuten. Es folgen die Windungen (turns, t). Abschließend ist die Induktivitat in µH angegeben. Fazit: Ab 9 MHz +/-1 MHz ist es günstiger, die benötigte Induktivität auf einem Kern aus Material 6 zu wickeln.
Bild 9 informiert aber den Einfluss von Windungszahl und Drahtstärke. Ein Vergleich der Werte mit den oben angegebenen Gütewerten von Luftspulen zeigt, dass die Güte von Ringkemspulen die für Rollspulen gemessenen Werte erreicht oder übertrifft. Die Messwerte zeigen aber auch, dass man bei Ringkernspulen keine pauschalen Aussagen über die Güte machen kann, denn dieser Wert hängt sehr stark von der Anzahl der Windungen, der Drahtstarke und der Frequenz ab.
Bild 9: Güteverlauf verschiedener Spulen mit gleichgroßen Ringkernen aus Material 2 und 6.(15)
Bild 10: Güteverlauf verschiedener Spulen mit Ringkern T-50-6 bei unterschiedlich vielen Windungen aus unterschiedlich dickem Draht.(15)
Eine wichtige Rolle spielt auch die Große des Kerns. Bild 11 dokumentiert einen Vergleich zwischen Kernen der Großen T-68 und T-80 aus Material 2. Der größere Kern bedeutet ausnahmslos eine höhere Güte. Der beste gemessene Wert mit dem Kern T-80 ist 280. Mit dem noch größeren T-200-2 erreicht man aber 400 (Bild 12). Neben den Eigenschaften des eigentlichen Kernes wird die Güte auch dadurch verbessert, dass ein größerer Kern mehr Platz für die Wicklung bietet. Man kann die elektrischen Verluste reduzieren, indem man dickeren Draht verwendet und ausreichend Abstand zwischen den einzelnen Windungen lasst.
Bild 11: Vergleich zweier unterschiedlich größer Kerne (T68 und T-80) aus dem selben Material. Größeres Kernvolumen führt durchweg zu höherer Güte und erlaubt dickeren Draht sowie größeren Windungsabstand.(15)
Bild 12: Mit einem Kern T-200 kann die Güte den Wert 400 überschreiten.(15)
Beim Wickeln der Spule sind vor allem zwei Aspekte wichtig: Der Draht muss den geplanten Strom aushalten, und die Verluste sollen moglichst gering sein.
Zum Wickeln der Spulen verwendet man am besten Kupferlackdraht mit moglichst größem Durchmesser. Ebenfalls geeignet ist massiver Schaltdraht, der aber wegen moglicher HF-Verluste keinesfalls mit PVC isoliert sein sollte. Der Nutzen von versilbertem Draht ist höchst zweifelhaft, denn aufgrund nachteiliger Eigenschaften galvanisch abgeschiedener Silberschichten kann die Leitfahigkeit durchaus schlechter sein als die von reinem Kupferdraht!(3)
Wichtig ist auch ein gewisser Abstand zwischen den einzelnen Windungen. Grund dafür ist der sogenannte Proximity-Effekt.(3), (6), (7) Wenn ein Draht von hochfrequentem Strom durchflossen wird, entsteht um ihn herum ein magnetisches Feld, das auf benachbarte Leiter einwirkt and dort durch die sogenannte Stromverdrangung den Stromfluss behindert. Bild 13 zeigt zwei parallele Drahte im Querschnitt. Nur der schraffierte Bereich wird von Strom durchflossen. An den einander zugewandten Seiten der beiden Leiter ist der Stromfluss verringert.
Bild 13: Der Proximity-Effekt beruht auf Stromverdrangung durch die Felder benachbarter Leiter.(6) Die schraffierten ßereiche werden von Strom durchflossen.
Wie sehr dadurch die elektrischen Verluste erhöht werden, zeigt Bild 14. Es ist ungünstig, wenn die Windungen einer Spule unmittelbar aneinander liegen. Wenn der Abstand zwischen zwei benachbarten Drahten zum Beispiel nur 10% des Drahtdurchmessers betragt, ist der HF-Widerstand um 64% hoher als wenn die beiden Drahte weit voneinander entfernt waren. Lasst man dagegen zwischen den Windungen 1-2 Drahtdurchmesser Abstand (das entspricht auf der - X-Achse 2 bis 3), so kann man den Proximity-Effekt praktisch vernachlassigen.
Bild 14: Die Abbildung zeigt den Verlauf des Verhaltnisses des aufgrund des Proximity-Effekts entstehenden zusatzlichen Widerstands Rp zum Widerstand ohne diesen Effekt. Der Durchmesser der Leiter ist d, der Abstand zwischen den Mittelpunkten benachbarter Windungen a, die Windungszahl n (Grafik DI3TZ, Daten.(6)
Ein ausreichender Abstand zwischen den einzelnen Windungen ist auch bezüglich der Warmeabfuhr günstig und verringert die Eigenkapazitat der Spule. Die Eigenkapazitat muss so gering gehalten werden, dass die geplante Betriebsfrequenz der Spule klein gegenaber ihrer Eigenresonanzfrequenz ist. Als weitere Maßnahme zur Reduzierung der Eigenkapazitat sollte man den Ringkern nicht zu 360 Grad vollwickeln, sondem maximal bis etwa 325 Grad.(9) Aus den genannten Gründen kommen nur einlagig gewickelte Spulen in Frage.
Der nachste wichtige Punkt ist die Strombelastbarkeit. In der Literatur werden für Hochfrequenzspulen mitunter dieselben Werte für die maximale Stromdichte verwendet wie für 50 Hz. Das ist nur eingeschranktweil der vom HF-Strom tatsachlich genutzte Leiterquerschnitt aufgrund des Skineffekts deutlich geringer ist.
Eine exakte Analyse der HF-Strombelastbarkeit hat Erwin Schleenbecker, DK9ZN, veroffentlicht.(10) Sein Ansatz verknüpft die im Draht unter Berucksichtigung des Skineffekts and der Frequenz abfallende Leistung mit der Warmeabstrahlung des Drahts. Daraus ergibt sich folgende zugeschnittene Gleichung für die minimale Drahtstarke:
I - HF-Strom in A
ΔT - max. zulassige Temperaturdifferenz zwischen Draht and umgebender Lufl in K
f - Frequenz in MHz
γ - Leitfähigkeit des Drahts (Cu = 57 m/(Ω × mm2)
d - Drahtdurchmesser in mm
Dazu ein Rechenbeispiel. Als maximale Umgebungstemperatur der Spulen im Antennenanpassgerat nehmen wir 40 °C an. Die Obergrenze der zulassigen Temperatur soil 85 °C sein. Damit ergibt sich als maximale Temperaturdifferenz 45 K. Bei einem Strom von 3 A und Betrieb bei 1,8 MHz sollte der Draht mindestens 0,48 mm dick sein. Bei 30 MHz waren 0,94 mm notwendig.
Die maximale Stromstarke ergibt sich aus der geplanten Schaltung. Die Erwarmung hangt nur vom zeitlichen Mittelwert des Stroms ab, und der ist je nach Betriebsart unterschiedlich. Nur bei FM und bei einigen digitalen Betriebsarten gibt der Sender dauernd die maximale Leistung ab. Bei Telegrafie betragt die Leistung im Mittel etwa 50 % der maximalen Leistung, bei SSB; etwa 30 %.
Nicht nur der Draht hat eine maximale Belastbarkeit, sondern auch der Ringkern. Er kann in Sättigung gehen oder durch Überhitzung zerstort werden.(15) Beispielsweise erhitzte sich die in den Bildem 15 und 16 gezeigte Ringkernspule aus einem Antennenanpassgerat der Firma Ten-Tec Übermaßig stark.(19)
Bild 15: Innenansicht eines Antennenanpassgerats der Firma Ten-Tec, Modell 277. Rechts neben den beiden Drehkos sieht man eine Ringkernspule mit Schleiferkontakt.(19)
Bild 16: Großaufnahme der Ten-Tec-Spule.(9)
Die entscheidende physikalische Größe für die Belastbarkeit eines Ringkerns ist die magnetische Flussdichte B mit der Maßeinheit Tesla (T).(14) (Vor allem in der amerikanischen Literatur wird teilweise noch die veraltete Einheit Gauß verwendet; 1 Gauß = 10-4 T).
Die Sättigung des magnetisierbaren Materials setzt bei Pulvereisenkernen erst oberhalb einer magnetischen Flussdichte von 0,5 T ein. Allerdings steigen die Verluste innerhalb des Materials stark mit der Frequenz. Ober etwa 100 kHz ist deshalb die Erhitzung des Kerns die begrenzende Größe.(15) Die maximal zulassigen Werte sind um zwei bis drei Zehnerpotenzen (!) geringer. Tabelle 2 zeigt, welche Maximalwerte bei verschiedenen Frequenzen gelten.
Frequenz | Flussdichte |
---|---|
100 kHz | 50 mT |
1 MHz | 15 mT |
7 MHz | 5,7 mT |
14 MHz | 4,2 mT |
21 MHz | 3,6 mT |
28 MHz | 3 mT |
Tabelle 2: Bei den angegebenen Frequenzen sollten die zugehorigen Flussdichten nicht Überschritten werden, um eine zu starke Erhitzung durch Verluste innerhalb der Kerne zu vermeiden.(15)
Die magnetische Flussdichte innerhalb eines Ringkernes berechnet man mit folgender Gleichung:
U - Effektive Spannung an der Spule in V
A - Querschnitt des Ringkerns in cm2
N - Anzahl der Windungen
B - Resultierende magnetische Flussdichte in mT
f - Frequenz in MHz
Auch dazu ein Beispiel. Eine Spule enthalt 15 Windungen auf einem Kern T-200 und soil bei 7 MHz mit 25 V betrieben werden. Der Kern hat einen Querschnitt von 1,33 cm2. Das ergibt eine magnetische Flussdichte von 4 mT. Nach Tabelle 2 sind bei 7 MHz maximal 5,7 mT zulassig; das Kernmaterial wird also nicht überlastet.
Die Berechnung der Induktivität einer einlagigen Ringkemspule oder umgekehrt der für eine bestimmte Induktivität erforderlichen Windungszahl ist mit den folgenden Gleichungen einfach:
N - Anzahl der gleichverteilten Windungen
L - Induktivität in µH
AL - materialabhängige Konstante
Eine Spule mit 20 Windungen auf einem Kern T-94-2 hat beispielsweise 3,36 µH.
Wie kann man die Induktivität nun verändern? Dazu gibt es mehrere Moglichkeiten. Bild 17 zeigt eine Ringkemspule mit umschaltbaren Anzapfungen in einem Anpassgerat. Die Spule passt gut hinter den runden Schalter und ermoglicht sehr kurze Anschlüsse. Eine noch feinere Induktivitatsabstufung ergibt sich, wenn man die Ringkernspule wie ein Drahtpotentiometer mit einem Schleiferkontakt versieht. Diese Konstruktion wurde in Antennenanpassgeraten der Firma Ten-Tec verwendet (Bilder 15 und 16). Allerdings treten hierbei die selben Probleme mit den unbenutzten Windungen auf wie bei Luftspulen. Hans-Joachim Brandt, DJ1ZB, erhielt in einem Versuch mit kurzgeschlossenen Windungen Gütewerte um 40.(5) Verglichen mit den genannten erreichbaren Güten von 200 und höher ist das ein sehr schlechtes Ergebnis.
Bild 17: Ringkernspule mit umschaltbaren Anzapfungen.(20)
Bei der Verwendung von Ringkernspulen gibt es aber einen Ausweg. Entscheidend ist hier, dass sich das magnetische Feld nahezu vollstandig auf den Kern konzentriert. Im Gegensatz zu Luftspulen ist nur ein sehr geringes Streufeld vorhanden. Man kann nun die Teilinduktivitaten einer Spule mit umschaltbaren Anzapfungen auf separaten Ringkemen unterbringen. Weil es keine nennenswerte Kopplung dazwischen gibt, treten in den kurzgeschlossenen Windungen der unbenutzten Spulen keine Verluste auf.
Mein erster Ansatz war, mehrere Spulen in Reihe zu schalten und mit Schaltern einzeln zu überbrucken. Solche Konstruktionen werden oft in automatischen Antennenanpassgeraten verwendet, wobei Relais zum Schalten dienen. Der erste Probeaufbau enthielt sieben Ringkemspulen mit Werten von 0,125 bis 8 µH, wobei stets verdoppelt wurde. Die Stellung der sieben Kippschalter ergibt also den jeweiligen Induktivitätswert als Binarzahl. Damit kann jeder Wert in Schritten von 0,125 µH eingestellt werden. Es wurden Miniatur-Kippschalter verwendet, die 125 V and 10 A vertragen. Auch wenn diese Stromstarke bei 100 W eigentlich nicht auftreten sollte, lasst die Überdimensionierung auf eine lange Lebensdauer und niederohmige Verbindungen hoffen. Gut geeignet ist beispielsweise das Modell MS 165 von Reichelt-Elektronik.(16) Als Aufbaubasis wurde das Aluminium-chassis eines ausgeschlachteten CD-Laufwerks verwendet (Bild 18 und 19). Nach ein paar Wochen Probebetrieb stand fest: Die Konstruktion funktioniert, aber die Bedienung ist unbequem. Das haufige Schalten beim Abstimmen dauert zu lange. Außerdem muss man alle sieben Schalterstellungen notieren, um eine einmal gefundene Einstellung wiederzufmden.
Bild 18: Prototyp des Antennenanpassgerats von vorne. Ganz rechts die Drehko-Skale. Mit dem Schalter links daneben kann der Drehko wahlweise mit dem EM- oder Ausgang verbunden werden. Die Schalter fur die Spulen wurden in zwei Reihen angeordnet.
Bild 19: Der Prototyp von hinten mit @lick auf die Ringkernspulen.
Bei der zweiten Version wird die Induktivität mit einem Drehschalter verandert. Die Spulen liegen in Reihe, die Verbindungspunkte führen zum Schalter. Nicht benötigte Spulen werden kurzgeschlossen. Es stellt sich die Frage nach der Abstufung der Indulctivitätswerte. Eine so feine Auflösung wie bei einer Rollspule oder mit der binären Schaltung kann man nicht erreichen. Aus der Literatur ist eine Abstufung mit Faktor 1,4 bekannt.
Wenn man einen großen Induktivitätsbereich überdecken und gleichzeitig eine feine Abstufung haben will, braucht man viele Schalterstellungen. Doch Schalter mit mehr als zwölf Stellungen sind nur schwer zu bekommen. Auch in kommerziellen Anpassgeraten findet man sie kaum. Eine passender Drehschalter ist beispielsweise das Modell DS 1 von Reichelt-Elektronik,(16) das mit 300 V und 5 A spezifiziert ist und eine Prüfspannung von 1 kV vertragt. Das sind ausreichend hohe Werte. Auch bei Restpostenversendern und auf Flohmarkten wurden hochwertige Drehschalter gesehen.
Die kleineren Spulen, die bei der Anpassung auf den oberen Kurzwellenbandern oft die gesamte Induktivität liefern, sind auf Kerne aus Material 6 gewickelt. Für die größeren Spulen wurde Material 2 benutzt. Beim Aufbau der Schaltung muss man darauf achten, dass die kleinen Induktivitäten so angeordnet sind, dass sich kurze Verdrahtungswege ergeben.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass Ringkemspulen sehr gut als Induktivität in Antennenanpassgeraten geeignet sind. Verglichen mit Luftspulen haben sie bei gleicher Induktivität einen erheblich geringeren Platzbedarf, allerdings auch ein etwas größeres Gewicht. Bei beiden Spulenarten muss die Strombelastbarkeit des Drahtes berücksichtigt werden. Bei Ringkemspulen darf zusatzlich die maximal zulassige magnetische Flussdichte nicht überschritten werden.
Bezüglich der Güte erreichen Ringkernspulen ahnliche oder bessere Werte wie Luftspulen. Voraussetzung dafüt ist die Auswahl eines geeigneten Kerns. Nur mit Ringkernen ist es gut moglich, Teilinduktiviäten durch separate Spulen zu realisieren.
Wolfgang Gellerich, DJ3TZ.